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Lederhosen und Blumenkränze

Schwarzach - Vier Vorarlberger - darunter auch der Künstler Ulrich Gabriel - brachten alpenländische Musik nach Indien. Nun soll darüber ein Film entstehen.  | Indien

VN: Herr Gabriel, einen Monat lang waren Sie mit Evelyn Fink-Mennel, Philipp Lingg und Hans Rinner in Indien als Musiker unterwegs. Robert Polak und Wolfgang Mörth haben gefilmt. Eine eindrucksvolle Erfahrung?

Ulrich Gabriel: Selbstverständlich, nicht nur, weil wir nach jedem Konzert mit Blumen bekränzt wurden. Zum Eindrucksvollsten zählte gleich das erste Konzert in New Delhi, in einer Elite-Schule vor lauter Frauen. Sie waren äußerst fasziniert, als die Evelyn dann zu jodeln begonnen hatte.

Wolfgang Mörth: Für indische Frauen ist es ungewohnt, dass eine Frau eine expressivemotionale Rolle spielt.

VN: Inwieweit waren Sie mit Klischees konfrontiert, mit denen Indien behaftet ist?

Wolfgang Mörth: Ich würde sagen, dass in Indien vieles nebeneinander existiert – kulturell, sozial, ästhetisch. Da bedient Indien alle Klischees, die man kennt, Schmutz und Schönheit, Armut und Reichtum, Tradition und Moderne. Indien funktioniert nach anderen Regeln als Europa.

VN: Hat sich das auf der Reise bzw. in der direkten Begegnung als neue Erkenntnis herausgestellt?

Wolfgang Mörth: Man weiß das zwar, aber es würde jeder lügen, wenn er nicht überrascht wäre, wie sich das im praktischen Leben auswirkt. Dazu muss man sagen, dass alle zum ersten Mal in Indien waren. Ich würde sagen, als Metapher dieser Überraschung, die man empfindet, kann man den Straßenverkehr nennen, der für ein mitteleuropäisches Gemüt im ersten Augenblick einen Schock darstellt. Und erst mit der Zeit merkt man, dass das auf eine andere Art abläuft. Das ist eine andere Art von gegenseitiger Akzeptanz und Einschätzungsfähigkeit.

VN: Mit alpenländischer Volksmusik transportieren Sie eine Kunstform in ein Land, die ebenso mit vielen Klischees behaftet ist.

Wolfgang Mörth: Oberflächlich betrachtet ist das richtig, vom Prinzip her auch beabsichtigt, nur entspricht die Musik, die Ulrich Gabriel ausgewählt hat, nicht dem Klischee unserer Volksmusik und auch die Situationen, in denen wir uns befunden haben, waren so nicht vorhersehbar.

VN: Können Sie eine dieser besonderen Situationen schildern?

Wolfgang Mörth: Eine solche Situation war die Einladung bei der Asian Academy of Film & Television, in deren Zusammenhang wir Sanjay Kapoor, einen Superstar des Bollywood-Films, kennengelernt haben und lebenslange Mitglieder des Clubs der Academy geworden sind.

VN: Herr Gabriel, Sie sind in Lederhosen aufgetreten. Wurde da dem indischen Publikum nicht etwas vorgeführt, was es bei uns so ohnehin kaum gibt?

Ulrich Gabriel: Und dennoch war es richtig, das zu tun. Die Inder sind für uns durch die Kleidung erkennbar. Wir unterscheiden uns nicht von anderen Europäern. Wir haben uns nicht kostümiert, keine Tracht im eigentlichen Sinn getragen, so war es stimmig.

VN: Ihr Fazit?

Ulrich Gabriel: Wie sehr sich 30 Tage Arbeit gelohnt haben, wird der Film bestätigen. Ein besonderer Dank gilt Kamalakanta Mohanty, der seit vielen Jahren in Vorarlberg lebt und uns betreut hat.

Der Film zum Indienprojekt, in dessen Rahmen etwa 15 Konzerte gegeben wurden, wird bis Herbst 2007 von Robert Polak und Wolfgang Mörth fertiggestellt und kommt ins Programm der unartproduktion.

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