Viele Vorarlberger Kinder wachsen mit zwei oder mehr Sprachen auf. Die Herausforderungen für Kinder mit mehr als einer Sprache groß zu werden, sind vielfältig. Trotz einer Vielzahl unterschiedlich mehrsprachiger Lebensbedingungen kann man grob zwei große Gruppen von Zweisprachigkeit unterscheiden: simultan bilingual oder sukzessiv bilingual.
Simultan bilingual aufwachsen
Kinder, die von frühster Kindheit an mit zwei Sprachen aufwachsen, erleben dies als selbstverständlich. Voraussetzung – jede Sprache wird sehr oft gehört. „Besonders bei bilingualen Kindern ist der Einfluss beider Sprachen auf die Aussprache zu hören. So rollen zum Beispiel russisch-deutsch sprechende Kinder das R. Zum anderen treten häufig Sprachmischungen auf. Das können einzelne Wörter sein wie “Ich gehe zum playground” oder grammatische Elemente “I have my brother gesawt“. Während man früher glaubte, dass Sprachmischungen ein deutliches Zeichen für Überforderung sind, weiß man heute, dass es eine sehr kreative Nutzung der gesamten sprachlichen Kompetenz ist“, beschreibt van den Broeke-Gstir. Durch dieses Anwenden der Sprachen füllen Kinder Wortschatzlücken und halten die Kommunikation aufrecht. Die zweisprachige Kompetenz bleibt solange erhalten, wie beide Sprachen gleichermaßen im Alltag verwendet werden. Sobald eine Sprache stark reduziert wird, verlernt das Kind diese wieder.
Sukzessiv bilinguale Kinder
Sukzessiv zweisprachige Kinder lernen innerhalb der ersten Lebensjahre zunächst nur ihre Muttersprache. Meist kommt ab einem Alter von drei Jahren eine weitere Sprache hinzu. Der geläufigste Fall: Kinder mit anderer Muttersprache besuchen eine deutschsprachige Kindertagesstätte. Nicole van der Broeke-Gstir erklärt: „Diese Kinder haben bereits enorme Fähigkeiten in ihrer Muttersprache ausgebildet. Dadurch erfassen sie erste deutsche Wörter sehr schnell. Dennoch ist die Lerngeschwindigkeit in der zweiten Sprache sehr individuell.“ Es gilt: Je früher ein Kind eine zweite Sprache lernt, je öfter es diese in einer guten Qualität hört, je attraktiver die Sprache für das Kind gestaltet wird und je mehr die Zweisprachigkeit von Bezugspersonen geschätzt wird – desto besser lernt es die Zweitsprache.
Elementarer Schatz Muttersprache
Muttersprache ist für Kinder nicht nur sprachspezifisches Wissen (Wortschatz, Grammatik, etc.), sie taucht in die emotionale und kulturelle Welt der Familie ein. Damit sich eine intuitive und echte Eltern Kind-Beziehung entwickelt, sollten Eltern grundsätzlich unterstützt werden, ihre Muttersprache mit dem Kind zu sprechen. Dennoch ist es maßgeblich, dass Kinder durch Kommunikation möglichst früh in die Sprache des Landes eintauchen, in dem sie leben.
Umgang mit Mehrsprachigkeit
Ratgeber für bilinguale Familien sind sich einig:Je früher Kinder zwei Sprachen lernen, desto besser. Jedes Elternteil sollte konsequent die eigene Muttersprache sprechen, eine gemeinsame Familiensprache ist von Vorteil. „Das Umsetzen im Alltag dieser Linien ist nicht immer einfach. Andere Varianten sind eine Familien- und eine Umweltsprache einzusetzen oder die Sprachen situationsbezogen zu verwenden, wie z. B. beim Kuscheln Türkisch reden und beim Einkaufen Deutsch. Egal welche Konstellation gewählt wird, für das Kind ist eine klare Struktur unerlässlich, um die Sprachen deutlich unterscheiden zu können“, weiß van den Broeke-Gstir. „Unabhängig von Ein- oder Mehrsprachigkeit tritt bei zehn bis 20 Prozent aller Kinder eine Sprachentwicklungsstörung auf. Diese benötigen eine gezielte logopädische Diagnostik und Therapie wie sie beispielsweise von den Kinderdiensten der aks gesundheit angeboten wird“, schließt Nicole van den Broeke-Gstir.
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Kinderdienste
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