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Kopf: "Kündigungen erleichtern"

Der Kündigungsschutz muss weg: Das fordert der Generalsekretär des Wirtschaftsbundes, Karlheinz Kopf (ÖVP), im "VN"-Interview. Kopf geht davon aus, dass dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.

„Die Dänen haben mit einer radikalen Abschaffung des Kündigungsschutzes eine Halbierung der Arbeitslosenquote erreicht“, argumentiert der Vorarlberger: „Vor allem die kleinen und mittleren Betriebe sind eher bereit, jemanden einzustellen, wenn sie wissen, dass sie sich bei einem Auslastungsproblem leichter von ihm trennen können.“

Für die Vorarlberger Industriellenvereinigung ist unterdessen Arbeitszeit-Flexibilisierung ein Gebot der Stunde: „Auftragsspitzen, die wir mit längerer Arbeitszeit auf Basis von Durchrechnung abdecken können, statt dafür Überstundenzuschläge bezahlen zu müssen, helfen unseren Unternehmen Kosten sparen. Eine Senkung unserer Kostengefüge ist aber unverzichtbar, wenn wir am Standort bestehen und wettbewerbsfähig bleiben wollen“, erklärte gestern Industriellen-Präsident DI Jürg Zumobel.

“VN”-Interview mit Karlheinz Kopf

VN: Vor einem Jahr war die Arbeitszeit-Flexibilisierung das große Thema. Nur: Geändert hat sich nichts.

Kopf: Das stimmt. Es gibt aber eine Erklärung dafür: Nach der öffentlichen Diskussion hat man sich darauf verständigt, dass die Sozialpartner ein Konzept entwickeln sollen. Im Moment läuft die Analyse. In der zweiten Jahreshälfte sollen Lösungen vorgelegt werden. Ich habe keine Freude damit. Die Arbeitslosenzahlen steigen weiter. Aus zwei Gründen: Wir brauchen mehr Innovation, und wir brauchen außerdem mehr Flexibilität. Da geht es um die Arbeitszeit und das Arbeitsrecht.

VN: Wie flexibel sollte die Arbeitszeit werden?

Kopf: Das Arbeitszeitgesetz sollte eine Jahresdurchrechnung ermöglichen. Das heißt, in Spitzenwochen sollten bis zu 60 Stunden möglich sein, im Jahreschnitt dürfen es nicht mehr als 40 Stunden sein.

VN: Und was soll man sich unter einem flexibleren Arbeitsrecht vorstellen?

Kopf: Die Dänen haben mit einer radikalen Abschaffung des Kündigungsschutzes eine Halbierung der Arbeitslosenquote erreicht. Vor allem die kleinen und mittleren Betriebe sind eher bereit, jemanden einzustellen, wenn sie wissen, dass sie sich bei einem Auslastungsproblem leichter von ihm trennen können.

VN: Auch in Österreich soll der Kündigungsschutz beseitigt werden?

Kopf: Ich will nicht missverstanden werden: Das Ziel lautet nicht, jemanden zu kündigen, sondern, Hürden zu beseitigen, die einen Betrieb ganz offensichtlich daran hindern, jemanden einzustellen. Das ist eine emotionale Frage, wie sich in Dänemark zeigt. Die Kündigungsfristen selbst sind dort übrigens nicht gestrichen, sondern verlängert worden.

VN: Ist der Kündigungsschutz ein solch großes Problem?

Kopf: In Deutschland kann man praktisch nicht kündigen. In Österreich ist es nicht ganz so dramatisch.

VN: Das „Arbeitsmarktservice“ (AMS) ist in Vorarlberg zuletzt unter Beschuss geraten

Kopf: Ä das AMS hat viele gute Mitarbeiter. Ich habe aber das Gefühl, dass von der Spitze her zu wenig Bereitschaft besteht, in der Vermittlung neue Wege zu gehen. Zum Beispiel, auf Unternehmen zuzugehen, um Arbeitsmöglichkeiten zu finden.

VN: Ist das ein Anlass für eine AMS-Reform?

Kopf: Nein, das ist eine Managementfrage des AMS. Dort ist man gefordert.

