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Klien: "Ersatzfahrer brauchen starken Kopf"

Die Formel-1-Karriere von Christian Klien schien nach der Absage von Force India Ende Jänner beinahe beendet zu sein.

Doch der 25-jährige Vorarlberger ist auch 2008 als dritter Pilot beim Spitzenteam BMW-Sauber wieder mit dabei.

Zudem wird Klien im Juni beim 24-Stunden-Klassiker in Le Mans einen siegfähigen Peugeot 908 pilotieren.

Im APA-Interview erklärte Klien, was er sich von der kommenden Saison erwartet. Zudem machte der junge Österreicher klar, dass die fehlenden F1-Fahrhilfen für ihn keine besondere Herausforderung darstellen und dass er Skirennfahren für einen weit gefährlicheren Sport hält als die Formel 1.

APA: Wie erleichtert und zufrieden sind Sie, dass Sie bei BMW angedockt haben?
Klien: “Wenn dich ein Team engagiert, das Vizeweltmeister bzw. dritte Kraft war, muss man etwas von dir halten. Es tut gut, dass zu wissen. Ich blicke mit 25 Jahren schon auf vier Jahre Formel-1-Erfahrung zurück, kann dem Team also wertvolles Feedback geben.”

APA: Dabei stammt der Satz: ‘Noch ein Jahr als Testfahrer tu ich mir nicht an’, von …
Klien: “… ich weiß. Aber das bezog sich auf die damalige Situation. Ich habe da kein erstrebenswertes Ziel mehr für mich gesehen. In einem Topteam wie BMW-Sauber Test- und Ersatzfahrer zu sein, dazu in Le Mans um den Sieg mitzufahren, ist eine vollkommen andere Ausgangslage.”

APA: Bleibt das Ziel, wieder in einem Renncockpit zu sitzen?
Klien: “Ich sitze bereits im Renncockpit für Le Mans. Natürlich möchte ich auch in der Formel 1 wieder Rennen fahren. Meine Aufgaben bei BMW-Sauber F1 Team werde ich bestmöglichst und mit vollem Einsatz ausüben. Wenn ich bei BMW-Sauber zu einem Renneinsatz gebraucht werde, sitze ich in einem Auto, mit dem ich in den Top-Plätzen mitfahren kann.”

APA: Dafür plagt sich jetzt ihr Landsmann Alexander Wurz mit dem Honda herum. Wo genau war bzw. ist bei ihrem Ex-Team das Problem?
Klien: “Meines Wissens haben die Zahlen und Daten vom Windtunnel nicht mit denen der Strecke übereingestimmt. Honda hat zwei Windtunnels, ein Riesenwerk, genug Budget und Leute und alles hat im vergangenen Jahr nichts geholfen. Umgekehrt hatten sie Ende 2006 das schnellste Auto. Es kann also auch sehr rasch wieder gut funktionieren. Das ist exakt die F1, alle Komponenten müssen perfekt zusammenpassen, um erfolgreich zu sein. ”

APA: Wie ist es nun in einem “deutschen” Team?
Klien: “Ein großer Unterschied. Die Mentalität und die Sprache sind gleich. Ich fahre mit dem Auto eine Stunde zur Firma in Hinwil und zwei Stunden zum Werk in München, alles ist viel schneller erreichbar. Zudem fühlte ich mich bei BMW wie als Heimkehrer, da ich ja zwischen 1999 und 2001 in BMW-Autos den Formel-Rennsport gelernt habe.”

APA: Als Ihnen Force India absagte und stattdessen Fisichella nahm, schien es vorbei zu sein mit der Formel 1?
Klien: “Es war frustrierend, denn von der Performance her war ich der Schnellste. Zumal ich das ganze Jahr 2007 keine Rennen gefahren und wenig getestet hatte.”

APA: Hatten sie sich mit dem Ende der Formel abgefunden?
Klien: “Für 2008 ja. Denn es war zu diesem Zeitpunkt kein Renncockpit mehr frei. Wenn du einmal weg bist aus der F1, ist der Weg zurück fast unmöglich. Es ist wichtig, in dem ganzen Geschäft dabeizubleiben.”

