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Klatschen und Stillen erlaubt

Vielleicht sind die deutschen Christen ja wirklich einfach penibler. Zur Belehrung des Kirchenbesucher gibt es jetzt Benimmtipps für den Gottesdienst. Kirchenknigge [292KB]

Nachdem schon das Bistum Limburg mit einem „kleinen katholischen Kirchenknigge“ recht erfolgreich zur Belehrung des Kirchenbesucher loszog, haben nun die Protestanten im Rheinland nachgezogen: Ihre Benimmtipps für Gottesdienst, Abendmahl und Beerdigung kommen freilich etwas salopper daher.

Die katholischen kann man nachlesen, die evangelischen Ratschläge gibt’s auf CD mit Klavierklängen unterlegt zum Nachhören. Warum? „Weder in der Bibel noch im evangelischen Handbuch steht zum Beispiel, wie sich der Gottesdienstbesucher kleiden muss“, sagen die Autoren des Ratgebers und fügen an:

  • Beifall: Gilt in der jüdischen Religion als ein altes liturgisches Element. Nach einer guten Predigt dürften Gläubige also durchaus ihre Zustimmung bekunden. Das Klatschen sei „der körperliche Ausdruck des Amen“, so der Ratgeber.
  • Schwätzen: Wird weniger gern gesehen. Geflüster störe den Nachbarn beim Zuhören. Trotzdem solle die Predigt lebendige Kommunikation sein. Es dürfe durchaus getuschelt werden, wenn ein guter Gedanke die Menschen anspreche, meint etwa Pfarrer Alexander Maurer aus Essen.
  • Stillen: Und wenn ein Baby Hunger hat? Soll es auch trinken – das Stillen von Säuglingen in der Kirche ist nach Überzeugung der evangelischen Autoren der Benimm-Tipps „immer dann erlaubt, wenn es nötig ist“.
  • Handys: Bleiben wie im Theater und Kino auch in der Kirche tabu. Das gilt bei den Katholiken ebenso. Auch in Vorarlberg.

Es klingelt zu oft

An das durchgestrichene Handy-Symbol an der Wand ihrer Pfarrkirche haben sich die Harder Gottesdienstbesucher längst gewöhnt. „Wir haben das seit zwei Jahren“, sagt Pfarrer Georg Meusburger. Und doch: „Bei normalen Gottesdiensten, Hochzeiten und Beerdigungen, immer wieder klingelts in den Bänken.“ Erst vor kurzem feierte Meusburger eine Verabschiedung in der Kirche und „in der ersten Reihe unter den Angehörigen läutete die längste Zeit ein Handy“.

Muss man den Menschen also einen Leitfaden in die Hand drücken, ehe sie ein Gotteshaus betreten? Sinnvoll wär‘s schon, findet der Harder Pfarrer, der auch männliche Erwachsene oft genug auffordern muss, „jetzt endlich den Hut abzunehmen“.

„Bitte nicht spucken“

Und Beifall nach der Predigt, wie im evangelischen Modell? Da muss er kurz nachdenken, dann schmunzelt er: „Ich hab mir auch schon gedacht: Jetzt könnten sie eigentlich klatschen.“ Allein, der Beifall bleibt vorderhand Gastpredigern wie Ilse Moser vorbehalten. Die hat am letzten Muttertag gepredigt und „standing ovations“ erhalten.

Benimmregeln für Kirchenbesucher gab es übrigens zu allen Zeiten. So hing früher in der Harder Kirche eine Tafel, die männliche Besucher bat, „im Angesicht des Allerheiligsten bitte nicht auf den Boden zu spucken.“

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