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Notarzt und ein Polizist schuldig gesprochen

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Der Prozess um den bei einer Amtshandlung im Jahr 2003 in Wien zu Tode gekommenen Mauretanier Cheibani Wague ist am Mittwoch mit zwei Schuldsprüchen zu Ende gegangen - Sieben Monate bedingt wegen fahrlässiger Tötung. => Chronologie der Ereignisse

Der Notarzt und ein Polizist sind am Wiener Straflandesgericht von Einzelrichter Gerhard Pohnert zu je sieben Monaten bedingter Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Alle anderen Angeklagten sind freigesprochen worden.

Dem Notarzt warf Pohnert vor, Cheibani Wague nicht entsprechend behandelt und die nötigen Vorsorgemaßnahmen versäumt zu haben, als er den lebensbedrohlichen Zustand des Mannes erkennen hätte müssen. Der Mediziner habe die Vitalfunktionen erst überprüft, als es zu spät war. Auch mit der Reanimation habe er nicht sofort, sondern erst nach drei Minuten begonnen. „Der Notarzt hat die für Wague lebensbedrohliche Situation völlig falsch eingeschätzt. Wenn er die Situation richtig eingeschätzt hätte, wäre Cheibani Wague heute noch am Leben“, sagte Pohnert.

Vor Gericht standen sechs Polizisten, der Notarzt sowie drei Sanitäter. Hinsichtlich der Polizisten und der Sanitäter stützte sich das Gericht auf den Gerichtsmediziner Daniele Risser, der das Verhalten von drei Polizisten als kausal für den Todeseintritt bezeichnet hatte. Das betraf jene Beamten, die Cheibani Wague im Bereich des Oberkörpers, der Schulter und Arme fixiert hatten. Die übrigen Polizisten sowie die drei Sanitäter hatte Risser als zumindest im Zweifel nicht ursächlich für den Todeseintritt angesehen, so dass sie für den Richter freizusprechen waren.

Freispruch wegen „Ausbildungsmängel“

Er sprach allerdings auch zwei weitere Polizisten frei, obwohl diese laut gerichtsmedizinischem Gutachten den Tod zumindest mitbewirkt hatten. Als Begründung dafür führte Pohnert „Ausbildungsmängel“ ins Treffen: Die zwei Betroffenen hätten Wague im Bereich der Schulter und der Lenden fixiert, wie man es ihnen im Rahmen ihrer Ausbildung beigebracht habe. „Daraus, dass die Beamten schlecht ausgebildet sind, kann man ihnen keinen Vorwurf machen“, stellte der Richter fest.


Schuldig erkannt wurde damit nur jener Beamte, der Wague mit seinem eigenen Körpergewicht am Oberkörper und im Bereich der gefesselten Hände zu Boden gedrückt hatte, wobei er das linke Knie in Wagues Rücken presste. „Das leuchtet jedem ein. Wenn ich mich dreieinhalb Minuten mit 85 Kilo über den Brust- und Bauchbereich eines am Boden Fixierten abstütze, kann das zum Tode führen. Das war vorhersehbar. Daher war hier unabhängig von den Ausbildungsvorschriften mit einem Schuldspruch vorzugehen“, hieß es dazu in der Begründung.

Sieben Monate bedingt

Die Vorgangsweise dieses Beamten habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Atemwege und einer Störung des Blutrückflusses zum Herzen, somit letztlich zu einem „nicht beherrschbaren Herz-Kreislauf-Versagen“ geführt, führte der Richter aus.


Jeweils sieben Monate bedingt für diesen Beamten sowie den Notarzt erschienen dem Richter bei einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr schuld- und tatangemessen. Die ursprünglich angeklagte fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen wurde deshalb nicht angenommen, „weil die rechtlichen Voraussetzungen für die gefährlichen Verhältnisse nicht vorliegen“, wie Pohnert festhielt.

Urteil nicht rechtskräftig


Sowohl die zwei Schuldsprüche wegen fahrlässiger Tötung als auch die acht Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Der Notarzt und der schuldig erkannte Polizist meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Nach der Urteilsverkündung kam es zu kleineren Unmutsäußerungen. Ein Zuhörer verließ während der Begründung mit den Worten „Das ist eine Scheiße! Schande!“ den Gerichtssaal. Eine Vertreterin der „Plattform Gerechtigkeit für Cheibani Wague“ brach in Tränen aus. Einzelne Zuhörer protestierten nach Schluss der Verhandlung gegen die in ihren Augen zu Unrecht erfolgten Freisprüche.

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