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"Mitbestimmung der Jugendlichen wichtig"

Unter dem Projektnamen "Teen Court" wurde in Hessen in Deutschland ein neues Modell im Kampf gegen die wachsenende Jugendkriminalität gestartet. Was denken Sie darüber? 

In Bayern wird dieses Projekt bereits seit fünf Jahren durchgeführt. Und das mit Erfolg: Es habe sich gezeigt, dass die Rückfallquoten bei Jugendlichen, die vor einem Schülergericht erscheinen mussten, um zwölf Prozent niedriger war als bei jungen Straftätern, die durch ein herkömmliches Strafverfahren gingen.

Erzieherische Maßnahmen

Der „Teen Court“ ist laut dem hessischen Justizminister Christean Wagner kein Gericht im strengen Sinne. Er könne aber gegenüber Straftätern erzieherische Maßnahmen wie beispielsweise gemeinnützige Arbeit verhängen. „Jugendlichen ist die Meinung Gleichaltriger oft besonders wichtig“, so Wagner. „Auch finden Gleichaltrige oft leichter Zugang zu jugendlichen Beschuldigten und können so Hintergründe und Motive der Tat ergründen.“ Erprobt wird das Modell zunächst in Wiesbaden. Das mit je drei Schülern besetzte Gremium erhalte seine Fälle von der örtlichen Staatsanwaltschaft zugewiesen, falls der Straftäter und seine Eltern zustimmten, hieß es. Akzeptiere der jugendliche Straftäter die verhängte Sanktion, stelle die Staatsanwaltschaft das Verfahren anschließend ein. Nach den Worten des Ministers sind die Schülergerichte für leichte bis mittelschwere Straftaten zuständig, darunter Diebstahl, Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung.

„Gute Lösungen“

„Ich denke, dass wir mit den Diversionsmöglichkeiten – sprich außergerichtlicher Tatausgleich in Zusammenarbeit mit der Vereinigung ,Neustart‘ – über ein gutes System verfügen, um gute Lösungen zu finden“, so Jugend-LR Greti Schmid im WANN & WO-Gespräch. „Unter sozialarbeiterischer Kompetenz werden Täter, Opfer und wenn nötig auch Mitschüler eingebunden. In Bezug auf das deutsche System, weiß ich nicht, inwieweit es eine große Belastung für die jugendlichen ,Richter‘ wäre, ohne Akteneinsicht etc. ein ,Urteil‘ zu fällen“, meint Schmid.

„Menschenwürde“

„Culture Factor Y“-Jugendarbeiter Roman Zöhrer arbeitet unter anderen auch mit Jugendlichen zusammen, die ihm von der Vereinigung „Neustart“ geschickt werden. „Es ist ein guter Ansatz, wenn Jugendliche miteinbezogen werden, jedoch darf ein Kontrollorgan wie ein Richter nicht fehlen. Es kann nicht sein, dass Jugendliche nach ,Gutdünken‘ einem ,Straftäter‘ 20 oder 30 Stunden gemeinnützige Arbeit aufbrummen. Hier geht es auch um Menschenwürde“, hält Zöhrer fest.

„Gute Schulbildung“

„Mitbestimmung und Beteiligung Jugendlicher ist grundsätzlich wichtig und sinnvoll“, so Grünen-NR Sabine Mandak. „Rechtssprechung muss allerdings den dafür ausgebildeten RichterInnen überlassen werden – egal ob Jugendliche oder Erwachsene. Es kann niemand schuldig sprechen und ein Strafausmaß festsetzen, wenn er oder sie nicht einmal die Möglichkeit hat, sich anhand der Akten ein Bild zu machen.“ Eine Beteiligung und Mitbestimmung der Jugendlichen im Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleichs ist für die Grüne Nationalrätin aber durchaus sinnvoll. „Eines muss aber klar sein: Die wirksamsten Maßnahmen gegen Jugendkriminalität sind noch immer eine gute Schulbildung, genügend Arbeitsplätze, Sozialarbeit, Jugendzentren, Sport-, Freizeit- und Kulturangebote für Jugendliche“, konstatiert Mandank abschließend.

STATEMENTS:

Steve Adlassnig, 15 Klaus: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Model mit einem oder mehreren jugendlichen „Richter(n)“ funktioniert! Kommt man sich da nicht bescheuert vor, wenn irgendein ein „Milchbubi“ beim Urteil eines Schlägertyps mitentscheidet?

Ikram Muslo, 15 Weiler: Junge Richter finde ich sinnvoll, aber gleich so jung? Ich glaube nicht, dass einem jugendlichen Richter wohl bei der Sache wäre, z. B. einen Schlägertypen zu gemeinnütziger Arbeit zu verdonnern. Im Ländle kennt jeder jeden, das ist zu gefährlich. In Großstädten funktioniert das bestimmt besser.

Danijel Rudigier, 17, Klaus: Da das Projekt in Bayern zeigt, dass die Rückfallquote bei einem Schülergericht geringer ist, sollte man dieses Projekt auch bei uns testen. Ich denke es wär sinnvoll, wenn ein „richtiger“ Jugendrichter und ein Jugendlicher gemeinsam ein Urteil fällen und beide gleichermaßen entscheiden dürfen.

Patrick Mayer, 18, Weiler: Ich finde die Idee nicht schlecht. Das Problem ist vielleicht, dass hier jeder jeden kennt und wenn ein Jugendlicher den Angeklagten nicht mag, beurteilt er ihn möglicherweise schlechter. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Rückfallquote niedriger ist. Ich würde mich schämen, zweimal vor einem jugendlichen Richter Rede und Antwort stehen zu müssen.

Philipp Mayer, 16, Weiler: Es kommt ganz drauf an, ob die Schülerrichter irgendwelche Streber sind, die sich genauso wenig in jugendliche Straftäter versetzen können wie „jugendliche“ Richter. Andererseits hat es natürlich den Vorteil, dass die Jugendlichen wohl mehr Zeit haben, sich mit den einzelnen Fällen intensiver zu beschäftigen. Trotzdem glaube ich nicht, dass so ein Projekt bei uns umgesetzt werden kann.

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