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Migranten wollen in den Landtag

Schwarzach - 366.000 Einwohner hat Vorarlberg, rund 60.000 davon sind Migranten - Migranten ohne einen einzigen Vertreter im Landtag. Geht es nach Adnan Dincer, soll sich das ändern. Die NBZ

„Diese 60.000 Menschen“, sagte der 38-jährige Dincer, Chef der Arbeiterkammer-Fraktion NBZ, im „VN“-Gespräch, „brauchen eine Vertretung. Auch ihre Stimme muss in der Politik gehört werden.“

Dincers „zwei Wege“

Um das zu erreichen, gebe es zwei Wege: „Entweder geben die etablierten Landtagsparteien den Migranten eine Chance und setzen einen von uns auf einen wählbaren Listenplatz. Diese Aufforderung richten wir an alle Parteien, auch an die Konservativen. Oder wir treten mit einer eigenen Liste an.“ Gespräche über eine solche Liste seien bereits aufgenommen worden, sagt der gebürtige Türke Dincer: „Wir besprechen uns derzeit auch mit Vertretern anderer Volksgruppen, sprich aus Ex-Jugoslawien.“ Dincer und seine NBZ drängen auf eine einheitliche Liste, einen Zusammenschluss aller möglichen Volksgruppen zu einer Liste: „Dann haben wir die realistische Chance, den Einzug in den Landtag auch wirklich zu schaffen.“ Bereits diesen Oktober werde intern eine Entscheidung getroffen: „Ich will nichts vorwegnehmen. Aber die Tendenz geht in die Richtung, dass wir mit einer eigenen Liste antreten.“ Mit welchen Namen? „NBZ steht für ,Neue Bewegung für die Zukunft´. Da die Liste allerdings breiter sein soll, werden wir einen neuen Namen wählen.“ Kandidiert Dincer selbst an der Spitze der Migrantenliste? „Ich hätte es wesentlich lieber, wenn Jüngere an der Spitze stehen würden.“ An Kandidaten mangle es nicht: „Wir haben viele, die gut ausgebildet sind, Politikwissenschaften oder andere Wissenschaften studiert haben – und bereit wären.“

Berndt sieht Chancen

Welche Chancen hätte eine solche Migrantenliste tatsächlich? Laut Meinungsforscher Edwin Berndt nicht einmal so schlechte: „Das Überspringen der Vier-Prozent-Hürde und der Einzug in den Landtag wäre einer solchen geeinten Partei durchaus zuzutrauen.“ Denn die Migranten, sagt Berndt, „haben auch einen viel besseren Zusammenhalt als die Einheimischen.“ Und darum wundere es ihn nicht, dass „Dincer den Landtagsparteien die Rute ins Fenster stellen und Listenplätze mit dem Hinweis auf eine eigene Liste fordern kann“. Auch Peter Hajek, Wiener Politologe und Meinungsforscher, gäbe einer solchen Liste gute Chancen: „Aufgrund der Masse an Migranten in Vorarlberg.“ Eine solche Liste müsste nicht einmal großartig ihre Kandidatur bewerben, sagt Hajek: „Da würden das Schneeball-System und die Mund-zu-Mund-Propaganda genügen.“ Abgesehen davon wäre der Migranten-Liste bei einem Antreten österreichweit mediale Aufmerksamkeit gewiss: „Es wäre ja einzigartig in ganz Österreich.“

Antenne-Vorarlberg-Meldung

Der designierte SPÖ-Chef Michael Ritsch sowie Grünen-Chef Johannes Rauch könnten sich Migrantenvertreter im Landtag durchaus vorstellen. Bei den letzten Landtagswahlen hatte die SPÖ einen Migrantenanteil von zehn Prozent auf ihrer Liste. Bei den Grünen war Aydemir Haydar auf Platz fünf gereiht – verpasste aber knapp den Einzug.

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