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New Yorker Spirit im Ländle

Maria Simma hat in drei verschiedenen Ländern Germanistik und Anglistik studiert und für das Österreichische Kunstforum in New York und Berlin gearbeitet. Jetzt leitet sie als Präsidentin die Künstlervereinigung Vorarlberg.
Maria Simma hat in drei verschiedenen Ländern Germanistik und Anglistik studiert und für das Österreichische Kunstforum in New York und Berlin gearbeitet. Jetzt leitet sie als Präsidentin die Künstlervereinigung Vorarlberg. ©Sams
Maria Simmas persönliche Landkarte reicht von Bregenz nach Wien, Berlin und New York. Mit W&W sprach sie über Rückkehr, Generationswechsel und die Welt jenseits des Tellerrands.

Von: Anja Förtsch (WANN & WO)

WANN & WO: Du bist in Bregenz aufgewachsen, bist zum Studieren hinaus in die Welt gezogen, hast in den USA und in Deutschland für das Österreichische Kunstforum gearbeitet. Jetzt bist du nach Bregenz zurückgekehrt. Fühlt sich das eher wie vorwärts oder rückwärts an?

Maria Simma: Ich würde sagen wie ein „immer weiter“. Ich kann nicht behaupten, dass ich die Großstadt nicht vermisse. Aber ich genieße es, hier mit meiner Familie zu leben. Vor allem Dank der kulturellen Angebote. In eine Kleinstadt ohne kulturellem Angebot wie Bregenz, hätte ich nicht zurückkehren können. Schließlich wünsche ich mir auch für meine Kinder, dass sie in einer Umgebung aufwachsen, in der sie viel Kontakt zu Kunst und Kultur haben. Und natürlich bietet Vorarlberg mit den Bergen und dem See zahlreiche Möglichkeiten in großartiger Natur. Dennoch, die Großstadt, das Gewusel, die vielen verschiedenen Menschen und Einflüsse, gehen mir sehr ab.

WANN & WO: Wie hat dich das Leben dort beeinflusst?

Maria Simma: Gerade New York ist eine Stadt, die ungemein prägt. Die Mutter der modernen Großstadt. Diese Eindrücke, der permanente Kampf ums Überleben, gehen nicht spurlos an einem vorüber. Berlin war danach eine richtig entspannte Stadt, obwohl die Berliner glauben, bei ihnen sei es so stressig. (lacht) In Berlin hingegen hat man viele Möglichkeiten, Projekte zu realisieren, interessante Kooperationen einzugehen, weil dort eben nicht alles seit 300 Jahren festgefahren ist. Grundsätzlich glaube ich, ein jeder sollte einmal seine Heimat verlassen und in die Fremde ziehen, seinen Horizont erweitern. In einer Großstadt, in der eineinhalb oder fünfzehn Millionen Menschen leben, ist das Leben und Zusammenleben ein anderes. Das wirkt sich stark auf das eigene Denken aus. Vorurteile existieren natürlich da wie dort. Aber wenn man in einer U-Bahn sitzt, in der quasi die ganze Welt mitfährt, dann schürt das vielleicht weniger Ängste. Aber am Ende des Tages existiert das Provinzielle nur im Kopf, da wie dort. Wenn Menschen im Denken nicht offen sind, ist es gleichgültig ob in New York, Mexico City oder im Bregenzerwald.

WANN & WO: War dir immer klar, dass du irgendwann nach Vorarlberg zurückkommst?

Maria Simma: Ganz im Gegenteil. Mein Mann und ich wollten in Berlin bleiben. Letztlich war die Entscheidung auch für uns überraschend aber so ist es eben im Leben (lacht).

WANN & WO: Inwiefern unterscheidet sich die Kunst der Großstädte zur Kunst in Vorarlberg?

