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Lesen und Vögel füttern

Der am Samstag hingerichtete ehemalige irakische Machthaber Saddam Hussein war nach Angaben eines Krankenpflegers der US-Armee während seiner Inhaftierung ein fleißiger Leser.

„Er liebte es zu lesen und zu schreiben“, berichtete Hauptfeldwebel Robert Ellis, der den ehemaligen Machthaber im Gefängnis als Pfleger betreute, verschiedenen US-Medien.

„Er hat eine Menge Geschichten geschrieben. Er hatte ein Heft, in das er jeden Tag schrieb. Wenn ich ihn besuchte, las er mir daraus vor“, sagte Ellis dem Fernsehsender CNN am Montag. Der Zeitung „St. Louis Post-Dispatch“ vom Sonntag sagte der 56-jährige Reserversoldat, er habe die strikte Anweisung gehabt, Saddam Hussein am Leben zu halten. „Das war mein Job: Ihn am Leben zu halten, damit sie ihn später töten konnten.“

Wie Ellis weiter berichtete, betete Saddam Hussein häufig und sprach viel über seine Frau und seine Kinder. Wenn er Ausgang bekam, habe der Ex-Machthaber Vögel mit Brotbröseln gefüttert, die er von seinem Essen aufgehoben habe. Außerdem habe er Gras bewässert. Saddam Hussein habe gesagt, dass er als junger Mann Bauer gewesen sei und seine Herkunft nie vergessen habe. Einsam habe sich der ehemalige Staatschef in seiner Haft sicher nicht gefühlt, sagte Ellis. „Er war zeitweise heiter.“ Außerdem habe Saddam Hussein einen „guten Sinn für Humor“ gehabt und Witze gemacht.“ Ellis zeigte sich „enttäuscht“ über die Hinrichtung. „Ich dachte, sie würden ihn mehr oder weniger bis an sein Lebensende im Gefängnis lassen, um die Gewalt aufzuhalten, mit der ich gerechnet habe.“

Ellis überwachte Saddam Husseins Gesundheit nach eigenen Angaben zwischen Jänner und August 2004. Er habe ihn zweimal täglich besucht, seinen Blutdruck und seine Temperatur gemessen und dafür gesorgt, dass der Gefangene genug Wasser und Nahrung hatte. Der Codename für Saddam Hussein sei unter den Wärtern „Victor“ gewesen.

Seinen Hungerstreik beendete der Ex-Staatschef laut Ellis, als die Wärter aufhörten, das Essen unter der Zellentür durchzuschieben und statt dessen die Tür öffneten. „Er weigerte sich, wie ein Löwe gefüttert zu werden.“ Saddam Hussein habe sich ihm gegenüber niemals feindselig verhalten, berichtete der Soldat weiter. Sein Patient habe ihn lediglich gefragt, warum die USA 2003 im Irak einmarschiert seien. „Er sagte, die Gesetze im Irak seien fair gewesen und die Waffeninspektoren hätten nichts gefunden. Ich sagte: ’Das ist Politik. Wir Soldaten werden darüber nicht informiert.“

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