Der als Schnapspfarrer bekannte 66-jährige Koblacher versteht sich als Geistlicher im doppelten Sinn. Da sind seine ihm anvertrauten 1700 Seelen in Gaschurn und Partenen, die er als Pfarrer versorgt. Da ist zum anderen sein Keller, voll mit kostbaren Kräuterbränden
Ich verstehe mich eben nicht wirklich als Seelsorger, sondern als Menschensorger. Zum Menschen gehört ja nicht nur die Seele, sondern auch der Körper, schmunzelt Hochwürden. Das Kreieren von Schnäpsen nennt der Freund von Erwin Kräutler eine Beigabe in seinem Leben. Genauso wie das Skifahren. Wann immer es geht, steht er als Skilehrer auf den Bretteln, fährt schneidig wie ein Junger jeden Hang herunter. Als Schnapsmixer hat Egle morgen, Freitag, seinen großen Tag: Im Casa Nova bei der Valiserabahn-Talstation präsentiert Egle sein Buch Elixiere aus der Natur, worin er das Wissen um seine Heilschnäpse preis gibt.
Doch bei aller Begeisterung für seine Heildestillate und das Skifahren ist Joe Egle trotz allem primär Priester. Ein weder progressiver noch konservativer, wie er erklärt. Joe, der mit bürgerlichem Namen natürlich Josef heißt, ist auf alle Fälle ein Typ. Er hat das Montafon als Herzensangelegenheit verinnerlicht, arbeitet mit an der Schaffung eines Leitbildes für das Tal und beschwört die Identität der Region, die er trotzdem mit aller Offenheit vertreten möchte. Joe Egle sieht sich als Priester, der die Menschen nicht aufs Jenseits vertrösten möchte und viele Ideen der südamerikanischen Befreiungstheologie hochhält. Wie die Basisgemeinden dort funktioniert haben, ist schon bewundernswert.
Der Weg zum Priester war für den aus einer katholischen (aber nicht überfrommen) Familie stammenden Egle ein steiniger. Ichwollteeigentlich schon abbrechen, bis ich während meiner Tätigkeit als freiwilliger Helfer an der Klinik in Innsbruck auf den Herrn Wedl aus Hall traf. Es sei der Blick dieses Herrn Wedl gewesen, der ihm Begegnungen mit Menschen, die Hilfe brauchen, so richtig nahe gebracht habe. Und plötzlich war der Berufswunsch Priester ganz stark da.
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