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Milliarden-Kosten durch Naturkatastrophen: Versicherungsschäden auf Rekordhöhe

Nur wenige Österreicher sehen sich bei Hochwasser in Eigenverantwortung.
Nur wenige Österreicher sehen sich bei Hochwasser in Eigenverantwortung. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Naturkatastrophen verursachen in Österreich jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Dennoch sehen sich nur wenige Menschen selbst in der Verantwortung. Versicherungsbranche und Forschung schlagen nun neue Modelle und Maßnahmen vor.

Naturkatastrophen verursachen in Österreich jährlich Versicherungsschäden von durchschnittlich einer Milliarde Euro. Und diese Zahl steigt stetig. Doch nur 38 Prozent der Österreicher sehen sich verantwortlich Präventionsmaßnahmen zu treffen, wie eine Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Daher hat der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) am Mittwoch neue Berechnungsgrundlagen sowie Maßnahmen gegen das Naturgefahren-Risiko präsentiert.

Versicherungen schlagen Alarm: Hochwasser-Schäden steigen drastisch

Im Jahr 2024 wurden den Versicherungen in Österreich Schäden aus Naturkatastrophen in der Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro gemeldet. Das war der bisher höchste Wert und zugleich "ein Weckruf", betonte Franz Prettenthaler, Direktor LIFE, am Institut für Klima, Energiesysteme und Gesellschaft von Joanneum Research. "Vielfach herrscht in Österreich leider noch immer der Eindruck, dass der Katastrophenfonds im Fall der Fälle alle Schäden begleichen kann. Tatsächlich braucht unser Land weitere Präventions- und Klimaschutzstrategien", ergänzte er.

Man habe bereits vor zehn Jahren ein Hochwasserschadenmodell erstellt, das nun überarbeitet und durch ein Überschwemmungsmodell ergänzt worden sei. Zur Veranschaulichung zeigte er die Gefahrenlandkarte HORA. Diese Internetseite stellt für jeden Punkt in Österreich die Naturgefahren dar.

"Europas Wasserschloss" von Überschwemmungen bedroht

HORA vereint unterschiedliche Karten und zeigt so österreichweit beispielsweise das Hochwasserrisiko durch das Überschwappen von Flüssen. "Österreich ist nahe am Wasser gebaut", sagte Prettenthaler. Jährlich werde man in Zukunft mit einem durchschnittlichen Hochwasserschaden von 240 bis 285 Millionen Euro rechnen müssen.

In den Gefährdungsplänen der Gemeinden werden die Risiken verschiedener Naturereignisse ausgewiesen. "Wissen ist Macht und bedeutet Schutz", sagte Christian Schimanofsky, Direktor des KFV. Doch rund 79 Prozent der Bevölkerung wissen nicht, was ein Gefahrenzonenplan überhaupt sei.

Es gebe eine Vielzahl an Systemen und Produkten, um sich vor Überflutungen zu schützen, betonte Prettenthaler: Ein Objektschutz mit fünf Zentimetern Höhe könnte das gesamtgesellschaftliche Risiko schon um 13 Prozent senken. Hierfür würde schon ein Schwallschutz, der die Ableitung von Wasser optimiert und nur etwa 20 Euro pro Laufmeter kostet, ausreichen. Gegen größere Wassermengen könnten mobile Dammsysteme oder Wassersperren eingesetzt werden. Letztere zielen darauf ab, Gebäudeöffnungen wie Türen, niedrige Fenster oder kleine Tore abzudichten. Bei einem Gebäudeschutz mit einer Höhe von 60 Zentimetern könnte das gesamtgesellschaftliche Risiko auf rund die Hälfte (um 52 Prozent) reduziert werden.

Durch die Klimaerwärmung kann die Luft immer mehr Wasser halten - pro ein Grad Celsius Erwärmung ungefähr sieben Prozent. Dadurch werden Starkregenereignisse immer gefährlicher, erläuterte der Grazer Experte weiter. Ein am Joanneum Research entwickeltes neues Oberflächenabfluss- bzw. Überschwemmungsmodell führt dieses Risiko vor Augen: Bei einem Niederschlag, wie er alle 100 Jahre vorkommt, würden beispielsweise 86 Prozent der 2.163.833 Wohngebäude in Österreich fünf Zentimeter tief unter Wasser stehen. Dieser Wert würde von der Gebäudekante aus berechnet werden, führte Prettenthaler weiter aus, der Keller sei nicht berücksichtigt.

Prävention als solidarische Aufgabe

"Ich kann nur appellieren, sich über das Naturgefahren-Risiko zu informieren, bevor etwas passiert ist", sagte Schimanofsky. Man habe zwar sehr zuverlässige Einsatzorganisationen, doch wenn diese ausrücken, ist schon etwas passiert", warnte der Direktor des KFV. Laut Klaus Scheitegel, Vize-Präsident VVO, zeichne der heurige Sommer, der ein "Sommer wie damals" - also wie vor dem Klimawandel sei - ein falsches Bild von der tatsächlichen Situation. Denn das Wetter verändere sich signifikant und schnell.

Christian Eltner, Generalsekretär des VVO, sagte, dass jeder Einzelne etwas beitragen kann, doch es brauche "eine gemeinsame große Lösung", denn aktuell stehe das Thema Versicherbarkeit von Naturkatastrophen nicht auf der Agenda der österreichischen Regierung. Auch Scheitegel betonte, dass es staatliche Unterstützung brauche, um leistbar gegen Naturkatastrophen versichern zu können. Es sei eine Solidaritätsfrage, da die verschiedenen Orte in Österreich von verschiedenen Naturereignissen unterschiedlich stark bedroht sind. "Wenn wir eingeladen werden, sind wir bereit, Vorschläge zu machen", sagte er.

(APA/Red)

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