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Kindergarten: Mehr als 50 Prozent der Pädagogen erlebten "gewaltvolle Handlungen"

Die Strukturen im Kindergarten sollen hinterfragt werden.
Die Strukturen im Kindergarten sollen hinterfragt werden. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Mehr als 50 Prozent der Kindergartenpädagogen haben bereits einmal eine ihrer Fachkräfte bei einer "gewaltvollen Handlung" gegenüber den Kindern beobachtet. Nun sollen die Strukturen hinterfragt werden.

Mehr als die Hälfte der Kindergartenpädagoginnen bzw. -pädagogen haben in ihrer täglichen Arbeit bereits "gewaltvolle Handlungen" von Fach- bzw. Assistenzkräften an Kindern wahrgenommen. Die Elementarpädagogik-Plattform Educare fordert nun eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Personal in den Kindergärten bzw. -krippen.

Bezugspersonen über Gewalt an Kindern aus

Für ihre Bachelorarbeit an der Fachhochschule Campus Wien untersuchte die Kindergartenpädagogin und Lehrerin Claudia Schütz psychische wie physische Formen von Gewalt in elementaren Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und -krippen. Ergebnis: Über 50 Prozent der Pädagoginnen und Pädagogen haben diese in ihrer täglichen Arbeit wahrgenommen. Unter anderem würden Kinder von ihren Bezugspersonen fest angepackt, unsanft niedergesetzt oder hinterhergezogen, müssten urinierte Kleidung strafweise anbehalten oder sich negative Kommentare anhören - wobei die Definition von Gewalt natürlich subjektiv sei.

Gewalt im Kindergarten: Strukturen sollen hinterfragt werden

Educare plädiert in einer Aussendung einerseits für eine lückenlose Aufklärung und Sanktionierung solcher Fälle, will aber auch zusätzlich "die Strukturen dahinter beleuchten, die diese Entwicklungen begünstigen": "Das System, in dem die institutionelle elementarpädagogische Bildung und Betreuung erfolgt, hat massive Probleme in der Finanzierung. Auch der PädagogInnenmangel - und damit die österreichweite Bereitstellung von gut ausgebildetem Fachpersonal - ist ein Problem."

Handlungsbedarf bestehe auch etwa beim Konfliktmanagement, der Bewältigung des administrativen und organisatorischen Aufwandes, den fehlenden Ressourcen für strukturelles Reflektieren sowie für Supervision - "und der politischen Wahrnehmung dieser Hindernisse für den elementaren Bildungsauftrag".

Rahmenbedingungen im Kindergarten müssen verbessert werden

"Die Rahmenbedingungen, welche teilweise zur Überforderung der pädagogischen Fachkräfte und in weiterer Sicht möglicherweise zu gewaltvollen Handlungen führen, müssen verbessert werden. Es braucht Arbeitsbedingungen, welche den Aufbau vertrauensvoller und emphatischer Beziehungen zu den Kindern begünstigen," so eine Schlussfolgerung von Schütz. Eine pädagogisch fortschrittliche Arbeit sei unter den derzeitigen Rahmenbedingungen oftmals nicht möglich. Der Kindergarten verkomme dadurch zur reinen Betreuungseinrichtung.

In jeder Bildungs- und Betreuungseinrichtung könne es zu Situationen kommen, die überfordern, gibt die Elementarpädagogik-Plattform zu bedenken. "Übergriffe werden verschwiegen und tabuisiert, denn sie passen nicht zum Selbstbild der PädagogInnen, immer ein gutes Vorbild zu sein". Wenn dann etwas passiere und an die Öffentlichkeit gelange, komme es zu in einigen Fällen unabdingbaren Entlassungen oder Suspendierungen - umgekehrt kosteten ungeklärte Verdächtigungen womöglich Unschuldige ihre wirtschaftliche Existenz.

Kultur des Konflikte-Ansprechens soll etabliert werden

Folge sei eine Verschärfung der Überforderung. Educare will daher mehr und gut ausgebildetes Personal sowie eine Kultur des Konflikte-Ansprechens etablieren. Unter anderem soll daher ein elementarpädagogischer Beirat im Bildungsministerium geschaffen werden.

(APA/Red)

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