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Klimakonferenz: "Keine Zeit zu verlieren"

Die Elite der Klimaforscher hat sich am Donnerstag in einem dramatischen Appell an die auf Bali versammelte Staatengemeinschaft gewandt.

Es sei genug geredet worden, heißt es in dem Appell der 213 Wissenschafter. Jetzt müsse gehandelt und der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen bis 2050 halbiert werden. „Es gibt keine Zeit zu verlieren.“

Dem Vorschlag einer Halbierung der Emissionen bis 2050 könnte nach Einschätzung der Wissenschafter die globale Erwärmung auf zwei Grad oberhalb der Durchschnittswerte bremsen, wie sie vor der Industrialisierung bestanden. Dies würde die Welt vor existenziellen Folgen des Klimawandels bewahren wie steigende Meeresspiegel, Dürre und Artentod. Dieses Zwei-Grad-Ziel wurde auch von der Europäischen Union übernommen.

Hinter dem Appell der 213 Forscher stehe das gesamte Gewicht der internationalen Wissenschaft, sagte der australische Klimatologe Matthew England. Zu den Unterzeichnern gehören zahlreiche Autoren von Berichten des Weltklimarats (IPCC) und weitere Wissenschafter aus mehr als 25 Ländern. Der Appell mache deutlich, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft jetzt wirklich die Nase voll habe und von der Politik endlich radikales Handeln erwarte, sagte Andrew Weaver von der kanadischen Universität Victoria. „Die Zeit für halbherzige Maßnahmen und freiwillige Vereinbarungen ist vorbei“, sagte der NASA-Wissenschafter und Mitunterzeichner Gavin Schmidt.

Auch diplomatisch geriet die Delegation der USA unter wachsenden Druck, sich endlich verbindlichen Grenzwerten anzuschließen. Australien unterstützte am Donnerstag die Forderung, die Emissionen bis 2020 auf 40 Prozent unter die 1990 gemessenen Werte zu drücken. Den 2012 auslaufenden Kyoto-Vertrag hat die neue sozialdemokratische Regierung in Australien jetzt ebenfalls unterzeichnet und damit die bisherige gemeinsame Position mit den USA verlassen. Der Staatssekretär im US-Außenministerium, Nicholas Burns, sagte am Donnerstag, seine Delegation werde sich diesem Druck nicht beugen.

Der Druck kommt allerdings auch zunehmend aus dem eigenen Land. Der Umweltausschuss des Senats billigte am Mittwoch ein Gesetz, das die Drosselung der Treibhausgasemissionen von Kraftwerken, Industrieproduktion und Autoverkehr bis 2050 um 70 Prozent vorsieht. Die Gesetzesvorlage geht nun an das Plenum des Senats. „Das ist eine sehr willkommene Entwicklung“, sagte auf Bali Alden Meyer von der Union Besorgter Wissenschafter. „Dies zeigt die wachsende Isolierung der Regierung Bush in dieser Frage.“ Auf Bali werden die USA mit ihrer Position für freiwillige Zielvorgaben noch von Japan unterstützt.

Die Delegationen von mehreren Entwicklungsländern forderten am Donnerstag einen raschen Technologietransfer im Kampf gegen die globale Erwärmung. Sie benötigten wissenschaftliche Fachkenntnisse, um die Umweltverschmutzung zu reduzieren und Energie effizienter zu nutzen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Auf Bali beraten Delegationen von rund 190 Staaten bis zum 14. Dezember über ein neues Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012. Ziel der Konferenz ist ein Fahrplan für das neue Abkommen, das bis Jahr 2009 unterzeichnet werden soll. An der Konferenz nehmen 10.000 Experten, Umweltschützer und Journalisten teil. In der nächsten Woche wird auch der frühere US-Vizepräsident Al Gore erwartet, der für seine Bemühungen um den Klimaschutz zusammen mit dem Weltklimarat (IPCC) den diesjährigen Friedensnobelpreis erhält.

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