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Maestro aller Maestros: Karajan wurde vor 100 Jahren geboren

Er gilt als der einflussreichste Dirigent des 20. Jahrhunderts: Herbert von Karajan kam am 5. April 1908 in Salzburg als Sohn eines musikbegeisterten Chirurgen zur Welt, dessen Familie vor rund 250 Jahren von Mazedonien nach Österreich eingewandert war.

Bereits als Vierjähriger erhielt Karajan Klavierunterricht, als Neunjähriger debütierte er in einem Konzert. Nun, 100 Jahre nach seiner Geburt, ist der Mythos Karajan ungebrochen.  

1929 trat Herbert von Karajan zum ersten Mal öffentlich mit dem Mozarteum-Orchester in Salzburg auf. Dieses von seinem Vater bezahlte Konzert brachte ihm 1930 ein Engagement als erster Kapellmeister am Ulmer Stadttheater und im Philharmonischen Orchester der Stadt Ulm ein. 1935 wurde er Generalmusikdirektor in Aachen.  

Noch heute umstritten ist Karajans Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Im März 1935 trat er der NSDAP bei, von deren Führung er bevorzugt wurde, während zum Beispiel Gottfried von Einem 1938 von der Gestapo verhaftet wurde. Der Durchbruch in Deutschland gelang Karajan 1938 mit Wagners “Tristan und Isolde” in der Berliner Staatsoper. Es war vom “Wunder Karajan” die Rede, was einen ersten Vertrag mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft und den Chefposten der Staatskapelle Berlin zur Folge hatte. Nach dem Krieg wurde Karajan von den Besatzungsmächten mit einem Dirigier-Verbot belegt, das allerdings schon 1947 wieder aufgehoben wurde.  

Ab diesem Zeitpunkt begann seine eigentliche Weltkarriere. Neben permanenten Engagements an der Mailänder Scala wurde er 1955 Nachfolger von Wilhelm Furtwängler als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Als Karajan jedoch die Berliner in New York dirigierte, kam es zu offenen Demonstrationen gegen ihn. Ab 1957 war er künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper, die er 1964 im Streit verließ. 1967 gründete er die Salzburger Osterfestspiele, deren Leiter er sein Leben lang blieb. Vor allem in den Jahren 1960 bis zu seinem Tod 1989 spielte er eine zentrale Rolle bei den Salzburger Festspielen.  

Karajan hat mehr Schallplatten-Einspielungen vorgelegt als alle anderen Dirigenten. Nach wenigen Kriegsaufnahmen startete er 1946 bei Columbia Records (später EMI) eine erste große Serie mit dem neu gegründeten Philharmonia Orchestra. Ab Mitte der 1950er bis Anfang der 1960er Jahre nahm er auch bei Decca auf, ab 1959 neben dem bis in die 1980er Jahre laufenden Vertrag mit EMI auch bei der Deutschen Grammophon. Besonders interessierte ihn das Eliminieren von Störgeräuschen, und sein Einfluss auf Sony Gründer Akito Morita gilt als bedeutend für die Entwicklung der digitalen Aufnahmetechnik. Das Standardrepertoire – bis auf wenige Ausnahmen interessierte ihn nichts anderes – nahm er bis zu fünfmal auf, bei weitem nicht alle Karajan-Platten gelten in der internationalen Kritik als großer Wurf.  

Karajans Musizierstil war überwiegend vom Streben nach klanglicher Perfektion geprägt. Seine homogenen, bisweilen glatten Klangflächen führten bei Werken etwa des Impressionismus oder auch bei dem von ihm speziell geförderten Jean Sibelius zu stilprägenden Ergebnissen. Im klassischen und manchmal auch im romantischen Repertoire wurde sein Klangideal aber häufig als oberflächlich und steril kritisiert.  

Kein anderer Dirigent hatte sich eine derartige Machtfülle angeeignet wie Karajan. Er entschied über Besetzungs- und Personalfragen an vielen bedeutenden Häusern Europas fast im Alleingang. Karajan gilt als Personifizierung der europäischen Nachkriegs-Karriere schlechthin, manche Biografen sprechen von einem Privatvermögen von 600 Mio. Deutsche Mark. Herbert von Karajan war in dritter Ehe mit Eliette von Karajan verheiratet. Die Patenschaft für beide Töchter aus dieser Ehe übernahmen die Wiener beziehungsweise die Berliner Philharmoniker.  

Karajans technische Interessen erstreckten sich nicht nur auf die Aufnahmetechnik. Er war ein Freund schneller Autos und flog nicht selten seine eigene Cessna. Auch Segeln auf größeren Yachten gehörte zu seinen Freizeitbeschäftigungen. Meist wurden diese Aktivitäten – gewollt – medial begleitet.  

Herbert von Karajan starb, nachdem er zuvor noch eine Probe zu “Un ballo in maschera” geleitet hatte, am 16. Juli 1989 in Anif bei Salzburg an Herzversagen und wurde auf dem dortigen Ortsfriedhof beerdigt.

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