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Kinder brauchen Strukturen und keine Kuschelecken

Michael Haim (VVG), Michael Winterhoff, Wolfgang Türtscher (ÖAAB-Lehrer), Eugen Lampert (GÖD).
Michael Haim (VVG), Michael Winterhoff, Wolfgang Türtscher (ÖAAB-Lehrer), Eugen Lampert (GÖD). ©ÖAAB/Strauss
Bregenz/Rankweil. (hapf) „In Deutschland müssen wir bereits 70 bis 80 Prozent der Kinder als Verhaltensauffällig bezeichnen“, stellte Bestsellerautor Michael Winterhoff fest.

Der deutsche Kinder- und Jugendpsychiater referiert auf Einladung der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft, der ÖAAB-Lehrer und der FCG zum Thema „Persönlichkeiten statt Tyrannen“.

„Lasst Kinder wieder Kinder sein“ zitierte Winterhoff den Titel seines eigenen Bestsellers. Die seit 1995 medizinisch abgesichert feststellbare Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern führt er auf drei Beziehungsstörungen zurück, die als er „Partnerschaftlichkeit, Projektion und Symbiose“ bezeichnet. Eltern und Lehrer würden sich mehr und mehr aus ihrer Erziehungs- und Vorbildfunktion zurückziehen und zum Partner, Freund und Kollegen der Kinder werden. Für Winterhoff eine Fehlentwicklung, „weil, dadurch beide Seiten überfordert werden und dies bei den Kindern zu schweren Störungen führt“.

Praxisfremde Theoretiker überfordern Kinder

Winterhoff hinterfragt aus seiner Sicht als Psychiater auch den „offenen Unterricht“. Von praxisfremden Theoretikern an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen vermittelt, würden besonders schwache Kinder überfordert. Auch bei leistungsfähigen Schülern bringe der „offene Unterricht“ keinerlei Verbesserungen. „Wir müssen wieder mehr Wert auf das Schaffen von Strukturen und die Einhaltung bestimmter Rituale legen“, fordert er alle Pädagogen auf.  „Was wir brauchen sind Lehrer und keine Lernchoaches, und Kuschelecken haben etwa in Volksschulen schon gar nichts verloren“, postuliert Winterhoff vor über 450 (begeisterten ?) Lehrern aller Schultypen, Kindergartenpädagogen, Lehrlingsausbildner, Gewerkschafts- und Personalvertretern.

„Emotionaler Missbrauch“

Für Winterhoff sind Kinder keine kleinen Erwachsenen. Sie so zu behandeln ist für ihn ein „emotionaler Missbrauch“. Er plädiert für eine funktionierende Beziehung zwischen Erzieher und Kind: „Diese ist unerlässlich und dazu gehört auch, dass Kinder genaue Anweisungen bekommen, was wann und wie zu tun ist.“ Das gehöre dann auch entsprechend kontrolliert sowie positiv oder gegebenenfalls negativ bewertet. 

Mit seinen provozierenden Analysen in „Lasst Kinder wieder Kinder sein“, „Moderne Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen“ und dem aktuellen Titel „Tyrannen müssen nicht sein“ landete Winterhoff drei Bestseller. Er löste damit aber auch stark kontroverse Diskussionen aus.

„Es ist Aufgabe der Schule, auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen zu ragieren“, hielt ÖAAB-Lehrerobmann Wolfgang Türtscher fest. Im Vordergrund stehe aber Erziehung und Wissensvermittlung und die konsequente Einforderung von Leistung. „Das ist auch das, was die große Mehrheit der Schüler  und Eltern von der Schule erwartet.“

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