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Migrationspakt: Scharfe Kritik an Ausstieg Österreichs

Erste Kritik zum Ausstieg Österreichs aus dem globalen Migrationspakt wird geäußert.
Erste Kritik zum Ausstieg Österreichs aus dem globalen Migrationspakt wird geäußert. ©APA/Herbert Neubauer
Kurz nach Bekanntgabe des Ausstieg Österreichs an dem globalen UN-Migrationspakt, gibt es scharfe Kritik.
Österreich: Rückzug aus UN-Migrationspakt

EU-Parlamentarier von SPÖ, Grünen und NEOS haben den am Mittwoch von Österreichs Regierung angekündigten Ausstieg aus dem Globalen Migrationspakt der UNO scharf verurteilt. Sie sprechen von einem Tiefpunkt der Außenpolitik und einer Hintertreibung der internationalen Ordnung. Der SPÖ-Europamandatar Josef Weidenholzer warf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) vor, Österreichs Ruf als Vermittler weiter aufs Spiel zu setzen.

Dies sei unverantwortlich und eines EU-Ratsvorsitzes schlichtweg unwürdig. Wenn es einen Kompromiss der Vereinten Nationen gebe, müsse Österreich auch dahinter stehen. Es gelte, die humanitäre Verantwortung wahrzunehmen. Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon meinte nur, mit dem Rückzug aus dem Migrationspakt sei Österreich “nicht nur Teil des reaktionären Ostblocks, wir führen diesen auch an”.

Kritik am Ausstieg Österreichs von EU-Abgeordnete Michel Reimon

Die liberale Europamandatarin Angelika Mlinar (NEOS) warf der schwarz-blauen Regierung Populismus vor. Sie verwies darauf, dass sich die meisten Punkte im UNO-Pakt auch in den über Monate lang verhandelten Gesetzesvorschlägen des EU-Parlaments zum Asylpaket wiederfänden. Die Umsetzung des Asylpakets liege beim Rat, doch gebe unter österreichischem EU-Ratsvorsitz keinerlei Vorschläge über Fortschritte. Das Verhalten der Regierung sei beschämend.

Bei der Regierungssitzung am Mittwoch in Wien soll der entsprechende Beschluss zum Ausstieg aus dem UNO-Migrationspakt beschlossen werden. Die ÖVP-FPÖ-Koalition betont, dass durch den Pakt kein Menschenrecht auf Migration bestehe und entstehen könne. Daher werde Österreich sich in der UNO-Generalversammlung im September 2019 der Stimme zu diesem Thema enthalten, aber eine Erklärung abgeben, in der die Position der Regierung deutlich dargelegt werde.

Die 193 UNO-Mitgliedsländer hatten sich im September 2016 darauf geeinigt, den Migrationspakt zu schließen. Dabei sollen Flüchtlingsströme besser organisiert und die Rechte der Migranten gestärkt werden.

Vor Österreich ist bereits Ungarn unter Viktor Orban auch dem Abkommen ausgestiegen. Die USA nahmen auf Geheiß von Präsident Donald Trump an den Verhandlungen zum UNO-Migrationspakt gar nicht erst teil.

Der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Andreas Schieder, hält die Entscheidung der Regierung für “schlecht überlegt”. “Damit löst man keine Probleme, sondern verschließt nur die Augen davor”, meinte er in einer Aussendung. Schieder befürchtet zudem, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hiermit “den Ruf Österreichs als verlässlicher Partner der westlichen Wertegemeinschaft beschädigen”.

Liste Pilz kündigt Protestaktion an

Die Liste Pilz kündigte eine “Protestaktion” gegen die Entscheidung an, gab aber zunächst weder Ort noch Zeit bekannt. “Ich lade schon jetzt alle DemokratInnen herzlich dazu ein, sich an dieser Aktion zu beteiligen. Wir werden ehestmöglich die Details bekannt geben”, schrieb Parteiobfrau Maria Stern in einer Aussendung.

Alma Zadic, außenpolitische Sprecherin der Partei, beklagte: “Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung zeigt, dass es ihr wichtiger ist, vordergründig innenpolitisch zu punkten, als die globalen Herausforderungen anzugehen und diese gemeinsam mit anderen Staaten zu bewältigen.”

Die NEOS kommentierten den Entscheid auf Twitter ironisch mit den Worten: “Funfact: Der österreichische Verhandler für den #Migrationspakt war Außenminister @sebastiankurz.”

Der Integrationslandesrat Oberösterreichs, Rudi Anschober (Grüne), kommentierte die Entscheidung mit den Worten: “Es ist ein Armutszeugnis, dass sich mit der Ablehnung des UN-Migrationspaktes die österreichische Bundesregierung in dasselbe Eck stellt wie (US-Präsident Donald) Trump und (Ungarns Regierungschef Viktor) Orban. Es zeigt aber auch neuerlich deutlich auf, dass ganz offensichtlich Teile der österreichischen Bundesregierung keine Lösungen der Herausforderungen durch Migration wollen”, so Anschober in einer Aussendung.

Österreichisches Rotes Kreuz beklagt Ausstieg

Auch das Österreichische Rote Kreuz beklagte die Entscheidung: “Aus humanitärer Sicht ist es unverständlich und ein falsches Signal, dass es die Bundesregierung nicht geschafft hat, sich zu einem Minimalkonsens der Menschlichkeit durchzuringen, der ausdrücklich unverbindlich ist und auch dazu beitragen soll, Migration in geordnete Bahnen zu lenken”, so Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer in einer Mitteilung.

Viel Lob kam indes von der rechtspopulistischen AfD in Deutschland. Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel forderte umgehend, dass auch Deutschland den Migrationspakt nicht unterzeichnen dürfe. “Nach den USA und Ungarn haben unsere Nachbarn aus Österreich ebenfalls Klarsicht bewiesen und den Globalen Migrationspakt abgelehnt”, begrüßte Weidel die Entscheidung in einer Aussendung. “Auch Deutschland darf dieses Machwerk nicht unterzeichnen”, das “ein unkalkulierbares Risiko für unser Land und ganz Europa” sei, forderte sie.

Der UNO-Migrationspakt (Global Compact on Migration) war in der ersten Jahreshälfte 2018 auf Regierungsebene unter den UNO-Mitgliedern ausverhandelt worden und soll im Dezember in Marokko verabschiedet werden. Das 34 Seiten lange Dokument soll helfen, Flüchtlingsströme besser zu organisieren und Rechte der Betroffenen zu stärken. Betont wird in dem Papier auch, dass die Souveränität der Nationalstaaten und ihr Recht auf eine selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik durch den Pakt nicht angetastet werden soll und keine völkerrechtliche Bindung bestehe. Der Pakt soll bei einer Konferenz am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden.

Bei der Einigung auf einen Entwurf im Juli war Österreich noch mit an Bord. In den vergangenen Wochen hatte vor allem die FPÖ gegen das Abkommen mobil gemacht. Ungarn hatte sich bereits im Sommer aus dem Pakt zurückgezogen. Die USA nahmen auf Geheiß von Präsident Donald Trump an den Verhandlungen zum UNO-Migrationspakt gar nicht erst teil.

(APA/Red)

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