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Nordirland: Gewalt bei Protestanten-Marsch

Bei den schwersten Ausschreitungen in Nordirland seit Jahren sind in der Nacht zum Sonntag in Belfast 32 Polizisten verletzt worden. Ein Zivilist wurde schwer verletzt, teilte Polizeichef Hugh Orde mit.

Mehrere hundert zum Teil vermummte Anhänger protestantischer paramilitärischer Organisationen hätten die Sicherheitskräfte „auf konzentrierte und organisierte Weise“ angegriffen. Für die Unruhen nach einem Traditionsmarsch des protestantischen Oranierordens machte er in erster Linie die Organisatoren des Marschs verantwortlich.

Die 1000 Polizisten und 1000 Soldaten, die den Marsch begleiteten, wurden mit Steinen, Brandsätzen und Sprengkörpern angegriffen. Außerdem seien 50 Schüsse auf die Sicherheitskräfte abgefeuert worden, wurde berichtet. In Belfast und einer Reihe benachbarter Städte wurden Straßensperren errichtet, Autos und Busse in Brand gesetzt sowie Sprengsätze gezündet. Polizisten setzten Gummigeschosse und Wasserwerfer gegen die Angreifer ein.

Nordirlandminister Peter Hain sprach von schwerer Kriminalität. Er will an diesem Montag in Nordirland die Vorfälle und etwaige Konsequenzen mit der Polizei erörtern.

Der Konflikt hatte sich an der amtlich verfügten Umleitung des Marsches entzündet. Damit hatte der zuständige Ausschuss verhindern wollen, dass es beim Umzug der pro-britischen Protestanten durch ein vorwiegend von pro-irischen Katholiken bewohntes Gebiet zu Zusammenstößen kommt. Während des Marsches griffen jedoch mehrere hundert zum Teil vermummte Randalierer die den Marsch begleitenden Sicherheitskräfte an.

Demonstranten errichteten auch außerhalb von Belfast Straßensperren, setzten Fahrzeuge in Brand und bewarfen Busse mit Steinen. „Heute haben wir ein Echo aus dem Nordirland von vor 30 Jahren erlebt“, kommentierte ein Reporter der BBC das Ausmaß der nächtlichen Unruhen auf den Straßen. Sprecher des Oranierordens wiesen die Polizeivorwürfe als aufhetzend zurück. Sie kritisierten ihrerseits, dass der für die Märsche zuständige staatliche Ausschuss den Zugweg geändert habe. Oranier nehmen für sich in Anspruch, überall ihre Paraden abhalten zu können.

Die in der Vergangenheit oft von Zusammenstößen begleiteten jährlichen Paraden der Oranier-Gruppen durch vorwiegend von Katholiken bewohnte Gebiete erinnern an einen Sieg des protestantischen britischen Königs Wilhelm von Oranien über seinen vom englischen Parlament abgesetzten katholischen Vorgänger Jakob II. im Jahre 1690. Seit dem Karfreitagabkommen von 1999 zwischen katholischen pro-irischen Gruppen und pro-britischen Protestanten war die Heftigkeit der Ausschreitungen jedoch deutlich geringer als früher.

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