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Kritische Feuerbrand-Situation für Vorarlbergs Erwerbsobstbauern

Nach Spätfrösten im Vorjahr nun hohes Infektionsrisiko für Pflanzenkrankheit
Nach Spätfrösten im Vorjahr nun hohes Infektionsrisiko für Pflanzenkrankheit ©VOL.AT/Steurer
Die warmen Tage mitten in der Kernobstblüte lassen in Vorarlbergs Obstplantagen einen massiven Feuerbrand-Befall erwarten.

Sechs Obstbauern erhielten daher nun die Erlaubnis, das umstrittene Antibiotikum Streptomycin einzusetzen, so die ARGE Erwerbsobstbauern und die Landwirtschaftkammer (LWK) in einer Aussendung. Seit Jahren fehlten reguläre Zulassungen für Alternativmittel, beklagten sie.

Vor einem Jahr froren den Bauern in frostigen Nächten die Obstblüten weg. Auch 2018 könnte schwierig werden: Temperaturen jenseits der 25 Grad und das über Tage hinweg bedeuteten ideale Bedingungen für das Feuerbrand-Bakterium, das zum Absterben der Bäume führt. In Blütenproben und über Prognosemodelle hätten sich teilweise extreme Befallswerte bis zum Dreifachen des Grenzwerts ergeben, so LWK-Obstbaureferent Ulrich Höfert. “Da ist schon mit gröberen Schäden zu rechnen. Eine solche Situation hatten wir seit Jahren nicht”, sagte der Experte. Erwerbsobstbauern-Obmann Jens Blum befürchtete gar großflächige Rodungen wie 2007. Nächste Woche werde man bei Birnbäumen abschätzen können, wie dramatisch die Lage tatsächlich ist, bei den Äpfeln dauert es noch etwas länger.

Sechs Obstbauern durften Streptomycin einsetzen

Stufe 5 des fünfteiligen Vorarlberger Gefahrenstufenplans wurde ausgerufen, sechs Obstbauern durften Streptomycin einsetzen. Das Mittel wurde vor allem bei extrem gefährdeten Birnenanlagen in Gemeinden am Bodensee eingesetzt. Die meisten Anlagen habe man aber über Notfallzulassungen mit Alternativmitteln aus Algenextrakten, mit Kalialaun usw. behandelt, für die es aber auch elf Jahre nach dem großen Feuerbrand-Jahr 2007 keine reguläre Pflanzenschutzmittel-Zulassung gebe, so Höfert. Weil der Bund die Auflagen verschärft habe, sei den Herstellern das Verfahren nun zu teuer. So wurden für Deutschland reguläre Zulassungen erwirkt, nicht aber für Österreich.

“Der Bund hat große Anstrengungen in der Feuerbrand-Forschung unternommen, aber das muss jetzt auch endlich in der Praxis ankommen”, drängte Höfert. So gebe es etwa einen EU-Topf, aus dem Zulassungen bezahlt werden könnten, doch der sei leer. “Es stellt sich schon die Frage, ob das nicht die öffentliche Hand zahlen sollte, denn die Schäden bezahlt letztlich auch die Allgemeinheit”, so Höfert. Viele der Alternativmittel, die in Versuchen passable Wirkung zeigten, seien zu wenig unter ernsten Bedingungen eingesetzt worden, weil die rechtliche Grundlage fehle – zumindest das werde man heuer wohl sehen. Ziel sei weiterhin, auf Streptomycin völlig zu verzichten.

“Es ist bald nicht mehr lustig”

Die Obstbauern litten sehr unter der Situation. “Bald jedes Jahr Wetterextreme, Ernteausfälle und Investitionen in mechanische Unkrautvernichtung wegen des Glyphosatverbots – es ist bald nicht mehr lustig. Da leben ja Familien davon”, erinnerte Höfert. Mehr Unterstützung erwarte man sich auch vom Handel. Es müssten endlich robustere Apfelsorten in Anbau und Vermarktung gelangen, denn gerade die beliebten Sorten Topas und Gala seien sehr anfällig für Feuerbrand. Hier sei ein Umdenken angebracht, von den Baumschulen, über die Bauern, die Handelsketten bis hin zum Konsumenten.

In den vergangenen Jahren hätten zudem viele der Gemeinden ihre Maßnahmen gegen die Pflanzenseuche stark zurückgefahren, so Höfert. Hätten diese vor einigen Jahren mit Kontrollen, Aufklärung, in der Befallsbekämpfung und mit Nachpflanzaktionen ihren Beitrag geleistet, gebe es nun Kommunen, die das nahezu völlig eingestellt haben. Auch Private könnten ihren Beitrag leisten, indem sie ihren Bestand kontrollierten und “Bakterienschleudern” in ihrem Garten fällten und beseitigten.

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