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Nach Sexismus-Eklat: Dönmez fliegt aus ÖVP-Parlamentsklub

Efgani Dönmez wird aus dem ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen.
Efgani Dönmez wird aus dem ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen. ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Efgani Dönmez wird nach dem Eklat um seinen sexistischen Tweet gegen die deutsche SPD-Politikerin Sawsan Chebli aus dem ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen. "Dafür gibt es in der neuen ÖVP keinen Platz", so Parteiobmann Kurz und Klubchef August Wöginger in einer Aussendung.
"Schau dir ihre Knie an"

Die ÖVP trennt sich von ihrem Nationalratsabgeordneten Efgani Dönmez. Der frühere grüne Politiker, der vor der vergangenen Nationalratswahl bei den Türkisen von Sebastian Kurz angeheuert hatte, wird wegen eines sexistischen Tweets gegen die deutsche SPD-Politikerin Sawsan Chebli aus dem Parlamentsklub geworfen, teilte die Partei am Montagnachmittag mit.

ÖVP wirft Dönmez nach sexistischem Tweet aus dem Parlamentsklub

Parteiobmann Kurz und Klubchef August Wöginger erklärten in der Aussendung, dass “sexistische, beleidigende Entgleisungen nicht akzeptabel sind”: “Dafür gibt es in der neuen ÖVP keinen Platz.” Der neue Stil stehe für einen respektvollen Umgang miteinander und keine Beleidigungen, auch wenn jemand politisch andere Ansichten vertritt. “Daher wird Efgani Dönmez aus dem ÖVP-Parlamentsklub ausgeschlossen”, so Kurz und Wöginger.

Ob Dönmez, der nicht Parteimitglied bei der ÖVP ist, auch selbst persönliche Konsequenzen zieht oder sein Mandat behält und wilder Abgeordneter bleibt, war vorerst offen. Dönmez hatte am Wochenende auf Twitter auf die Frage eines Users, wie die Berliner Staatssekretärin Chebli nur zu ihrem Amt gekommen sei, geantwortet: “Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort.”

Von Usern des Kurznachrichtendienstes wurde dies so interpretiert, dass die Politikerin ihre Karriere sexuellen Handlungen verdanke. Nach heftiger Kritik meinte Dönmez, dass es niemals seine Absicht gewesen sei “Frau Chebli wegen ihres Geschlechts oder politischen Parteizugehörigkeit zu diffamieren”.

Ausschluss als “Signal und Mahnung”

Der Ausschluss aus dem ÖVP-Klub sei als “Signal und Mahnung” an alle Funktionsträger zu verstehen, erklärten Bundesparteiobmann Sebastian Kurz und Klubchef August Wöginger in der gemeinsamen Aussendung. “Es ist bedauerlich, weil wir Efgani Dönmez als Kämpfer gegen den politischen Islam sehr schätzen”, meinten sie außerdem.

“Alle hohen politischen Funktionsträger und Funktionsträgerinnen müssen sich dessen bewusst sein, dass sexistische, beleidigende Entgleisungen nicht akzeptabel sind. Dafür gibt es in der neuen ÖVP keinen Platz”, betonten Kurz und Wöginger. Der nun erfolgte Ausschluss sei Signal und Mahnung an alle, dass “der neue Stil und ein wertschätzendes Verhalten auch gegenüber politisch Andersdenkenden, insbesondere gegenüber politischen Funktionsträgern und Funktionsträgerinnen anderer befreundeter Staaten, eine wichtige Grundlage ist”, hieß es weiters.

Dönmez fühlt sich missverstanden und wird “Wilder”

Efgani Dönmez hat am Montag nach seinem Ausschluss aus dem ÖVP-Klub erklärt, er werde sein Nationalratsmandat behalten und als freier Abgeordneter seine Arbeit fortsetzen. Den heftig kritisierten, sexistischen Tweet habe er “anders gemeint”, so Dönmez im “Kurier” (Online-Ausgabe). “Mir ging es darum, aufzuzeigen, dass die SPD Islamisten den roten Teppich ausrollt und das nicht im Stehen, sondern auf den Knien. Mit Sexismus hatte dieser Tweet nichts zu tun”, erklärte Dönmez gegenüber der Tageszeitung “Österreich”.

Er müsse zur Kenntnis nehmen, “dass die Klubführung Leuten wie Florian Klenk (“Falter”-Chefredakteur, Anm.) auf den Leim geht”, erklärte er weiters. Die Angelegenheit sei “bedauerlich”, denn er habe im Parlamentsklub “nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde”. Sein Mandat will er behalten, damit wird er nach der ehemaligen Liste-Pilz-Abgeordneten Martha Bißmann der zweite “wilde” Abgeordnete.

NEOS über Dönmez-Ausschluss: “Richtiger Schritt”

“Ich hatte nie die Absicht, eine sexistische Bemerkung zu machen”, so Dönmez. Er habe auch sofort reagiert, sich entschuldigt und den Tweet gelöscht: “Das wurde von den Medien und gewissen Linken bewusst aufgebauscht.” Es sei schade, dass man wegen eines Halbsatzes auf Twitter auf die Titelseiten komme und nicht aufgrund der politischen Arbeit der letzten Monate: “Das sagt einiges über unser Land aus.”

Dönmez geht auch davon aus, dass die ÖVP von den Medien und aus Deutschland unter Druck gesetzt worden sei. “Es gibt ein Leben nach der ÖVP”, stellte der nun wilde Abgeordnete fest.

