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Kurz und die Photoshop-Affäre als Teil einer Studie

Das linke Bild unterscheidet sich in einem Detail vom rechten.
Das linke Bild unterscheidet sich in einem Detail vom rechten. ©Land Vorarlberg Manipulierte Politikerbilder können laut Studie Einstellungen formen. ©Land Vorarlberg
Groß war die Aufregung, als 2018 ein retuschiertes Bild von Bundeskanzler Kurz und Vorarlbergs LH Markus Wallner auftauchte. Nun ist dieser Fall neben Beispielen aus Deutschland und den USA Teil einer Studie von Forschern aus München und Wien.
Archiv: Photoshop-Affäre um Kurz

Kanzler Kurz und Landeshauptmann Markus Wallner trafen sich damals im Dornbirner Gasthaus Gemsle zum Abendessen. Ein Detail im Hintergrund fiel dabei auf: An der Wand hängt ein Bild einer Frau, die eine Zigarre raucht. Dem Anschein nach handelt es sich um eine kubanische Zigarrenrollerin, kann aber auf den ersten Blick auch für eine Dame mit Joint gehalten werden. Grund genug für das Medienteam des Landes, dementsprechend zu reagieren: Das Originalbild wurde gelöscht, bearbeitet und neu hochgeladen - nun zeigte das Bild im Hintergrund plötzlich ein Alpenpanorama, wie VOL.AT im April 2018 berichtete.

Der Fall aus Vorarlberg und weitere ähnlich gelagerte Begebenheiten aus Bayern und dem US-Wahlkampf wurden zum Anlass für eine Studie mit 361 Teilnehmern genommen.

Studie: Manipulierte Politikerbilder können Einstellungen formen

In Zeiten von "Message Control" und dem gezielten Zimmern öffentlicher Images wird der Komposition von PR-Fotos große Aufmerksamkeit geschenkt. Passen Details im Hintergrund nicht in das gewünschte Schema, wird mitunter durch Bildmanipulation nachgeholfen. Für Politiker könnte sich diese Praxis einer Studie von Forschern aus München und Wien zufolge durchaus auszahlen.

Dame mit "Joint" durch Landschaft ersetzt

Groß war die Erregung in Social Media-Kanälen, als 2018 ein nach der Veröffentlichung auf Facebook retuschiertes Bild von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) auftauchte. Neben den beiden in einem Dornbirner Gasthaus zusammensitzenden Politikern prangte nämlich ein Bild einer Asiatin mit einer langen Zigarre im Mund an der Wand. Da diese allerdings mit einem Joint verwechselt werden konnte - so die spätere Befürchtung - wurde das Bild im Bild kurzerhand ersetzt: Statt der rauchenden Frau war dann eine unauffällige Landschaftsaufnahme zu sehen.

Bearbeitungen meist vor Veröffentlichung

In der Regel werden derartige Bearbeitungen vor der Veröffentlichung vorgenommen, was das Erkennen von nachbearbeiteten sogenannten "Subtle backdrop cues" (SBC; auf Deutsch in etwa "subtile Hintergrundreize") im Regelfall nahezu unmöglich macht. Es ist aber davon auszugehen, dass es sich um eine weitverbreitete Praxis handelt.

Viorela Dan vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität München und Florian Arendt vom Institut für Publizistik der Universität Wien haben diesen Fall aus Österreich und weitere ähnlich gelagerte Begebenheiten aus Bayern und dem US-Wahlkampf zum Anlass für eine Studie mit 361 Teilnehmern genommen. Die Frage dahinter war, ob es mit solchen SBCs tatsächlich gelingt, in der politischen Kommunikation den Blick auf eine ideologische Botschaft zu lenken. Ein bisher noch wenig untersuchtes Gebiet, wie die Wissenschafter in ihrer Arbeit im Fachmagazin "The International Journal of Press/Politics" schreiben.

Forscher bauten Twitter-Account von fiktivem Politiker auf

Zu diesem Zweck bauten sie ein Twitter-Profil des fiktiven deutschen Politikers Peter Behrens auf, der sich gerade im Wahlkampf befindet. Bei jeweils gleichem Tweet-Text veränderten die Forscher Teile des Hintergrundes der verwendeten Bilder. Die Symbolik veränderte sich dadurch immer leicht in Richtung konservativ oder liberal. So war auf einem Bild von einem Sommerfest in einer deutschen Kleinstadt einmal eine Europa- und einmal eine Deutschlandflagge zu sehen. Bei einem Bild aus Behrens' Büro war auf einem Foto im Hintergrund entweder seine Frau bei der Arbeit oder am Herd zu sehen.

Der Großteil der Versuchsteilnehmer setzte sich im Rahmen des Experiments jeweils mit einem fingierten Twitter-Profil auseinander. Diese unterschieden sich nur durch die bearbeiteten Bildhintergründe, die sich in eine politische Richtung neigten, die Texte blieben jeweils gleich. Danach wurden sie darüber befragt, welchem politischen Lager der erfundene Politiker eher angehört, wie stark sie sich damit identifizieren können und ob sie sich vorstellen könnten, Behrens zu wählen.

In der Analyse stellte sich heraus, dass die SBCs tatsächlich dabei halfen, die ideologische Ausrichtung des Politikers zu erkennen. Deckte sich die politische Einstellung der Studienteilnehmer mit jener, auf die Behrens Online-Auftritt hinwies, waren die Versuchspersonen auch eher gewillt dem Politiker ihre Stimme zu geben.

Es handle sich hier um die ersten Belege dafür, dass solche bildhaften Hinweise tatsächlich eine messbare Wirkung entfalten können, so die beiden Wissenschafter. Unter Umständen könne es sich also für Politstrategen auszahlen, sich dieser ethisch eher fragwürdigen Methode zu bedienen.

(APA)

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