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Die Schattenseiten der Abnehmspritze.
Die Schattenseiten der Abnehmspritze. ©DALL.E (mit KI generiert)

Nebenwirkungen: Was die Abnehmspritze mit dem Körper anrichten kann

Die neuen Abnehmspritzen wirken – aber nicht ohne Risiko. Ein Vorarlberger Experte klärt über die bisher bekannten Nebenwirkungen auf.

Hoffnung für Übergewichtige und medizinische Revolution?

Sie gelten als medizinische Revolution – und als Hoffnung für Millionen Übergewichtige. Medikamente wie Ozempic, Wegovy oder Mounjaro versprechen, was vielen durch Diäten versagt bleibt: deutliches und dauerhaftes Abnehmen. Doch mit dem Boom wächst auch die Sorge um Nebenwirkungen – von Magenlähmungen bis Augeninfarkten. In den USA laufen bereits Tausende Klagen gegen die Hersteller.

Wie gefährlich sind die Spritzen tatsächlich? Prim. Doz. Alexander Vonbank, Leiter der Inneren Medizin am LKH Feldkirch, beobachtet den Trend aus nächster Nähe.
"Das Interesse ist enorm", sagt Vonbank. "Aber die Erwartungen sind oft zu hoch. Wir müssen immer wieder klarstellen: Es handelt sich um ein Medikament, nicht um eine Lifestyle-Lösung."

1. Magen-Darm-Beschwerden

Die häufigsten Nebenwirkungen treten bei Vonbanks Patienten zu Beginn der Therapie auf: Übelkeit, Unwohlsein, Völlegefühl oder Blähungen, oft ein bis zwei Tage nach der Injektion. Auch Verstopfung oder Stuhlunregelmäßigkeiten kommen vor.

Diese Beschwerden seien eine direkte Folge des Wirkprinzips. GLP-1-Rezeptor-Agonisten verlangsamen die Magenentleerung, damit Zucker langsamer ins Blut gelangt und das Sättigungsgefühl länger anhält. Dadurch wird der Appetit gebremst – der Verdauungstrakt aber ebenfalls träger.

"Die Medikamente beeinflussen über das enterische Nervensystem die Aktivität des Magen-Darm-Trakts", erklärt Vonbank. "Dadurch kann es zu funktionellen Magen-Darm-Symptomen kommen."

In seltenen Fällen: Magenlähmung

In den USA laufen Klagen wegen sogenannter Gastroparesen – Lähmungen der Magenmuskulatur, bei denen Nahrung unverdaut liegen bleibt. Unter ärztlicher Kontrolle und korrekter Dosierung sei das Risiko laut Vonbank überschaubar. "Wir sehen solche schweren Verläufe bei uns nicht", sagt er. Meist helfe es, die Dosis zu reduzieren, eine Injektion auszulassen oder die Therapie anzupassen.

2. Die Augen

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) warnte im Sommer, dass der Wirkstoff Semaglutid in seltenen Fällen mit einem sogenannten Augeninfarkt (NAION) in Verbindung stehen könnte. Dabei wird der Sehnerv nicht mehr ausreichend durchblutet. Im schlimmsten Fall droht eine Erblindung auf einem Auge.

Vonbank ordnet ein: "Betroffen waren vor allem Menschen mit Diabetes und bereits bestehender Augenschädigung, die eine rasche Blutzuckersenkung erlebten." Bei Personen, die die Medikamente ausschließlich zur Gewichtsreduktion verwenden, spiele das keine Rolle.

3. Die Psyche: Depressive Verstimmungen und Gereiztheit

Vereinzelt berichten Anwender über Stimmungsschwankungen oder depressive Phasen. Doch bisher wurde kein ursächlicher Zusammenhang bestätigt. "Gelegentlich berichten Patienten von Gereiztheit oder Stimmungsschwankungen, aber depressive Verstimmungen sind Einzelfälle", erklärt Vonbank. "Eine Kausalität wurde bisher auch nicht nachgewiesen."

Menschen mit Adipositas leiden generell häufiger an psychischen Erkrankungen – die Ursachen sind also schwer zu trennen. Ärztliche und gegebenenfalls psychologische Begleitung bleibt wichtig.

Dosierung und Geduld sind entscheidend

"Das Einschleichen der Medikamente spielt für den Therapieerfolg eine ebenso große Rolle wie für die Nebenwirkungen", betont Vonbank. Wer zu schnell steigert, riskiert stärkere Beschwerden. Die Behandlung braucht Zeit, Begleitung und Disziplin. Bewegung und Ernährung bleiben unverzichtbar, auch wenn die Spritzen kurzfristig den Appetit dämpfen.

Prim. Doz. Alexander Vonbank. ©Emilia Waanders (VOL.AT)

"Die Substanzklasse gehört in ärztliche Hände", warnt Vonbank vor Online-Angeboten

Ein wachsendes Risiko besteht auch im illegalen Online-Verkauf. "Die Substanzklasse gehört in ärztliche Hände", warnt der Experte. In Österreich sind die Präparate verschreibungspflichtig, werden aber immer wieder auf Social Media und in Internetshops angeboten.

In Salzburg kam es bereits zu einem Gerichtsfall, bei dem Insulin als Wegovy verkauft wurde – mit gesundheitlichen Schäden als Folge. In Vorarlberg seien Vonbank solche Fälle bisher jedoch nicht bekannt.

Langzeitfolgen: Noch viele offene Fragen

Ob eine chronische GLP-1-Stimulation langfristig wirklich folgenlos bleibt, ist noch nicht bewiesen. Zu den offenen Fragen, die die Forschung aktuell beschäftigt, zählen laut Vonbank mögliche Auswirkungen auf Bauchspeicheldrüse, Gallenblase, Darm und Nervensystem. Auch der Umgang nach Erreichen des Zielgewichts ist unklar: Soll die Therapie beendet, fortgeführt oder ausgeschlichen werden?

Die wichtigsten Nebenwirkungen im Überblick

Häufige Nebenwirkungen:

  • Übelkeit
  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Unwohlsein
  • Stuhlunregelmäßigkeiten / Verstopfung

Seltene oder mögliche Risiken:

  • Magenlähmung (Gastroparese)
  • Augeninfarkt (NAION)
  • Gereiztheit und Stimmungsschwankungen
  • Depressive Verstimmungen (Einzelfälle)
  • Unbekannte Langzeitfolgen bei Daueranwendung

Hinweis: Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information und ersetzt keine medizinische Beratung.

(VOL.AT)

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