Die NEOS erklärten unterdessen, der Ausschluss Dönmez’ sei der richtige Schritt gewesen: “Derart sexistische und inakzeptable Aussagen haben im Parlament nichts verloren”, erklärte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak in einer Aussendung. Er forderte in diesem Zusammenhang auch einen Verhaltenskodex für Parlamentarier.

Persönlicher Werdegang von Dönmez

Dönmez wurde am 30. Oktober 1976 in der Türkei geboren und kam bereits als Baby nach Österreich. Die Volksschule besuchte er in Pinsdorf bei Gmunden, wo er später auch die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang absolvierte. Nach einem Studienberechtigungslehrgang studierte er an der Landesakademie für Sozialarbeit Linz und später Konfliktmanagement und Mediation an der Johannes Kepler Universität. Sein bisheriges Berufsleben war auch abseits der Politik abwechslungsreich, denn Dönmez war unter anderem als Installateur, Bibliothekar und Pädagoge, Hausmeister, Sozialarbeiter und Lektor tätig. Als Kolumnist schrieb er etwa für die “Oberösterreichischen Nachrichten” und seit 2015 ist er auch Unternehmensberater.

Zur Ökopartei kam Dönmez über eine Teilorganisation in Oberösterreich 2000 und landete schließlich im Vorstand der Linzer Grünen. Dönmez und die Grünen, das ging aber nicht lange gut. 2008 sorgte er für parteiinterne Aufregung, da er meinte: “Die Frauen in unserer Partei sind auf jeden Fall alle hoch engagiert und qualifiziert. Brüste zu haben reicht bei den Grünen nicht als Qualifikation.” Empörung gab es auch 2013, als er im Zuge der Proteste in der Türkei mit einer Aussage für Verärgerung unter den Parteikollegen sorgte. Bezugnehmend auf einen “Heute”-Artikel, wonach zu einer in Wien geplante Kundgebung rund 5.000 Anhänger Erdogans erwartet werden, meinte er: “5000 One-Way-Tickets und keiner würde denen nachweinen…”. “Überspitzt” sei dies gewesen, musste er später einräumen.

Viele Spekulationen um Wechsel zur Liste Kurz

2015 wurde er von den Grünen nicht mehr als Bundesrat nominiert. Bis zu seinem Parteiaustritt waren es dann aber doch noch zwei Jahre. Diesen verkündete Dönmez am 30. Mai 2017, nachdem ihm ein Besuch mit dem Chef der Wiener Identitären, Martin Sellner, in einem Flüchtlingswohnprojekt bei Linz untersagt worden war.

Schon zu diesem Zeitpunkt wurde über einen Wechsel zu Kurz spekuliert. Im Hochsommer 2017, drei Monate vor der vorgezogenen Nationalratswahl, präsentierte der ÖVP-Obmann seinen neuesten Coup. Bei einer Pressekonferenz lobte Kurz Dönmez etwa dafür, dass dieser als einer der ersten auf das Problem des politischen Islam aufmerksam gemacht habe. Vom fünften Listenplatz ging es für den Oberösterreicher wieder ins Hohe Haus, diesmal in den Nationalrat.

Ruhig wurde es um Dönmez – für manche wohl wenig überraschend – auch unter türkisen Fittichen nicht. Schon im Wahlkampf legte er sich für seine neue Partei, wenn auch kein Mitglied, ins Zeug und warf dem Moderator der ORF-Sommergespräche 2017, Tarek Leitner, wegen früherer gemeinsamer Urlaubsreisen ein Naheverhältnis zu SPÖ-Chef Christian Kern vor. Dönmez Name tauchte dann auch beim bestimmenden Wahlkampfthema, der Silberstein-Affäre auf, wobei er einräumte, mit dem Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller bekannt zu sein und ihn für seine europäische Bürgerinitiative gegen Extremismus engagiert zu haben.

Dönmez bereits mehrmals angeeckt

Erst Anfang August dieses Jahres fiel er mit einem Beitrag im vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuften Magazin “Info-Direkt” auf. Im Juni ließ der Abgeordnete aufhorchen, als er das Timing der von der Regierung verkündeten Moscheen-Schließungen mit Kurz’ Israel-Reise erklärte. Dieser habe ein Signal gegen den Islamismus setzen wollen, so Dönmez damals. Später kritisierte er die Mitten im türkischen Wahlkampf verhängten Moscheen-Schließungen als Hilfe für Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Auch gegen die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) zieht Dönmez, der sich selbst als liberalen Muslim sieht, gerne vom Leder. Erst unlängst bezeichnete er die IGGÖ auf Twitter als “Sammelbecken von reaktionären Muslimverbänden”.

Das Fass zum Überlaufen brachte der jüngste Vorfall. In einem sexistischen Tweet unterstellte der ÖVP-Nationalratsabgeordnete der deutschen SPD-Politikerin Sawsan Chebli im Zusammenhang mit ihrer Karriere sexuelle Gefälligkeiten. “Das war ein Moment der Schwäche”, rechtfertigte er die Entgleisung noch. Rücktrittsaufforderungen setzte es nicht nur seitens der Opposition, sondern auch von den ÖVP-Frauen und von der deutschen Justizministerin Katharina Barley (SPD). Bundespartei und Klub zogen am Montag die Reißleine, Dönmez wurde aus dem Parlamentsklub ausgeschlossen.

(APA/Red)

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