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LIVE: Regierung präsentiert Steuerreform

Die Maßnahmen sollen ab 2020 in mehreren Jahresschritten in Kraft treten.
Die Maßnahmen sollen ab 2020 in mehreren Jahresschritten in Kraft treten. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Dienstag stellt die Regierung die Steuerreform vor. Einige Details waren bereits im Vorfeld durchgesickert, beispielsweise dass insgesamt 6,5 Milliarden Euro Entlastung geplant sind. Wir berichten ab 10.25 Uhr live von der Präsentation.
6,5 Mrd. Euro Entlastung geplant
Details zur Steuerreform durchgesickert

Die Eckpunkte der Steuerreform sind seit dem Wochenende bekannt: Bis zum Wahljahr 2022 sollen die Steuern in mehreren Schritten um 6,5 Mrd. Euro sinken. Der Großteil entfällt auf die Lohn- und Einkommensteuer, aber auch die Gewinnsteuer für Unternehmern wird reduziert. Die Abschaffung der “kalten Progression” soll dann nach der Wahl schlagend werden.

Steuern sollen bis zur Wahl um 6,5 Mrd. Euro sinken

Kernpunkt der Reform ist die Senkung der unteren drei Einkommensteuertarife für Arbeitnehmer und Selbstständige (von 25, 35 und 42 Prozent auf 20, 30 und 40). Die oberen drei Steuersätze für Jahreseinkommen über 60.000 Euro bleiben zwar unverändert. Dennoch profitieren von der Steuersenkung auch Besserverdiener, weil auch sie zuerst die niedrigeren Tarifstufen durchlaufen, ehe ihre höheren Einkommensteile mit den höheren Steuersätzen von 48, 50 und (ab einer Million Euro) 55 Prozent besteuert werden. Explizit auf Geringverdiener gemünzt ist die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen. Die Maßnahmen sollen ab 2020 in mehreren Jahresschritten in Kraft treten.

Zweiter Schwerpunkt der Reform ist die Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen: die Körperschaftsteuer sinkt in zwei Schritten (2022 und 2023) von 25 auf 23 und dann 21 Prozent. Zusätzlich ist noch eine Reihe kleinerer Maßnahmen geplant – von der steuerfreien Gewinnbeteiligung bis hin zu erleichterten Pauschalierungen für Kleinunternehmen. Die Abschaffung der “kalten Progression” hat die Koalition zuletzt auf das Ende der Legislaturperiode verschoben – mit Wirksamkeit nach der Wahl.

In Summe senkt die Regierung die Steuern bis 2022 um 6,5 Mrd. Euro, wobei in der Regel ein Drittel auf Länder und Gemeinden entfällt. Inklusive bereits beschlossener Steuersenkungen (Familienbonus, Umsatzsteuer auf Übernachtungen) sinken die Einnahmen des Staates sogar um 8,3 Mrd. Euro. Zum Vergleich: in etwa so viel Geld gibt die Regierung für Polizei, Justiz, Bundesheer, Finanzämter und Umweltschutz aus (8,5 Mrd. Euro). Im Finanzplan der Regierung ist die Reform noch nicht vollständig eingepreist – mehr als eine Mrd. Euro muss bis 2022 noch eingespart werden.

Badelt lobt Entlastung, aber vermisst Strukturreform

Die türkis-blaue Steuerreform werde “schon eine substanzielle Entlastung” bringen, aber “nicht wirklich eine Systemreform”, stellte Wifo-Chef Christoph Badelt Montag in der ZiB2 fest. Insgesamt gab er der Regierung für die Steuerpläne – die erst am Dienstag im Detail vorgestellt werden – die Schulnote “zwei bis drei”.

Der Wirtschaftsforscher hätte sich allerdings “mehr erhofft” – und nicht nur, dass man “im System bleibt und die Sätze senkt”. Aber auch unter der neuen Regierung seien bisher große Reformen, die Ausgabensenkungen bringen, nicht auf den Weg gekommen – wohl wegen der “internen Entscheidungsstrukturen und der Rolle der Bundesländer”. Und so werde die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit mit dieser Reform nicht grundsätzlich verändert – auch wenn es ein paar “gescheite Schritte” dazu etwa mit Senkung der Krankenversicherungsbeiträge gebe.

