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Klimaaktivist Aaron Wölfling: "Wir werden weiterkämpfen!"

Aaon Wölfling ist an vorderster Front an der "Fridays for Future"-Front.
Aaon Wölfling ist an vorderster Front an der "Fridays for Future"-Front. ©Sams
Lange Zeit habe er in Resignation gelebt, sagt der 18-jährige Dornbirner Aaron Wölfling im Talk mit WANN & WO. Dann kam Fridays For Future – und veränderte sein Leben völlig.

Von Harald Küng/Wann&Wo

WANN & WO: Gleich vorweg: Wo sind deine langen Rastalocken abgeblieben?

Aaron Wölfling: Ja, die sind weg. Ich weiß, I’m sorry. Ich habe mir einfach gedacht, es braucht wieder ein bisschen Veränderung. Ich hatte die Dreads vier Jahre lang und habe sie auch als persönliches Statement gesehen: Man muss nicht „normal“ sein, man kann sein, wie man will. Aber nun habe ich mir gedacht, jetzt ist genug. Die Dinger werden mit der Zeit auch schwer auf dem Kopf. Und eines sage ich dir: Das erste Mal duschen, nachdem sie ab waren, war wirklich göttlich (lacht)!

WANN & WO: Ging es auch darum, ernst genommen zu werden?

Aaron Wölfling: Es stimmt schon, dass man mit Dreadlocks auch viel Ablehnung erfährt, mit Vorurteilen zu tun hat oder belächelt wird. Aber das war nicht ausschlaggebend. Ich lasse mir zudem von gesellschaftlichen Normen nicht meine Haare verbieten (lacht).

WANN & WO: Du bist seit einiger Zeit das Gesicht von Fridays For Future, stehst plötzlich im öffentlichen Interesse. Wie hat sich dein Leben in den vergangenen Monaten verändert?

Aaron Wölfling: Drastisch. Vor etwas mehr als einem Jahr bin ich noch regelrecht in Resignation versunken, habe mir gedacht: Scheiße, niemand denkt darüber nach, wie wir unsere Welt vernichten. Dann kam Fridays For Future und alles hat sich innerhalb kürzester Zeit verändert. Ich war Schulsprecher, habe das Amt aber kürzlich offiziell übergeben, da ich es zeitlich nicht mehr ausüben kann. Ich habe zu Beginn der Bewegung in Vorarlberg mit Alexandra Seybal zusammengearbeitet und zwischendurch das eine oder andere Interview gegeben. Plötzlich begannen die Leute, mich auf der Straße anzusprechen. Das war im ersten Moment schon krass. Ich habe das gar nicht so erwartet. Es war vielleicht auch etwas naiv von mir zu denken, dass es keine Auswirkungen hat, wenn ich mich regelmäßig in den Medien zeige. Mein E-Mail-Account quillt zudem über mit Mails von unterschiedlichsten Menschen, weil die Fridays hoch im Kurs sind und alle mit uns zusammenarbeiten wollen. Mir ging das dann auch alles ein bisschen zu schnell. Aber dann erkannte ich, dass ich endlich die Möglichkeit habe, etwas zu verändern, Einfluss auf die Dinge nehmen und junge Leute dazu motivieren kann, sich zu engagieren. Das ist richtig cool und freut mich sehr. Und es geht mir dadurch auch persönlich viel besser. Zudem erhalte ich viel positives Feedback und Unterstützung von Freunden, Familie, Mitschülern und den unterschiedlichsten Personen.

Wölfling, hier noch mit Dreadlocks.
Sams

WANN & WO: Fridays For Future ist offiziell eine parteifreie Bewegung. Wie verträgt sich das mit deinem Engagement bei der Grünen Jugend?

Aaron Wölfling: Mein Ziel ist es, Klimagerechtigkeit herzustellen. Das ist meine Motivation und das mache ich bei Fridays. Die Bewegung lässt auch keine parteipolitische Einflussnahme zu. Sie steht dafür, die Politik zu zwingen, das 1,5 Grad-Ziel, dass sie versprochen hat, unter Berücksichtigung sozialer Aspekte einzuhalten – nicht mehr und nicht weniger. Fridays fasst das unter dem Begriff „Klimagerechtigkeit“ zusammen. Ich bin in keiner Weise von den Grünen abhängig, kann mich aber mit ihrem Werteverständnis identifizieren. Ich bin kein Politiker, beziehe kein Gehalt und äußere mich auch kritisch, wenn mir etwas nicht passt.

