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Mozartwoche: Drei Meilensteine und das Hagen Quartett

Drei Meilensteine der Kammermusik-Literatur gab es am Dienstagvormittag bei der Salzburger Mozartwoche zu hören. Das Salzburger Hagen Quartett begeisterte zusammen mit Mitsuko Uchida im Großen Saal des Mozarteums.

Zuerst das erste, Joseph Haydn gewidmete Quartett in G-Dur, KV 387 von Mozart, dann das letzte, in vollkommener Taubheit geschriebene F-Dur-Quartett, op. 135 von Beethoven und – nach der allein schon wegen der geballten Wucht musikalischer Information dringend nötigen Pause – das orchestrale f-Moll-Quintett, op 34 von Brahms, zu dem der Meister aus Deutschland zum Quartett noch ein Klavier gefügt hat.

Mozart sprach von “langer, mühevoller Arbeit” für sein Quartett. Und auch das Salzburger Hagen Quartett muss sich langer, mühevoller Arbeit unterzogen haben. Anders ist eine derart homogene, bis ins letzte Detail ausgetüftelte und dennoch als Gesamtwerk wirkungsvolle Interpretation kaum vorstellbar. Die Musiker bewältigten das an motivischem Reichtum witziger und zugleich abgründiger Verspieltheit überbordende Stück mit beispielhafter Leichtigkeit, die das heutige Mozartwochen-Publikum wohl nicht weniger glücklich gemacht hat, als Mozart seinen väterlichen Freund Haydn mit der Widmung der Komposition.

Mozarts Formen gesprengt und Ratlosigkeit ausgelöst hat Beethoven mit seinem Opus 135, kurz vor seinem Tod 1827. Dieses Stück markiert das Ende der Wiener Klassik als Epoche, und tatsächlich blieb formal in dieser Komposition kein Stein auf dem anderen. Immer wieder scheint Beethoven seine eigenen Pläne zu durchkreuzen, manches weist in Richtung Programmmusik, anderes auf persönliche Lebensumstände. Das Hagen Quartett transportierte die zugleich verwirrende wie zutiefst humanistische Botschaft dieses mit “Muß es seyn – es muß seyn” untertitelten Quartetts mit entschlossener Souveränität. Das gemeinsame Atmen sowie die außergewöhnliche Feinabstimmung von Bogenstrichen, Dynamik und musikalischer Energie unterstrichen erneut die Spitzenposition dieses Ensembles, besonders im Bereich der Wiener Klassik.

Nicht weniger mitreißend dann der Brahms – Mitsuko Uchida gesellte sich zum Quartett, und zusammen füllten die Musiker den Saal mit einer Klanggröße, wie sie mit dieser Besetzung normalerweise kaum zu erreichen ist. Brahms hat das als sein “anspruchsvollstes, dichtestes und kompliziertestes Kammermusikwerk” bezeichnete Quintett mehrfach umgearbeitet, vom Streich-Quartett zur Sonate für zwei Klaviere und schließlich zum Klavier-Quintett. Und damit hat er – der Kammermusik zum Trotz – zum Orchestralen gefunden. Das Hagen Quartett und Mitsuko Uchida, Artist in Residence der Mozartwoche 09, verschmolzen in dieser “Symphonie für Streichquartett und Klavier” zu einem Kraftfeld, dessen Sog sich niemand entziehen konnte. Die Salzburger Mozartwoche hat einen weiteren Höhepunkt erlebt.

(Von Christoph Lindenbauer/APA)

Mittwochvormittag kommen Marc Minkowski und Les Musiciens du Louvre, und am Abend wird Nikolaus Harnoncourt die Wiener Philharmoniker dirigieren. Der Donnerstag steht dann im Zeichen des 20. Jahrhunderts, Pierre Boulez und das Ensemble Intercontemporain sind angesagt. Details unter 0662/88 9 40-0 und 0662/87 31 54 oder http://www.mozarteum.at.

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