Gegenfinanziert werden müssten – vom Volumen von 6,5 Mrd. – wohl noch ein bis zwei Mrd. Euro, die nicht durch Haushaltsüberschüsse abgedeckt sind, meinte Badelt unter Hinweis auf die revidierten mittelfristigen Prognosen. Das geschehe meist durch kurzfristige Einsparungen etwa bei Subventionen – und wieder nicht nachhaltig, zeigte er auch hier “gemischte Gefühle”.

Kein großes Problem sieht der Wifo-Chef darin, dass die Kalte Progression mit dieser Steuerreform nicht abgeschafft wird. Die Kritik, dass sich damit Steuerzahler immer die Reform selbst zahlen, hält er nämlich für “ein bisschen politische Taktik”. Denn kein Finanzminister könne Geld ausgeben, das er nicht vorher über Steuern eingenommen hat. Und mit den durch die Kalte Progression angehäuften Mitteln könnten immer wieder mit Steuerreformen neue politische Entscheidungen und Schwerpunkte gesetzt werden.

KöSt sinkt bis 2023 unter derzeitigen EU-Durchschnitt

Das Steuerrecht unterscheidet zwischen juristischen und natürlichen Personen. Natürliche Personen zahlen Einkommensteuer, juristischen Personen Körperschaftsteuer (KöSt). Die KöSt soll im Rahmen der Steuerreform nun in zwei Schritten 2022/23 von 25 auf 23 und dann 21 Prozent sinken. Damit sinkt die Steuer auf Unternehmensgewinne unter den Durchschnitt in der EU-28, der 21,9 Prozent beträgt.

Die KöSt-Einnahmen haben sich im Vorjahr auf 9,136 Milliarden Euro belaufen. Jeder Prozentpunkt einer Senkung kostet also rund 370 Millionen Euro. So kommt man auch auf die kolportieren 1,5 Mrd. Euro an Entlastung für Unternehmen im Rahmen der Steuerreform.

Es ist die erste Senkung der KöSt seit der schwarz-blauen Steuerreform 2004/05. Damals lag Österreich mit einem Steuersatz von 34 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt. Angesichts der EU-Osterweiterung senkten ÖVP und FPÖ die Gewinnsteuer für Unternehmen damals auf 25 Prozent.

Alle EU-Länder haben KöSt reduziert

Seit 1995 haben auch alle anderen EU-Länder ihre Körperschaftsteuersätze deutlich reduziert. Besonders stark war der Rückgang in Mittel- und Südosteuropa, berichtete das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) zuletzt in einer Studie. In den 13 neuen EU-Mitgliedsländern sind die Unternehmenssteuersätze im Durchschnitt um 13,3 Prozentpunkte gesunken – von 31,4 auf 18,1 Prozent. Im Durchschnitt der “alten” EU-15-Länder gingen die Unternehmenssteuersätze von 38 auf 25,3 Prozent zurück.

Eine von der EU-Kommission vorgeschlagene konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage würde den Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Ländern nicht beseitigen, meint das Wifo – der Steuerwettbewerb könnte sich dadurch sogar noch verschärfen. Eine Möglichkeit, diesen Wettbewerb zu beschränken, könnte ein EU-weiter Mindest-KöSt-Satz sein, so die Wifo-Experten.

Als Körperschaften gelten juristische Personen des privaten Rechts wie Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Genossenschaften und Vereine. Es gibt auch juristische Personen des öffentlichen Rechts – Bund, Länder, Kammern, Sozialversicherungsträger und gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaften.

Die KöSt baut auf dem Einkommensteuergesetz (EStG) auf, wurde jedoch in einem eigenen Gesetz geregelt, da verschiedene auf natürliche Personen ausgerichtete Bestimmungen des EStG auf Körperschaften nicht anwendbar sind.

(APA/Red)

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