Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Montagvormittag das aus ÖVP- und FPÖ-Repräsentanten bestehende Kabinett angelobt. Damit wird das Land ab sofort politisch von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) geführt. Keine saure Miene – wie dereinst von Staatsoberhaupt Thomas Klestil bei der Angelobung von Schwarz-Blau I – hat es bei der Ernennung gegeben: Die Zeremonie lief feierlich, aber insgesamt auch ziemlich gelöst ab.
Neue Regierung von Van der Bellen offiziell angelobt
Die Regierung besteht aus 14 Ministern. Dazu kommen noch zwei Staatssekretäre. Sie bejahten allesamt die Gelöbnisformel, mit der sie versicherten, Bundesverfassung und alle Gesetze der Republik Österreich getreulich zu beobachten und die mit Ihrem Amt verbundenen Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Einzelne Minister wie Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) oder Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) fügten an die Formel noch den Zusatz “so wahr mir Gott helfe” an.
Ungewöhnlich an der Angelobung war zweierlei. Erstens verzichtet Van der Bellen darauf, die Titel der Regierungsmitglieder vorzulesen (“Das ist mir zu umständlich”) und zweitens begnügte er sich nicht damit, einfach die Gelöbnisformel abzunehmen sondern wechselte mit jedem Minister und Staatssekretär auch noch einige persönliche Worte.
Van der Bellen: Hoppalas bei Regierungsangelobung
Im Rahmen der Regierungsangelobung passierten Van der Bellen dann aber doch ein paar Hoppalas, die für Schmunzeln bei den Anwesenden in der Präsidentschaftskanzlei sorgten: Beim Handschlag und Gelöbnis hätte er Strache fast übersehen.
Das zweite Hoppala passierte dem Bundespräsidenten dann, als er vorzeitig zu Erfrischungen bitten wollte und beinahe auf die Unterzeichnung der Ernennungsdekrete der neuen Ministerinnen und Minister vergessen hätte. Die neue Regierung nahm es mit Humor, während sich der Bundespräsident kurz an den Kopf griff.
Lobende Worte für kooperatives Arbeiten
Im Rahmen der Angelobung lobte das Staatsoberhaupt, die neue Regierungsspitze in den Gesprächen der vergangenen Wochen kooperativ und lösungsorientiert kennengelernt zu haben. Man habe gemeinsam intensiv daran gearbeitet, tragfähige Lösungen zu finden. Dies sei gelungen, das schätze er sehr “und so muss eine Bundesregierung auch arbeiten”.
Freilich zeigt der Bundespräsident auch Verständnis für jene, die der Regierung skeptisch oder ablehnend gegenüber stehen: “Es ist in einer Demokratie eben so, dass unterschiedliche Meinungen existieren.”
Günstige Bedingungen für neue Regierung
Die neue Regierung tritt nach Einschätzung des Staatsoberhaupts unter sehr günstigen Voraussetzungen an, habe sich die Wirtschaft doch günstig entwickelt. Aufgabe des Kabinetts sei nun, diese günstigen Rahmenbedingungen zu nützen und zum sozialen Frieden beizutragen.
Von der Regierung erwartet er, die Verantwortung für Österreichs gemeinsame Geschichte zu übernehmen, “für helle wie für dunkle Seiten”. Ferner forderte Van der Bellen Achtsamkeit beim Gebrauch der Sprache ein. Es brauche auch Respekt vor Andersdenken und Minderheitenrechte: “Am Umgang mit den Schwächsten zeigt sich, was unsere Werte wirklich wert sind.” Respekt müsse es auch vor den Rechten von Kindern und Jugendlichen geben.
Positiv sieht der Präsident, dass bei den Koalitionsverhandlungen wichtige Punkte außer Streit gestellt wurden. Dazu zählt er das Bekenntnis zur EU wie zu einer Kontinuität in der Außenpolitik insgesamt sowie die Feststellung, dass die Einhaltung von Grund- und Freiheitsrechten ein wichtiges Grundprinzip sei. Wesentlich ist dem Präsidenten auch die klare Gewaltenteilung zwischen den sensiblen Bereichen Justiz und Inneres. Schließlich lobte Van der Bellen die sorgsame Vorbereitung beim Ausbau der direkten Demokratie.
Demo: 5.500 Personen protestierten am Heldenplatz
Rund 5.500 Personen haben am Wiener Heldenplatz gegen die Angelobung der schwarz-blauen Koalition demonstriert. Zu gröberen Zwischenfällen kam es dabei laut Polizeisprecher Patrick Maierhofer nicht. Gegen 12.00 Uhr setzte bereits eine Abstrombewegung ein.
Laut Polizei wurden ein paar Böller geworfen, was aber bald unterbunden wurde. “Nach vermehrtem Bewurf mit pyrotechnischen Gegenständen erfolgt vor Ort die Aufforderung, dies einzustellen”, twitterte die Polizei Wien. Kurzfristig versuchten die Demonstranten zudem, am Heldenplatz ein Feuer zu entzünden, das von den Beamten der Spezialeinheit Wega aber umgehend wieder gelöscht wurde.
Enormes Medieninteresse rund um Angelobung
Rund um die Angelobung hat ein enormes Medieninteresse geherrscht. Dutzende nationale und internationale Medienvertreter begleiteten die frisch angelobte Regierung von der Präsidentschaftskanzlei quer über den Ballhausplatz ins Kanzleramt. Dabei kamen die neuen Regierungsmitglieder nur langsam voran, teilweise kam es zu chaotischen Szenen: Den frisch angelobten Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erwischte ein Richtmikrofon am Kopf, worauf hin er seine Brille vom Asphalt aufheben musste.
FPÖ-Vizeparteichef und Infrastrukturminister Norbert Hofer freute sich ein paar Meter hinten, dass er sich weiter hinten quasi getarnt hatte. Die Angelobung sei ein würdiger und schöner Festakt gewesen, zeigte er sich angetan.
Auch die anderen neuen Regierungsmitglieder sprachen von einem schönen, stimmungsvollen Festakt, wie es etwa der neue Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ausdrückte. Der neue Justizminister Josef Moser (ÖVP) gab sich von den Protesten rund um die Angelobung unbeeindruckt, man werde die Kritiker mit Arbeit überzeugen. Als erstes Projekt will er sich die Rechtsbereinigung vornehmen. Für die neue Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zentral, wie sie erklärte.
Der nunmehrige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) betonte, “ich bin mir der Verantwortung bewusst”. Kritik daran, dass Innenministerium und Verteidigungsministerium in der Hand einer Partei liegen, kann er nicht nachvollziehen, sei dies doch schon früher auch schon der Fall gewesen. Sein Parteikollege Mario Kunasek sprach von einer großen Verantwortung, die er als Verteidigungsminister übernehme. Die Frage der Eurofighter werde nicht heute, sondern in den nächsten Monaten zu klären sein.
LIVE: Alle Geschehnisse zur Regierungsangelobung
VIENNA.at informiert Sie heute über das Geschehen: Wir berichten im LIVE-Blog rund um die Angelobung der neuen Koalition.
(APA/Red)
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