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"Man wird als Konsument vorgemerkt"

Die neuen Tests werden bei Verkehrskontrollen eingesetzt – ähnlich wie Alkohol-Vortestgeräte.
Die neuen Tests werden bei Verkehrskontrollen eingesetzt – ähnlich wie Alkohol-Vortestgeräte. ©VOL.AT/Bernd Hofmeister, Protzek
Schwarzach - In den nächsten Tagen kommen in Vorarlberg Drogen-Schnelltests bei Verkehrskontrollen zum Einsatz. W&W befragte Experten und die Polizei.
Haschomat wartet auf Einsatz

Hat ein Polizeibeamter den Verdacht, dass ein Verkehrsteilnehmer unter Drogeneinfluss steht und nicht fahrtauglich ist, kann der Test mittels Speichelprobe durchgeführt werden. Noch im April sollen auch in Vorarlberg Drogen-Schnelltests bei Verkehrskontrollen in einer Versuchsphase zur Anwendung kommen. Fällt so ein Test positiv aus, wird eine klinische Untersuchung durch einen Amtsarzt angeordnet, der feststellt, ob eine Beeinträchtigung vorliegt. Ist das der Fall, wird eine Blutuntersuchung durchgeführt. Bei dieser wird getestet, ob in einem gewissen Zeitraum ein Konsum von Cannabis oder anderen Drogen stattgefunden hat.

„Machen präventiv Sinn“

„Präventiv machen diese Tests aus meiner Sicht durchaus Sinn, wenn es um die Verkehrssicherheit geht“, erklärt Michael Lipburger, Leiter der Beratungsstelle Clean Bregenz. „Auch was den Jugendschutz und die Arbeitswelt betrifft, können sie zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit dem Thema beitragen. Denn momentan wird bei uns so gut wie nicht darüber geredet – was illegal ist, gilt als Tabuthema.“ Aus dem aktuellen Europäischen Suchtmittelbericht gehe hervor, dass etwa ein Prozent der Erwachsenen ein echtes Problem mit regelmäßigem Cannabis-Konsum habe.

„Mehrere Tage“

Wenn es darum geht, wie die Ergebnisse solcher Tests und der eventuell folgenden klinischen Untersuchung durch einen Amtsarzt schließlich verwendet werden, warnt Lipburger allerdings: „Der Test verweist darauf, dass in einem gewissen Zeitrahmen ein Konsum stattgefunden hat. Bei Cannabis kann dieser aber mehrere Tage zurückliegen. Eine klinische Untersuchung mit Blutabnahme und dem Ziel, eine etwaige Beeinträchtigung im Straßenverkehr festzustellen, wird in so einem Fall vermutlich meist nichts ergeben. Es gibt aber schon Möglichkeiten, wie etwa eine Haaruntersuchung, die sichere Hinweise mit gewissen Quantifizierungen liefern können“, so Lipburger.

„Man ist im Computer“

Wie mit den „identifizierten Konsumenten“ weiter verfahren wird, bleibe abzuwarten. „Hier besteht die Gefahr, dass auf diesem Wege der systematische Einsatz von Drogenschnelltests forciert wird, um eine Art Raster der Konsumenten in Vorarlberg zu erstellen – der Konsum von Cannabis ist aber nicht illegal“, erklärt der Experte. „Es gibt zwar keinen Eintrag im Strafregister und auch keine Verurteilung, aber natürlich wird das im Computer vermerkt und die Staatsanwaltschaft kann auf diese Daten zugreifen.“

„Strafrechtlich relevant“

„Wer Cannabis konsumiert hat, muss es aber auch besessen haben“, sagt Rechtsanwältin Astrid Nagel, deren Kanzlei Heinzle-Nagel zu den bundesweiten Spezialisten in Sachen „Cannabis und Führerschein“ zählt. „Die Einvernahme bei der Polizei kann auch zu weiteren Konsequenzen führen. Wenn die Polizei dabei von einem strafrechtlich relevanten Sachverhalt Kenntnis erlangt, kann das auch entsprechende Ermittlungen und Folgen nach sich ziehen. Hier ergeht auch ein Bericht an die BH und man ist zumindest als Konsument vorgemerkt“, so die Rechtsanwältin.

„Im Ermessen der Beamten“

„Der Schnelltest kann von einem Beamten in seinem Ermessen durchgeführt werden, wenn er den Verdacht hat, dass eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung der Person vorliegt. Wenn man den Test verweigert oder er positiv ist, muss man zur klinischen Untersuchung – ähnlich wie bei Alkohol“, erklärt Nagel weiter. „Das war schon vor den Schnelltests möglich, aber nun wird das Problem intensiviert, weil es keine klassischen Suchtmittelanzeichen mehr braucht – rote Augen oder erweiterte Pupillen können auch andere Ursachen als Drogen haben. Da lediglich die Vermutung einer körperlichen und geistigen Beeinträchtigung vorliegen muss, ist es für die Polizei sehr einfach, die Durchführung des Tests zu begründen.“

„Hauptaugenmerk ist die Verkehrssicherheit“

Rudolf Salzgeber, Kommandant Verkehrsabteilung in der LPD Vorarlberg: „Im Rahmen eines Pilotprojekts wird in Vorarlberg in den nächsten Tagen ein Drogenvortestgerät zum Einsatz kommen. Hierfür wurden landesweit sechs Beamte geschult. Hauptaugenmerk für uns ist ganz klar die Verkehrssicherheit. Davon versprechen wir uns erste Erkenntnisse, auf deren Basis Polizei und Gesetzgeber entscheiden, wie es weitergehen soll.“

(WANN & WO)

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