“Zu klein für ein Einfamilienhaus und zu groß für eine Scheune”, denkt man sich vielleicht im ersten Moment, wenn man vor dem Gebäude steht. Es drängt sich die Frage auf, wie viel Platz ein Mensch beansprucht, der ein Haus ganz für sich alleine baut. „Ich konnte keine geeignete Wohnung finden, die zu mir passt. Ich wollte Platz zum Wohnen und kreativen Arbeiten haben“, erzählt die Bauherrin Julia P. Also entschied sie sich, ein für ihre Bedürfnisse angefertigtes Zuhause im elterlichen Garten zu planen.
Hohe Räume, mehrere Ebenen und Holz waren die einzigen Vorgaben, die sie den Architekten Albert Moosbrugger und Christian Feldkircher mitgab.Die große Herausforderung für die Planer lag darin, was auf der recht überschaubaren Fläche des von den Eltern zur Verfügung gestellten Grundstücks von 260 m2 überhaupt noch gebaut werden konnte. Es sollte zum einen den Vorstellungen der Bauherrin entsprechen und gleichzeitig den behördlichen Auflagen genügen. Auf so kleinem Raum waren die Möglichkeiten schnell ausgereizt – dennoch mussten alle Funktionen untergebracht werden können, ohne dabei die Baukosten aus den Augen zu verlieren. Deswegen wurden bereits vorhandene Synergien mit dem Bestand genutzt, Unnötiges wurde weggelassen und stattdessen gemeinsam nach individuellen Lösungen gesucht.
Entstanden ist ein kleines Haus, das sich selbstbewusst neben dem elterlichen Gebäude behauptet: „Wir arbeiten bei unseren Entwürfen immer stark mit Bildern, die unser Konzept verdeutlichen. Bei diesem Projekt war es ein Foto einer schwimmenden Nilpferdmutter mit ihrem Kind, das für uns eine gewisse Leichtigkeit ausgestrahlt hatte. Das wollten wir auch mit diesem Projekt erreichen. Uns war es wichtig, den Bestand nicht zu ergänzen, sondern ein eigenständig wahrgenommenes Gebäude zu schaffen, das eine gewisse Ähnlichkeit zum Elternhaus besitzt“, so Christian Feldkircher.
Das Objekt besticht vor allem durch seine klare Linie und seine wenigen, sorgfältig ausgewählten Materialien. Die Hülle ist in Holzelementbauweise auf einer massiven Bodenplatte errichtet und außen mit einem vertikalen Holzschirm verkleidet. Durch Vor- und Rücksprünge bekommt die Fassade eine feine Gliederung, ohne dabei unruhig zu wirken oder sich aufzudrängen.
Im Inneren überrascht das Gebäude mit einer Größe, die man von außen nicht vermuten würde. Die zwei parallel zum Bestand aufgestellten Wände und das darauf ruhende Satteldach bilden einen offenen, in Weißtanne gehüllten Großraum, der in einzelne Zonen gegliedert ist. Diese wechseln je nach Funktion den Bodenbelag und treten so in einen dynamischen Dialog mit der Nutzerin. Lediglich das Bad kann durch eine Tür vom Rest abgetrennt werden.
Alle notwendigen Einbauten für Küche, Sanitär- oder Technikräume sind zu einem (weißen) Kern zusammengefasst, der sich wie ein Möbel einfügt. Darüber befindet sich nestartig der Schlafbereich der Bauherrin. Der lichtdurchflutete Innenraum erstreckt sich von Ost nach West und wird stirnseitig von jeweils einer Terrasse verlängert. Optisch verstärkt sich dieser Effekt durch die horizontale Ausrichtung der Holztäfer an Wänden und Decken.
Beheizt wird das Gebäude über eine Solaranlage, die für die Fußbodenheizung und Warmwasseraufbereitung zuständig ist. Unterstützung erhält das Heizsystem durch einen gebrauchten irischen Ofen, ein Fundstück aus dem Bekanntenkreis der Bauherrin. Überhaupt ist das gesamte Inventar ein gelungener Mix aus Maßanfertigung und Secondhand. Das Haus drückt eine gewisse Verspieltheit aus – dennoch ist es klar, aber nicht streng. Die Materialien im Inneren treten bewusst in den Hintergrund, sodass genügend Raum für den eigenen Charakter der Bauherrin und für ihre Kunst bleibt. „Wir wussten, dass es ganz schön bunt wird, wenn Julia einzieht, deswegen nimmt sich das Haus bewusst zurück“, erwähnt Albert Moosbrugger.
Im Garten der Eltern hat Julia gebaut, was der Wohnungsmarkt nicht für sie bereithielt. So hat sie auf ihre Art und Weise großzügig nachverdichtet. Mit exakt 75 m2.
Daten und Fakten
Objekt: Haus für Julia, Lustenau
Bauherr: Julia P.
Architektur: firm ZT-GmbH, Lustenau
Planung: 8/2014–5/2015
Ausführung: 4/2015–1/2016
Grundstückgröße: 260 m²
Wohnnutzfläche: 75 m² (davon 20 m2 Galerie)
Bauweise: Holzelementbauweise auf massiver Bodenplatte; innen mit Täfer aus Weißtanne, außen mit vertikalem Schirm aus Fichte verkleidet; Sparrendach mit Faserzement-Eindeckung; Innenwände aus Dreischicht- platten, weiß gestrichen; dreifach verglaste Holzfenster
Besonderheiten: Der Innenraum besteht, abgesehen vom Badezimmer, aus einem Großraum. Das Haus wird mit Solarpaneelen beheizt, sowohl Bodenheizung als auch Nutz- wasser, unterstützt durch einen (irischen) Dauerbrandofen.
Ausführung: Baumeister: Keckeis, Lustenau; Zimmerer: Huber, Mellau; Fenster: Schwarzmann, Schoppernau; Innenausbau: Tischlerei Moosbrugger, Egg-Großdorf; Schlosser: Figer, Bezau; Textilien: Troy, Bezau; Estrichböden: Vigl Strolz und Floorsysteme Vigl, Schoppernau/Au; Boden: Ludovikus, Lustenau; Heizung/Sanitär: Hausinstallateur, Egg; Elektro: Adam, Lustenau
Quelle: Leben&Wohnen – die Immobilienbeilage der “Vorarlberger Nachrichten”
Für den Inhalt verantwortlich:
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Am kommenden Samstag, den 2. April 2016 führt Verena Konrad durch die aktuelle Ausstellung:Aristide Antonas.
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