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"Geht auch privat nicht an einem vorbei"

Über ein Schulreferat in die Politik: Michael Ritsch erleidet "Höhen und Tiefen".

Als eine seiner „deprimie­rensten Erfahrungen“ bezeichnet SPÖ-Landesparteichef Michael Ritsch die dramatischen Verluste für die Sozialdemokratie bei den Landtagswahlen 2009. Eigentlich wollte der 41-jährige Bregenzer nach Bekanntwerden der Ergebnisse das Handtuch werfen, sich aus allen politischen Ämtern zurückziehen – auch in Bregenz. Seine Parteifreunde seien es gewesen, die ihn am Wahlsonntag davon abhalten konnten, berichtet Ritsch. Zumindest ein Lichtblick eröffnete sich dem SP-Chef am darauffolgenden Tag: Der Vorstand spricht Ritsch einstimmig das Vertrauen aus, bittet den gelernten Gendarm zu bleiben. „Es tut schon gut, nach so einem Tag von jemandem zu hören: Es braucht dich“, zeigt sich Ritsch ob des Votums der Parteifunktionäre sichtlich erleichtert.

Höhen und Tiefen

Die Höhen und Tiefen der Politik hat Ritsch bereits des Öfteren kennengelernt. Über ein Schulreferat ist der heutige SPÖ-Chef vor 22 Jahren in die Politik gekommen. Damals habe er von allen Parteien Unterlagen angefordert – und von der ÖVP die umfangreichsten zur Verfügung gestellt bekommen. „Nach dem Studium der Unterlagen wusste ich zumindest, wo ich mich nicht wiederfinde“, erinnert sich der Bregenzer zurück. „Als ich die Unterlagen der SPÖ zurückbrachte, hat man mich gefragt, ob ich nicht einmal an einer Sitzung teilnehmen will“, sagt Ritsch. „Dann ging alles relativ schnell und ich wurde – auch mangels Alternativen – rasch zum Jugendchef.“ Zumindest politisch verbindet Ritsch mit dieser Zeit jedoch nicht die bes­ten Erinnerungen. „Ich habe 1990 das erste Mal in Bregenz kandidiert und nach dem Tod von Fritz Mayer waren wir mit einer sehr schwierigen Situation konfrontiert“, berichtet der Bregenzer. Mit 26 Jahren wurde er 1995 trotz herber SP-Verluste in Bregenz jüngster Stadtrat der Geschichte, im Jahr 2000 übernahm er die Leitung der Stadtpartei – die er bis heute innehat. Der vorläufige Höhepunkt in der Politkarriere des Michael Ritsch folgte dann 2007: Mit 97 Prozent wurde er von den Delegierten zum Nachfolger von Elke Sader als Parteivorsitzender gewählt.

„Plane nicht voraus“

Zwei Jahre später muss Ritsch seine bisher bitterste Niederlage einstecken: Die SPÖ fällt bei den Landtagswahlen auf knapp über zehn Prozent der Stimmen zurück. „Das geht natürlich auch privat nicht an einem vorbei“, berichtet er. „Du investierst dein Herzblut und musst feststellen, dass das einfach nicht ankommt.“ Auch für seine beiden Töchter sei das eine schmerzliche Erfahrung. Vorerst bleibt Ritsch der SPÖ als Vorsitzender erhalten. Wo sieht sich der Bregenzer in zehn Jahren? „Vielleicht immer noch in der Politik“, sagt er. „So weit plane ich aber nicht voraus.“

ZUR PERSON

Michael Ritsch
Beruf: SPÖ-Landesparteichef
Geboren: 9. Juli 1968 in Bregenz
Familie: seit zweieinhalb Jahren in einer Lebensgemeinschaft mit Hacer Göcen; 2 Töchter: Julia (11) und Lena (10)
Ausbildung: Gendarm
Laufbahn: Eineinhalb Jahre aktiv als Gendarm in Lochau, von 1992 bis 2007 Gewerkschaftssekretär der GPA (derzeit karenziert)

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