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Krawatten-Mordprozess: 18 Jahre Haft

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Der 46-jährige Chinese ist am Donnerstag wegen Mordes im Wiener Straflandesgericht zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Sowohl Angeklagter als auch Staatsanwalt erbaten Bedenkzeit. Der 46-Jährige hatte auf Notwehr beziehungsweise Notwehrüberschreitung plädiert. Das Schwurgericht (Vorsitz: Birgit Schneider) befand eine Verurteilung nach diesen Kriterien jedoch als zu mild. Die Haftstrafe wurde als Zusatzstrafe zu einer Strafe von 21 Monaten ausgesprochen, die der Angeklagte in Großbritannien erhalten hatte und von der noch sechs Monate offen sind.

Die Vorgeschichte:

Fast 15 Jahre nach dem Mord an einem chinesischen Koch in Wien-Favoriten musste sich der mutmaßliche Täter heute, Donnerstag, vor Geschworenen im Wiener Straflandesgericht verantworten. „Er hat am 14. September 1992 Chen-Hua Chow vorsätzlich getötet, indem er ihm vorerst mit einem Metallrohr zirka 30 Schläge versetzte, in weiterer Folge acht Messerstiche im Bereich des Brustkorbes, des linken Oberarmes sowie des linken Beines zufügte und ihn schließlich mit einer Krawatte erdrosselte“, lautete der Kern der Anklage.

Dem Opfer dürfte es zum Verhängnis geworden sein, dass er seiner Schwester, von der er sich geschäftlich übervorteilt führte, einen „Denkzettel“ verpassen wollte. Der ehemalige Lokalbesitzer, der sich zuletzt als Koch bei seinem Schwager verdingte, hatte damit Li-Ping H. (46) beauftragt, dem er dafür umgerechnet 14.500 Euro in Aussicht stellte.

Li-Ping H. spielte allerdings ein doppeltes Spiel: Er wandte sich an die Schwester und versprach, sie gegen entsprechendes Entgelt unbehelligt zu lassen. Anschließend machte er seinem Auftraggeber vor, dessen Wunsch erfüllt zu haben. Die beiden Männer gingen zur Bank, wo Chen-Hua Chow aber nur einen Teil der im Raum stehenden Summe behob. Laut Anklage kam es zu einem Streit, als Li-Ping H. die Geldsumme einforderte. Man ging schließlich in die Wohnung des damals 47-jährigen Mannes, um doch noch auf einen „grünen Zweig“ zu kommen.

„Nachdem Chen-Hua Chow sich vermutlich weiterhin weigerte, Li-Peng H. einen Teil oder auch den gesamten vereinbarten Geldbetrag zu bezahlen, eskalierte die Auseinandersetzung dermaßen, dass der Beschuldigte schließlich beschloss, Chen-Hua Chow zu töten“, hieß es in der Anklageschrift. Den Großteil der Schläge mit dem Metallrohr soll er dabei gegen den Kopf des Opfers geführt haben, das zum Tatzeitpunkt einen Gipsverband trug und sich daher unzureichend wehren konnte.

Nach heftigen Stichen mit einem Fixiermesser soll der Angeklagte den Mann am Ende mit dessen eigener Krawatte erdrosselt und den Tatort mit den zuvor von diesem abgehobenen 8.000 Euro verlassen haben. Er setzte sich nach England ab, wo er bis zuletzt als Koch arbeitete.

Das Verbrechen schien bereits endgültig als ungeklärt zu den Akten zu wandern, als sich der Angeklagte in Großbritannien wegen eines anderen Deliktes strafbar machte und ein später DNA-Treffer doch noch auf die Spur des mutmaßlichen Mörders führte. Am Tatort war unter anderem das Fixiermesser zurück geblieben, auf dem sich die genetischen Fingerabdrücke des zunächst Unbekannten fanden.

Verteidiger Ernst Schillhammer plädierte auf Notwehr: „Es war ein Kampf um Leben und Tod“, beteuerte der Angeklagte immer wieder. Den ihm vorgehaltenen Tatgrund wies der Mann als „frei erfunden“ zurück. Er kenne die Frau nicht, der er angeblich einen „Denkzettel“ verpassen hätte sollen. „Hätte ich mich nicht gewehrt, wäre ich der Ermordete“, gab er zu Protokoll. Bei einer Verurteilung droht dem Mann eine lebenslängliche Haftstrafe. Das Urteil wird für den Nachmittag erwartet.

“Es war ein Kampf um Leben und Tod”

Während der Verhandlung im Straflandesgericht in Wien bekannte sich der Angeklagte Li-Ping H. (46) zwar „nicht schuldig“, räumte aber immer wieder ein, dass er für den Tod von Chen-Hua Chow (47) verantwortlich gewesen sei: „Es war ein Kampf um Leben und Tod. Hätte ich mich nicht gewehrt, wäre ich der Ermordete.“

Die von Staatsanwältin Michaela Schnell zu Protokoll gegebene Vorgeschichte, er habe sein Opfer umgebracht, weil es ihm Geld nach einem Auftrag – er hätte der Ex-Freundin des Ermordeten einen „Denkzettel“ verpassen sollen – schuldete, wies der Angeklagte als „frei erfunden“ zurück. Er kenne die betroffene Frau gar nicht.

Der Angeklagte gab zu Protokoll, es sei bei dem der Tat vorangegangenen Streit um Geld gegangen, welches sein späteres Opfer ihm geschuldet haben soll. Er habe dem Ermordeten umgerechnet 8.721 Euro gegeben, damit dieser das Geld seiner Familie in China zukommen lasse. Chen-Hua Chow soll den Betrag jedoch als „Playboy“ verprasst haben.

Im Laufe der Auseinandersetzung sei es zu einer „Rauferei“ gekommen, der Ermordete habe zu einem Messer greifen wollen, sagte der Angeklagte. Daraufhin habe Li-Ping H. versucht, zuerst an die Waffe heranzukommen. Das sei ihm auch gelungen. Mehrmals habe der Mann laut eigenen Angaben dann mit dem Messer „herumgefuchtelt“ und seinen Kontrahenten auch getroffen. Dieser hätte mit einem Metallrohr auf ihn einschlagen wollen. Diese Waffe eignete sich der Beschuldigte ebenfalls an, schlug seinem bereits verletzten Opfer damit mehrmals auf den Kopf.

Während der Rangelei habe Li-Ping H. seinen Gegner dann „zufällig an der Krawatte gepackt“ und ihn erdrosselt. Die Zufälligkeit dieser Handlung konnte Gerichtsgutachter Wolfgang Denk nicht bestätigen. Die Krawatte habe einen Doppelknoten aufgewiesen, wie man ihn auch beim Schnüren von Schuhen macht. Dies deute darauf hin, dass das Kleidungsstück als Strangulationswerkzeug missbraucht wurde.

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