WANN & WO: Als Fridays For Future startete, wurde die Bewegung noch von vielen Seiten belächelt. Inwiefern hat sich die Wahrnehmung geändert?

Aaron Wölfling: Früher hieß es immer, die Jungen wollen sich nicht an der Politik beteiligen. Und was ist jetzt, wo sie es tun? Anstatt auf die Inhalte einzugehen, versuchen viele, davon abzulenken und die Bewegung zu diffamieren, etwa, wenn sie auf Greta Thunberg losgehen. Das ist schon traurig. Wir werden aber immer mehr. Mir fällt dazu auch immer das Zitat von Gandhi ein: Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich – und dann gewinnst du.

WANN & WO: Wo geht die Reise noch hin?

Aaron Wölfling: Wir werden solange weiterkämpfen, bis man unsere Forderungen umsetzt. Wir haben ja keinen riesigen Forderungskatalog. Eigentlich wollen wir ja was ganz Simples: Dass die Regierenden das einhalten, was sie versprechen. Nicht mehr, nicht weniger. Das ist im Grunde ganz einfach. Und die Bewegung wird solange weiterwachsen, bis wir von der Politik erhört werden. Man muss sich ja auch einmal überlegen: Wann hat es in der Geschichte eine Klimabewegung gegeben, angeführt von Jugendlichen, die so eine Dimension hatte? Wir sind jung, wir sind die Zukunft und wir sind viele. Das Potenzial ist gewaltig. Was da alles in so kurzer Zeit passiert ist! Greta Thunberg hat am 20. August 2018 angefangen, sich alleine vor das schwedische Parlament zu setzen. Fridays For Future Vorarlberg hat im Februar dieses Jahres mit 250 Schülern angefangen, Ende September waren es rund 6000! Tendenz steigend.

WANN & WO: Wir sitzen hier heute im BORG Lauterach. Werden Umwelt- und Klimaschutz in deinen Augen im Unterricht ausreichend behandelt?

Aaron Wölfling: Nein. Das Thema wird leider noch viel zu wenig angegangen. Die Frage nach einer lebenswerten Zukunft, ist vor allem eine Bildungsfrage. Das Bildungssystem muss sich radikal verändern. Aktuell ist es dazu da, junge Menschen so zu formen, dass sie später gut in der Wirtschaft einsetzbar sind. Was wir aber für die Zukunft brauchen, sind Leute, die einen tief verankerten ethischen Wertekatalog haben, nach dem sie handeln, um die Gesellschaft von morgen zu bilden. Leute, die sich über die Probleme, die wirklich drastisch sind und vor denen die Menschheit steht, wirklich bewusst sind. Das ist ganz, ganz wichtig. Und da hat ein Ort, wie die Schule, in der wir hier heute sitzen, die riesige Aufgabe, das zu gewährleisten.

WANN & WO: Die Fridays For Future-Bewegung betont ja immer wieder, dass die Gesellschaft von morgen auf manche Dinge verzichten muss. Wie realistisch ist diese Forderung?

Aaron Wölfling: Wir wollen den Leuten nichts wegnehmen oder verbieten, was uns ja immer wieder vorgeworfen wird. Ich bin aber überzeugt davon, dass die Gesellschaft von morgen sich ändern muss. Und dabei muss manch Verhalten zurückgefahren werden. Vor allem von uns privilegierten Menschen sind viele Verhaltensweisen nicht tragbar für die Umwelt. Und da müssen wir reduzieren: Weniger Strom verbrauchen, mehr Öffis nutzen. Es muss aber auch die Anreize dafür geben. Ich will auch niemandem seinen SUV wegnehmen. Ich glaube aber, dass wir ganz vieles Neues dazugewinnen können. Unser Ländle ist so schön, es zu beschützen ist in meinen Augen so etwas Wertvolles. Ich bin dagegen, zu sagen, das verbiete ich jetzt. Aber ich würde den Menschen gerne aufzeigen, dass die Alternative für sie so viel besser sein kann.

(Text: Harald Küng/Wann&Wo)

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