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Nicht nur ein Handelsfeiertag

Das religiöse Fest stand schon mal höher im Kurs.
Das religiöse Fest stand schon mal höher im Kurs. ©AP
Schwarzach – Wie aus einer Art kirchlichem Staatsfeiertag das Einkaufsfest schlechthin geworden ist.

Das merkantile Trommelfeuer hat fast vergessen lassen, dass der 8. Dezember ein kirchlicher Feiertag ist. In Österreich hat er fast 400 Jahre Tradition. Dabei bot das „Fest der Unbefleckten Empfängnis“ seit je her Anlass zur Verwechslung. Die Katholische Kirche feiert an diesem Tag nicht, dass Maria den Sohn Gottes jungfräulich zur Welt brachte, sondern dass Maria selbst ohne Erbsünde zur Welt kam. Demnach haben ihre Eltern Anna und Joachim einen ganz einzigartigen Menschen in die Welt gesetzt, jene Frau nämlich, die dann später als Mutter Jesu Gottes Sohn zur Welt bringen sollte.

Theologische Streitfrage

Vor allem im Hochmittelalter wurde um diese gedankliche Konstruktion heftig gestritten. Es dauerte Jahrhunderte, bis man sich einig war. Die bedeutendsten Theologen wie Bernhard von Clairvaux und Thomas von Aquin zerbrachen sich darüber die Köpfe. Die Frage war, wie es möglich sein konnte, dass ein „normaler“ Mensch Gottes Sohn gebar. Musste Gott diesen Menschen nicht erst „reinigen“? Oder hatte er das überhaupt quasi als Grundvoraussetzung des Heilsvorgangs getan? Was heute mehr als seltsam anmutet, beschäftigte vor 900 Jahren die westliche Welt, in der die Kirche noch eine alles durchdringende Rolle einnahm. Begangen wurde das Fest der „Erwählung Marias im Mutterleib“ bereits im 9. Jahrhundert. Im Westen führte es der große Denker und Erzbischof Anselm von Canterbury um 1100 für seine Diözese ein. 1476 feierte der Franziskanerpapst Sixtus IV. das Hochfest erstmals in Rom. 1708 wurde der Tag „Mariä Empfängnis“ durch Clemens XI. für die ganze Kirche vorgeschrieben. Papst Pius IX. schließlich erhob 1854 die Überzeugung von der Unbefleckten Empfängnis Mariens in seiner Bulle „Ineffabilis Deus“ (Der unbegreifliche Gott) zum Dogma. In Österreich wird der 8. Dezember seit dem 17. Jahrhundert begangen. 1646 verkündete Kaiser Ferdinand III. die „Weihe Österreichs an die unbefleckt Empfangene“. Er tat es aus Dankbarkeit. Schließlich hatte eine der letzten großen Schlachten des Dreißigjährigen Krieges mit einer totalen Niederlage der Kaiserlichen geendet.

Als der schwedische Oberbefehlshaber Lennart Torstensson am 6. März 1645 das Schlachtfeld von Jankau im heutigen Tschechien verließ, lagen dort 4000 tote und verwundete Gegner, 4500 Gefangene und alle kaiserlichen Geschütze nahm er mit. Und zog damit nach Wien. Panik machte sich breit: Die Schweden kommen! Um die Moral zu heben, zog Kaiser Ferdinand III. mit dem Bild der Jungfrau Maria in einer Prozession um die Stadt. Als der Feind trotzdem anrückte, büchste Ferdinand aus. Erzherzog Leopold Wilhelm gelang es schließlich, die Gegner zu vertreiben. Seither ist Maria Empfängnis in Österreich eine Art „Staatsfeiertag“, wie Kardinal Christoph Schönborn während einer Lichterprozession 2004 anmerkte. Er bat, „nicht darüber zu jammern, dass der 8. Dezember ein Einkaufstag geworden ist“, sondern „das Fest zu feiern“. Das Gebet müsse allen Menschen gelten, auch den „Einkäufern“.

Stärkste Umsätze

Mitte der 1990er-Jahre hatte die österreichische Wirtschaft den 8. Dezember als Einkaufstag erzwungen, weil man gerade in der Adventzeit keine Umsatzverluste hinnehmen wollte. Als Vorreiter öffnete 1995 Franz Josef Hartlauer in Steyr sein Geschäft. Er musste 510.000 Schilling Strafe zahlen, verdiente aber so viel an diesem Tag, dass ihm das nichts ausgemacht hat. Mittlerweile ist der 8. Dezember der intensivste Einkaufstag in Österreich in der Adventzeit überhaupt.

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