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Niemand reagierte auf Vorwürfe

Dornbirn/VN - Schwimmlehrer hatte Hausverbot im Kinderdorf Dornbirn. Auch in Bludenz und Dornbirn kursierten Gerüchte.
Missbrauch: Schwimmtrainer in U-Haft

Die Vorwürfe gegen einen 64-jährigen staatlich geprüften Schwimmlehrer aus Dornbirn wiegen schwer. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch ermittelt wegen Vergewaltigung, geschlechtlicher Nötigung, sittlicher Gefährdung von Personen unter 16 Jahren und pornografischer Darstellung Minderjähriger „zum Nachteil einer weiblichen Person“. Das bestätigte Staatsanwalt Reinhard Fitz in der Donnerstagausgabe der VN. Dem Vernehmen nach soll es sich bei dem mutmaßlichen Opfer um eine ehemalige Schwimmschülerin aus Bludenz handeln. Für den Schwimmlehrer gilt die Unschuldsvermutung.

Wie am Donnerstag bekannt wurde, verhängte das SOS-Kinderdorf Dornbirn vor einigen Jahren bereits ein Hausverbot gegen den pensionierten Architekten: „Es gab den Verdacht, dass der Mann sexuelle Übergriffe auf zwei Mädchen verübt hat“, attestiert Kinderdorf-Geschäftsführerin Sabine Juffinger den VN. Der Mann war ein Bekannter einer mittlerweile pensionierten Kinderdorfmutter. Man habe den Fall damals intern bearbeitet. Die damalige Leitung habe entschieden, dass der Fall nicht zur Anzeige gebracht wird. Juffinger war zu dieser Zeit noch nicht im Kinderdorf, sie kenne den Fall nur aus Akten.

Gerüchte in Bludenz

Bevor der Beschuldigte seine eigene Schwimmschule in Dornbirn gründete, war er sportlicher Leiter und Schwimmtrainer beim Schwimmclub Bludenz. Und auch dort kursierten Gerüchte. „Es wurden Dinge von Kindern an uns herangetragen. Dinge, die man grundsätzlich nicht tut. Wir sind der Sache nachgegangen, haben auch den mutmaßlichen Täter mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Er hat diese jedoch verneint“, sagte am Donnerstag ein ehemaliges Vorstandsmitglied gegenüber den VN. Der heute 64-Jährige soll sich vor den Kindern umgezogen haben, von Vergewaltigung sei jedoch nie die Rede gewesen – dann hätte man bestimmt anders reagiert, heißt es. Zwar sei eine Anzeige im Raum gestanden, die Eltern hätten jedoch keine weiteren Schritte eingeleitet. Man wollte das Leben des Mannes auf eine reine Mutmaßung hin nicht zerstören, lautete die Begründung. 2004 sei er mit der Vereinsführung nicht mehr zurecht gekommen und habe den Verein von sich aus verlassen.

Dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um eine schwierige Persönlichkeit handelt, das kann auch Siegfried Kernbeiß, Präsident des Vorarlberger Schwimmverbandes, bestätigen: „Er ist einer, der Konflikte sucht und für sich selbst Vorteile herausholt“, sagt Kernbeiß, der den Verdächtigen 2000 als Präsident abgelöst hatte. Von den Anschuldigen habe er jedoch erst gestern aus der Zeitung erfahren und sei genauso geschockt wie alle anderen.
Der Geschäftsführer des Dornbirner Stadtbades, Herbert Kaufmann, legt Wert auf die Feststellung, dass ihm nichts über sexuelle Belästigungen durch den Tatverdächtigen zu Ohren gekommen sei. Anlass der Ermittlungen seien Vorfälle in Bludenz und nicht in Dornbirn. Gleichzeitig betont die Schwimmabteilung der TS Dornbirn, dass der Mann nie im Verein als Schwimmlehrer tätig gewesen ist.

Durch die Hintertür

Gestern meldete sich auch ein seit Langem im Dornbirner Stadtbad tätiger Schwimmlehrer der Wasserrettung zu Wort. Der Mann habe bis in jüngste Zeit Schwimmunterricht in Dornbirn erteilt, allerdings durch die Hintertür: „Er hat sich selbst Platz geschaffen, obwohl er keine Berechtigung zum Unterricht hatte. Dabei ist er so geschickt vorgegangen, dass wir nichts dagegen tun konnten.“ Gerüchte über angebliche sexuelle Übergriffe habe es gegeben. Diese wurden offenbar auch Dornbirns Vizebürgermeister Martin Ruepp zugetragen, der, wie er gestern betonte, umgehend reagierte: „Wir haben mit Eltern geredet, aber keine Bestätigung, dass etwas vorgefallen ist, bekommen.“

Trotzdem habe er die Anweisung an die Mitarbeiter des Stadtbades erteilt, den Mann im Auge zu behalten.
Wie berichtet, hatte der Tatverdächtige, auch politische Funktionen in Dornbirn inne. Als Mitglied der ÖVP war er über Jahre hinweg bis 2010 Ersatzmitglied der Stadtvertretung. Vor den letzten Gemeindewahlen wechselte er die Seiten und trat der FPÖ bei. „Er hat sich an mich gewendet und mir seine Mitarbeit angeboten, weil er mit der ÖVP offenbar nicht mehr konnte und wollte“, so FP-Chef Walter Schönbeck. Bei den Freiheitlichen war er gleich in mehreren Ausschüssen der Stadtvertretung tätig, und zwar im Sport-, Hochbau- sowie Landwirtschaftsausschuss.
Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe beendete der 64-Jährige, der erst nach seiner Pensionierung zur FPÖ stieß, sein kurzes Gastspiel bei den Blauen. „Er ließ uns vorgestern durch seinen Rechtsvertreter mitteilen, dass er sämtliche Funktionen zurücklegt und gleichzeitig aus der FPÖ austritt“, teilte Schönbeck gestern mit.

In U-Haft

Die sexuellen Übergriffe sollen sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren erstreckt haben. Seit
3. Feburar sitzt der dringend Tatverdächtige wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft. Ob die Vorwürfe zurecht erhoben wurde und ob es weitere Opfer gibt, wird derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft.

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