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Mordprozess: Mieter wollte Vermieter nicht töten

Im Prozess gilt es die Frage zu klären, ob der Mann seine Vermieter vorsätzlich töten wollte oder nicht.
Im Prozess gilt es die Frage zu klären, ob der Mann seine Vermieter vorsätzlich töten wollte oder nicht. ©VOL.AT/Hofmeister
Am 5. Oktober 2013 geriet in Dornbirn ein Mieter mit seinen Vermietern in Streit und zückte ein 22 Zentimeter langes Tauchermesser. Die Geschworenen gelangten nach zweieinhalbstündiger Beratung zu der Ansicht, dass der Angeklagte seinen Vermieter nicht töten wollte.

Am Landesgericht Feldkirch musste sich am Freitag ein 57-jähriger gebürtiger Kärntner wegen Mordversuch verantworten. Er war im vergangenen Oktober mit seinen Vermietern, einem Ehepaar, in Streit geraten und griff zu einem Tauchermesser.

Zunächst ging der Prozess rund um den Mordversuch des 56-jährigen gebürtigen Kärntners rasch von statten. Doch dann beantragte die Verteidigung das Vorspielen der kontradiktorischen Einvernahme des weiblichen Opfers, das zog das Verfahren beträchtlich in die Länge. Die Vermieterin konnte im Verfahren nicht einvernommen werden, da die psychische Belastung für sie zu groß gewesen wäre. Ihr Mann erzählte allerdings, was an jenem Nachmittag passierte und wie er danach Alpträume hatte.

Geschworene entschieden

Die Geschworenen gelangten nach zweieinhalbstündiger Beratung zu der Ansicht, dass der Angeklagte seinen Vermieter nicht töten wollte. Einen Schulspruch gab es jedoch wegen Versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung. Die Strafe wurde mit zwei Jahren ausgemessen. Acht Monate wurden unbedingt ausgesprochen. 16 Monate auf Bewährung. Mildernd waren vor allem die Unbescholtenheit, die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit und dass die Tat beim Versuch geblieben ist. Der Angeklagte hat die acht Monate bereits in U-Haft abgesessen, somit war er zu enthaften und er kann das Gefängnis verlassen. Dem Opfer schuldet er 1000 Euro Teilschmerzengeld. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Betrunken zu Opfern gefahren

Der Mieter trank, bis er 2 Promille hatte und bestellte sich dann ein Taxi. Er fuhr zu seinen Vermietern und zückte dort ein 22 Zentimeter langes Tauchermesser. Ab diesem Zeitpunkt gehen die Schilderungen auseinander.

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mordprozess_messer ©Die Tatwaffe, ein Tauchermesser mit 11 cm Klingenlänge. (VOL.AT/Hofmeister)

Der Beschuldigte, dem Primar Reinhard Haller eine überdurchschnittliche Intelligenz bescheinigt, sagt, er habe seinen Vermietern lediglich einmal „ordentlich die Meinung sagen“ wollen. Er habe Angst machen, niemals aber verletzen oder töten wollen. Jedenfalls gelang es den Vermietern, dem Angreifer das Messer abzunehmen. Sie selbst erlitten dabei leichte Schnittverletzungen. (“Mann wollte seine Vermieter töten”, 8.10.2013)

Tötungsabsicht später widerrufen

Auch die Verteidigung betont, dass es heute in dem Schwurgerichtsverfahren hauptsächlich um die Frage ging: „Was wollte der Angeklagte?“ Der Beschuldigte sagte selbst vor der Polizei, dass er den Vermieter „aufschlitzen“ und dessen Frau „ins Auge stechen“ wollte. Mehrmals bestätigte der Angeklagte Tötungsabsicht. Später widerrief er diese Angaben und betont, dass er die geständigen Angaben nur machte, um endlich Ruhe zu haben. Außerdem sei er übermüdet und genervt gewesen.

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mordprozess_haller ©Primar Haller bescheinigt dem Angeklagten überdurchschnittliche Intelligenz. (VOL.AT/Hofmeister)

Kein Vollrausch, keine Affekthandlung

Gerichtspsychiater Reinhard Haller erklärt in seinem Gutachten, dass es sich bei dem Angeklagten um einen „Spiegeltrinker“ handle. Das heißt, ein Alkoholiker, der immer einen gewissen Pegel hält. Er macht keinen stark betrunkenen Eindruck, nüchtern ist er aber auch nie.

Die kurz nach der Tat gemessenen knappen zwei Promille verursachten zwar eine mittelstarke Berauschung, unzurechnungsfähig sei der Mann nicht gewesen, so Haller. Auch eine “Affekttat”, die die Zurechnungsfähigkeit völlig ausblendet, war demnach nicht gegeben. Eine solche ist Haller in seiner 31-jährigen Gutachtertätigkeit erst ein oder zwei Mal unter gekommen.

“Vermieter hatten Glück”

Der Gerichtsmediziner Walter Rabl führte in seinem Vortrag aus, dass der 72-jährige Vermieter großes Glück gehabt habe. Hätte das gezahnte Tauchermesser mit beidseitig schneidender Klinge die Bauchwand durchdrungen, wären große Organe verletzt worden. Der Mann hätte in Lebensgefahr geschwebt.

Sei der Widerstand der Haut erst einmal überwunden, wäre es reine Glückssache, ob ein Mensch einen Bauchstich überlebt oder nicht. Der Vermieter fühlte sich nach dem Vorfall zunächst normal, am nächsten Tag begannen allerdings die Alpträume und sogar ein schwerer Ausschlag plagte ihn auf Grund der psychischen Belastung.

(Christiane Eckert)

 

 

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