APA: Was ist dann passiert?
Klien: “Es gab zwar Angebote von außerhalb, aber zunächst keines in der Formel 1, weil alle dachten, ich sei fix bei Force India. Beim BMW-Sauber-Angebot musste ich erst klären, ob das mit Peugeot und Le Mans okay geht. Denn ich wollte unbedingt 2008 Rennen fahren. So ist das jetzt ein sehr gutes Programm, dass sich gegenseitig prima ergänzt.”

APA: Das Le-Mans-Projekt stört also BMW nicht?
Klien: “Im Gegenteil. BMW hat Le Mans unter Leitung von Dr. Theissen, selbst schon gewonnen, und kennt daher die Wertigkeit eines solchen Werkseinsatzes. Früher ist man als Testfahrer 20.000 Kilometer gefahren, heute sind es nur noch 7.000. BMW sieht wie Peugeot, dass es ein Vorteil für ihren Fahrer ist, möglichst viel Zeit im Rennwagen und mit den Ingenieuren zu verbringen und dazu noch Rennen zu fahren. Dadurch bleibe ich auch besser rennfit.”

APA: Was ist das Spezielle am Leben eines F1-Ersatzpiloten?
Klien: “Du musst im Kopf sehr stark sein. Denn wenn es passiert, dann sehr schnell und du musst sofort zu hundert Prozent bereit sein. Du solltest also fit sein wie die Rennpiloten, zudem versuche ich alles eng mit den Ingenieuren zu verfolgen. Wenn ein Einsatz kommen sollte, muss ich auch im technischen Bereich up-to-date sein.”

APA: Um wie viel schwieriger wird die Formel 1 ohne elektronische Fahrhilfen ihrer Meinung nach?
Klien: “Ohne Traktionskontrolle wird es vielleicht etwas anspruchsvoller. Es ist aber nicht wirklich eine Riesenumstellung, außer im Regen. Da muss man mehr mit dem Gaspedal spielen. Ich denke aber nicht, dass wir im Normalbetrieb viel mehr Dreher sehen werden. Das sind alles Top-Piloten, die sich schnell anpassen.”

APA: Aber laut einigen Piloten sind extreme Regenrennen ab nun unfahrbar. Sehen sie das auch so?
Klien: “Nein. Ich habe in Barcelona und in Valencia im Regen getestet. Du musst halt mehr aufpassen, wenn du aufs Gas gehst. Es ist aber nicht gefährlicher.”

APA: Werden auch 2008 Ferrari und McLaren dominieren und was ist das Entscheidende in der kommenden WM?
KLien: “Derzeit ist Ferrari voraus, dichtauf folgt McLaren. Dann kommt BMW, Renault, Williams und Red Bull. Dann der Rest. Die Motoren und Getriebe sind eingefroren, alle fahren auf Einheitsreifen. Es geht also hauptsächlich um die Aerodynamik.”

APA: Wann wären sie mit dem Jahr 2008 zufrieden?
Klien: “Zum einen, wenn wir bei BMW-Sauber die Lücke zur Spitze schließen und den ersten Rennsieg einfahren könnten. Zum anderen, wenn wir mit Peugeot die 24 Stunden von Le Mans gewinnen. Diese Möglichkeit ist zu hundert Prozent da, denn ich sitze beim Peugeot-Werksteam in einem siegfähigen Auto.”

APA: “Als Vorarlberger haben sie starken Bezug zum Skifahren. Was sagen sie zum Drama um Matthias Lanzinger?
Klien: “Wahnsinn, echt tragisch. Ich hoffe, der Matthias übersteht es vom Kopf her gut. Mein 16-jähriges Patenkind ist dreifacher österreichischer Schülermeister. Er ist nun schon die zweiter Saison wegen Verletzung ausgefallen, weil wegen des aggressiven Materials so viel passiert. Ich habe Riesenrespekt vor den Skirennfahrern, denn ihr Mut und Können ist außergewöhnlich.”

APA: Ist die Formel 1 tatsächlich sicherer als der alpine Skirennsport?
Klien: “Hundertprozentig! In der Formel 1 passiert ja zum Glück fast nichts mehr. Der Unfall von Robert Kubica in Kanada war extrem, aber die Autos und Rennstrecken sind eben sehr sicher geworden. Da haben die FIA, Autokonstrukteure und die Streckenbauer sehr gute Arbeit geleistet. Da ich selber sehr viel Ski fahre und natürlich den Skirennsport verfolge, wünsche ich mir, dass der Skirennsport sicherer wird.”

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