AA

"Nur der dritte Stich bietet einen umfassenden Schutz"

Corona-Sommerwelle: Rund 70.000 Vorarlbergern fehlt eine Grundimmunisierung, eine überstandene Infektion schützt kaum vor anrollenden Subtypen.

Die Zahl der Corona-Infektionen ist in den letzten Wochen wieder deutlich angestiegen. Die erwartete Sommerwelle wird, wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, deutlich stärker ausfallen als zunächst angenommen.

Zuletzt kam aus aufgrund von vielen unterschiedlichen Empfehlungen zu einer Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wer sich wie und wann wieder impfen lassen soll. Das Land Vorarlberg und die Ärztekammer für Vorarlberg bereiten sich schon längere Zeit intensiv auf die Herausforderungen der nächsten Wochen und Monate vor, um die erneute weitläufige Ausbreitung von COVID-19 zu verhindern. Die Empfehlung ist klar: Der dritte Stich, als Vervollständigung einer Grundimmunisierung muss konsequent umgesetzt werden, auch wenn eine Infektion durchgemacht wurde.

Impfgremium: "Drei Stiche für Grundimmunisierung notwendig"

Das Nationale Impfgremium (NIG) hat in seinen aktuellen Anwendungsempfehlungen klargestellt, dass für die Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2 drei Stiche notwendig sind. Unabhängig davon, ob eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht wurde oder nicht. „Durch eine dritte Impfung erhöht sich die Schutzwirkung noch einmal deutlich“, erklärt ÄK-Präsident Burkhard Walla. „Ein Impfstoff trainiert das Immunsystem, mit jeder einzelnen Impfung verbessert man sein Immunsystem – ähnlich wie beim Kraft- oder Ausdauertraining“. Der dritte Stich wird vom Nationalen Impfgremium nun auch allen Personen empfohlen, die bereits eine Infektion mit dem Coronavirus hinter sich haben. Denn die Omikron-Varianten haben andere immunologische Eigenschaften als die vorherigen Virusvarianten, daher kann eine Infektion mit einer früheren Variante keine Impfung in der Grundimmunisierung ersetzen.

Dr. Armin Fidler, Mitglied der Corona-Kommission, bestätigt: „Aktuelle Studiendaten zeigen, dass eine Grundimmunisierung mit drei Stichen deutlich mehr Schutz bietet, als wenn eine Infektion überstanden wurde. Während eine reine Infektion nur einen effektiven Schutz von 46,1 Prozent bietet, liegt die Effektivität von drei Impfungen bei 52,2 Prozent“. Einen noch besseren Schutz erhält man, wenn eine Infektion mit der Impfung kombiniert wird. „Haben Patient:innen eine Infektion überstanden und sich anschließend zweimal impfen lassen, liegt der effektive Schutz bei 55,1 Prozent. Durch die 3. Impfung erhöht sich dieser Wert auf 77,3 Prozent. Daher ist es sehr sinnvoll, sich den dritten Stich abzuholen, wenn man bereits zweimal geimpft wurde und eine Corona-Erkrankung hinter sich hat“. Unabhängig, ob man nun nur geimpft, genesen oder eine Kombination aus beiden hat, alle Varianten zeigen, dass man einen höheren Schutz vor einer schweren Erkrankung hat.

Pressegespräch bei der Ärztekammer Vorarlberg.

OMR Dr. Robert Spiegel rät gleichzeitig davon ab, eine Infektion mit der Omikron-Variante zu provozieren: „Eine absichtliche Infektion kann nie die Lösung sein. Man erhöht dadurch nur sein Risiko, schwer zu erkranken. Wer sich dieser Gefahr aussetzt, dem muss bewusst sein, dass er dadurch auch sein Risiko, an Long Covid zu erkranken, deutlich erhöht.“ Studien-Daten zeigen, dass durch eine Wildinfektion die Wahrscheinlichkeit, an Myokarditis (Herzmuskelentzündung) zu erkranken, 30 Mal höher ist. „Der Sinn der Impfung ist immer, den Schutz vor einem schweren Verlauf zu erhöhen. Je besser man immunisiert ist, desto besser ist man vor einer Ansteckung geschützt. Wenn man sich dennoch ansteckt, ist weiters der klinische Verlauf bei vollständiger Grundimmunisierung deutlich milder, da der Körper durch eine schnelle Immunantwort unterstützt wird“, führt Spiegel aus.

Auffrischungsimpfung für Risikogruppe und Personen über 65

Für Personen über 65 Jahren und Risikopatient:innen wird bereits jetzt eine weitere Auffrischungsimpfung (4. Stich) empfohlen, wenn die Grundimmunisierung mehr als sechs Monate zurückliegt. Durch den erneuten Booster kann der Schutz um 10 weitere Wochen erhöht werden und das Risiko einer Hospitalisierung wird deutlich verringert. „Eine 4. Impfung jetzt im Sommer ist sinnvoll, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Man muss sich auch keine Sorgen machen, es wäre im Herbst eine weitere Impfung für das Immunsystem kein Problem. Jedoch sollten mindesten vier Monate Abstand zwischen zwei Impfungen liegen“, erklärt Landessanitätsdirektor, Wolfgang Grabher. In den Pflegeheimen werden im Juli Impftermine angeboten, um den Schutz der vulnerablen Gruppe zu erhöhen. Weitere Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums umgesetzt.

Für die breite Bevölkerung sollen die Auffrischungsimpfungen dann im Herbst angeboten werden. Der aktuelle Plan sieht vor, dass es ab Mitte Oktober bzw. Anfang November ausreichend Impfmöglichkeiten gibt. Ob es dann einen neuen Impfstoff geben wird, ist noch nicht klar. „Die Datenlage ändert sich laufend aufgrund von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, daher ändern sich die Empfehlungen und Maßnahmen laufend. Der Virus entwickelt sich schnell, dennoch sorgen die bestehenden Impfstoffe für ausreichenden Schutz“, erklärt Armin Fidler. Hinsichtlich Auffrischungsimpfung und Grippeimpfung bestehe kein Grund zur Sorge. Beide Impfungen können in relativ kurzen Abständen zueinander durchgeführt werden.

Wie auch schon seit Beginn der Pandemie wird es erneut darauf ankommen, dass die Bevölkerung eigenverantwortlich agiert. „Auch wenn es vonseiten der Regierung keine Vorgaben gibt, kann man selbständig auf bewährte Schutzmaßnahmen zurückgreifen. Das Tragen einer Maske, häufiges Hände waschen oder das Reduzieren von Kontakten senkt schon deutlich das Risiko einer Infektion“, weist Burkhard Walla abschließend hin.

Alle Infos zur Pandemie im VOL.AT-Spezial.

(VOL.AT)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • "Nur der dritte Stich bietet einen umfassenden Schutz"