ZUR PERSON

Karlheinz Kopf
Generalsekretär des Wirtschaftsbundes
Geboren: am 27. Juni 1957 in Hohenems
Ausbildung: Volksschule in Altach, Gymnasium (Mehrerau), Handelsschule in Bregenz, Bundesheer
Laufbahn: u.a. Personalchef bei „Huber Tricot“ (1976-1993); Geschäftsführer Sportbau Walser (1993); seit 1994 ÖVP-Nationalrat; Präsident des Vlbg. Fußballverbandes, stv. Obmann der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft
Familie: verheiratet; eine Tochter


SPÖ: Finger weg von Arbeitnehmerrechten

„Der Mulitfunktionär Karlheinz Kopf muss im Sommer wohl wieder seine alljährlichen Beiträge zum Abbau von Arbeitnehmerrechten von sich geben. Die Streichung des Kündigungsschutzes, so wie von Kopf gefordert, wird unsererseits jedenfalls massiv abgelehnt, weil dadurch kein einziger zusätzlicher Arbeitsplatz geschaffen wird“, reagiert der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion LAbg. Werner Posch auf die gefährlichen Forderungen des Generalsekretärs des Wirtschaftsbundes.

Es wäre besser, so Posch, wenn sich Kopf um die Ankurbelung der Konjunktur in Österreich kümmern würde und nicht darum, Arbeitnehmer gleichsam als Freiwild dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls seien die Argumente Kopfs, wonach die Arbeitslosigkeit nach Abschaffung des Kündigungsschutzes sinken werde, hanebüchen. „Ich weiß nicht, wie durch die Streichung des Kündigungsschutzes ein Arbeitsplatz mehr geschaffen werden soll“, so Posch.

Posch ist der Ansicht, dass, sollten die Ideen Kopfs beim Gesetzgeber Gehör finden, der Willkür Tür und Tor geöffnet werden würde. Arbeitnehmer müssten jederzeit mit einer Kündigung rechnen. Eine Lebensplanung werde dadurch verunmöglicht. Dazu meint Posch abschließend: „Die Arbeitsplatzwechsel würden drastisch zunehmen. Die Gefahr, in Armut abzusinken, würde drastisch erhöht und schlussendlich wird eine Planung für das eigene Leben massiv erschwert. Vielleicht sollte der Herr Generalsekretär mal um ein Eck weiterdenken. Dann würde in ihm das Licht aufgehen, dass durch seine Vorschläge die Kaufkraft sinkt, die Wirtschaft stagniert und der Arbeitsmarkt noch angespannter wird.“ (Quelle: Sozialdemokratischer Landtagsclub)


AK: Mehr Arbeitsplätze statt weniger Arbeitsrecht

Als unnötige Irritation bezeichnet Arbeiterkammer-Präsident Josef Fink die Forderung von Wirtschaftsbundnationalrat Karlheinz Kopf nach einem weiteren Abbau von Arbeitnehmerrechten. „Dass damit einfach Arbeitsplätze entstehen, ist eine grobe Vernachlässigung von makroökonomischen Tatsachen und bezeichnend für die Schlichtheit der Argumentation des Wirtschaftsbundes“, kritisiert Fink. Kopfs Argumentation wäre aus deutscher Sicht verständlich, keinesfalls aber aus der Position eines österreichischen Abgeordneten. Insbesondere der Vergleich Österreichs mit Dänemark hinkt in mehrfacher Hinsicht. Dänemark hat heute trotz aller Erfolge in wirtschaftspolitischer Hinsicht immer noch eine höhere Arbeitslosigkeit als Österreich. Fink: „Das sollte sich eigentlich auch bis zum Wirtschaftsbund durchgesprochen haben.“ Zudem hat Dänemark bezüglich der Kündigungsmöglichkeiten ein durchaus mit Österreich vergleichbares Recht. Dänemark unterscheidet sich von Österreich aber jedenfalls hinsichtlich der weitaus längeren Kündigungsfristen und der viel besseren sozialen Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit. Dänische Arbeitnehmer erhalten bei Arbeitslosigkeit bis zu vier Jahre bis zu 90 % ihres letzten Gehalts.

„Es ist schon einigermaßen seltsam, dass der Wirtschaftsbund eines der Länder mit den höchsten Arbeitskosten aber auch der höchsten Steuerbelastung Europas als Vorbild für Österreich bemüht,“ stellt Fink fest. Immerhin liegt der Körperschaftssteuersatz dort bei 30 % und die persönlichen Einkommen werden ab einem Jahreseinkommen von rund 27.000 Euro bereit mit 59,8 % besteuert. Dazu kommen noch die höchsten Verbrauchssteuern Europas, und eine Sondersteuer auf Autos, die dazu führt, dass in Dänemark heute die mit Abstand ältesten Autos Europas unterwegs sind. Fink: „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass unsere Arbeitnehmer ein derartiges System wollen, wie es dem Wirtschaftsbund jetzt offenbar vorschwebt.“ (Quelle: AK Vorarlberg)

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