Maria Simma: Wir spielen im Bereich Kunst hier auf einem ganz hohen Niveau, auf einem Weltniveau. Wir haben die Festspiele, das KUB, das Künstlerhaus. Natürlich fehlt es an einer Universität. Es gibt zwar die FH Vorarlberg, aber die 18- bis 30-Jährigen, diese suchenden, alles hinterfragenden Menschen, diese Generation fehlt. Und das spürt man ganz stark, gerade auch am Publikum.

WANN & WO: Nach deiner Rückkehr nach Bregenz wurdest du vor knapp einem Jahr zur Präsidentin der Künstlervereinigung Vorarlberg gewählt. Fühlst du dich schon in der Rolle angekommen?

Maria Simma: Das Künstlerhaus unterscheidet sich von anderen Ausstellungshäusern ja insofern, als hier die Künstler am Werk sind. Das Programm, die Ausstellungen entstehen aus der Künstlerschaft. Das ist für mich etwas Neues. Ich fühle mich sehr geehrt, im Dienste der Vorarlberger Künstler*innen und dem Künstlerhaus Bregenz tätig sein dürfen. Schließlich habe ich auch eine irrsinnige Freude daran, da es eben auch ein Ort ist, an dem es Auseinandersetzung und Gespräche über Kunst gibt.

WANN & WO: Wünscht du dir, dass die Kunst in Vorarlberg noch bedeutender wird?

Maria Simma: Die Kunst kann nie bedeutend genug sein und je mehr Menschen sie berührt, desto besser. Die besondere Herausforderung in Vorarlberg ist, dass wir ein großes Angebot für relativ wenige Menschen haben. Wir haben ein dichtes Kulturleben, was sehr schön ist. Als Veranstalter haben wir alle das gleiche Ziel und ziehen am selben Strang, wir wünschen uns Sichtbarkeit und Publikum für unsere Künstler. Ich empfinde da untereinander keinerlei Konkurrenz, im Gegenteil. Wenn mehrere Ausstellungseröffnungen an einem Tag stattfinden, überlegt sich jemand aus Feldkirch oder Bludenz vielleicht auch, den Weg nach Bregenz zu wagen.

WANN & WO: Du bist die erste Frau an der Spitze der Künstlervereinigung. Stehst du damit vor anderen Herausforderungen?

Maria Simma: Ich erhalte viele Rückmeldungen, in denen es heißt: Endlich eine Frau! Ich würde bevorzugen, dies wäre überhaupt kein Thema. Ich freue mich auf die Zeit, in der das nicht mehr betont werden muss, in keinem dieser Jobs. In der es einfach das normalste der Welt ist.

WANN & WO: Wie viel kannst du von Willi Meusburger übernehmen?

Maria Simma: Willi hat sich sofort nach der Wahl zurückgezogen, das war ihm sehr wichtig. Für Fragen steht er freundlicherweise zur Verfügung und mit Rat und Tat zur Seite. Dafür bin ich sehr dankbar. Die Frage, die ich mir aber stelle ist auch: Was muss eine Künstlervereinigung heute leisten? Mein Vorgänger kleidete dieses Ehrenamt 27 Jahre lang, vor 27 Jahren war die Welt eine andere als heute. Deshalb überlegen wir im Vorstand jetzt: Was wollen wir sein, was wollen wir in Zukunft sein? Welche Aufgaben kommen auf uns zu? Welche Prioritäten müssen wir setzen, mit den wenigen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen?

WANN & WO: Also auch im Äußeren, im Kleidungsstil?

Maria Simma: (lacht) Nein, der Willi ist der Willi und ich bin ich. Für seinen Kleidungsstil habe ich zudem viel zu wenig Mut. (lacht)

WORDRAP

Vorarlberg: Heimat. New York: Herausforderung. Kunst: Freiheit. Künstler: Künstlerin. Veränderung: Immer. Stillstand: Schwierig.

Zur Person

Name: Maria Simma (36) Wohnort: Bregenz Geboren: 28. Jänner 1982 Ausbildung und Funktion: Studium Germanistik und Anglistik in Wien, Dänemark und New York, Präsidentin Künstlervereinigung

(WANN & WO)

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