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"Nova Rock": Energetischer Abschluss mit Sirenengeheul

Mit Sirenengeheul wenige Minuten nach Mitternacht begann am frühen Mon­tag­mor­gen das heurige "Nova Rock" in Nickelsdorf just zu seinem Ab­schluss mu­si­ka­lisch erst so wirklich spannend zu werden. Bericht vom Tag 2 | Tag 1 | 

Der langersehnte Kraftakt von Rage Against The Machine versprach ein außergewöhnliches Finale für die heurige Ausgabe, die musikalisch weniger Eindruck hinterlassen wird als erwartet. Nach viel Wind und ausgebliebenem Stau zum Auftakt, reibungslosem Verlauf und den Beatsteaks, den Ärzten, Motörhead und In Flames als bisherigen Highlights versammelten sich die verbliebenen der mehr als 50.000 Fans des letzten Tages vor der großen Bühne: Und sie sollten nicht enttäuscht werden.

Allein bei den ersten Nummern war klar, dass die vor einem rotglühenden Stern so kraftvoll wie perfekt spielenden RATM nicht nur das meiste Publikum aller Acts versammeln konnten, sondern auch mit der größten Lautstärke aufwarteten. Leise war es zuvor auch beim Auftritt von Kid Rock nur ganz kurz gewesen: Tiefes Schweigen erntete der Ex von Pamela Anderson für seine Frage ans Publikum, wer denn schon mal in Alabama gewesen ist. Doch sonst riss der gut gelaunte Prolorocker auch die österreichischen Fans mit seiner Mischung aus HipHop, Rock und allerlei Südstaaten-Klängen von Hillbilly bis gefühlten 20 Minuten “Sweet Home Alabama” gehörig aus jener Müdigkeit, die sich nach drei Tagen Festival schon einzustellen drohte. Dabei griff er lustvoll auch in die untersten Schubladen (Stichwort: “Smoke on the Water”), schimpfte ein bisschen auf Casting Shows und animierte Männlein und Weiblein, ihn beim Namen zu rufen.

Mit der Animation der zwischen Pappgeschirr-Resten auf der an vielen Stellen verdächtig feuchten Erde herumspringenden bzw. -liegenden Fans hatten zuvor Incubus so ihre Schwierigkeiten. Ihr weit verkopfterer Auftritt wirkte im Fahrwasser der straighten Härte etwa von Rise Against oder der gelungenen Publikumsanimation von Guadalajara am Nachmittag ziemlich schaumgebremst, auch wenn die Liebe bei “Love Hurts” wieder schön angenehm wehtat. Nach drei Tagen Zeltstadt-Leben und Musik-Overkill wirkte der unter dem Pulli hervorlugende Hemdkragen des Gitarristen aber auch wie aus einer anderen Welt.

“Nur für den Fall, dass einige von euch nicht wissen, wer wir sind – wir sind Bullet for My Valentine aus Großbritannien”. Es klang fast ein wenig absurd, als der Sänger der ziemlich zeitgleich mit Incubus auftretenden Heavy Metal-Band, Matthew Tuck, die dicht gedrängte Menge vor der “Red Stage” derart schüchtern begrüßte. Schließlich waren die Fans schon während des ersten Songs derart euphorisch bei der Sache, dass der Ruf “Austria, fucking wake up” schon fast als Beleidigung gelten könnte. Mit unbändiger Kraft absolvierte die 1990 gegründete Band alsdann auch ihren einstündigen Auftritt und versetzte das Publikum in die richtige Stimmung für den vorletzten Hauptact des Konzertreigens in Nickelsdorf: Judas Priest.

Ein klein wenig wirkte der glatzköpfige Rob Halford wie ein Clown, als er um 22.30 Uhr unter einer goldenen Kutte, gestützt auf einen Dreizack, mit gebeugtem Rücken die Bühne betrat und einen Song aus dem neuen Album “Nostradamus” performte, dessen Antlitz mit rot leuchtenden Augen an der Bühnenrückwand prangte. “Are you fucking ready for Heavy fucking Metal?”, grölte der Judas-Priest-Sänger in die Menge, als er mit seinen Plateaustiefeln und schwerem Nieten-Ledermantel über die Bühne watete, als befinde er sich auf unsicherem Boden. Nicht zuletzt die Tatsache, dass die britische Band zu den Veteranen des Genres gehört, machte den bejubelten Auftritt zu einer Art Selbst-Persiflage mit überraschend guter musikalischer Qualität. Keine Attitüden, sondern Spaß an der Sache war das Rezept, das die Fans für den lahmen Auftritt der Sex Pistols eindeutig entschädigte. Und die Band hörte früh genug auf, dass alle zu Rage Against The Machine zurecht kamen.

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