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Kern versprach Aufklärung in Dirty-Campaigning-Affäre

SPÖ-Chef will mittels Taskforce Aufklärung schaffen
SPÖ-Chef will mittels Taskforce Aufklärung schaffen ©APA
Bundeskanzler Christian Kern verspricht im Zusammenhang mit den Dirty-Campaigning-Vorwürfen gegen die SPÖ volle Aufklärung und kündigte die Einrichtung einer Task Force zu diesem Zweck an. Die Nachfolge des abgetretenen Bundesgeschäftsführers Georg Niedermühlbichler ist indes geklärt: Nach APA-Informationen wird sich Frauengeschäftsführerin Andrea Brunner der organisatorischen Agenden annehmen.

Hinzugezogen wird Finanzchef Christoph Matznetter, der die Kommunikation nach außen übernehmen und sich um die Aufarbeitung der Causa Silberstein kümmern soll. Das SP-Präsidium hat sich in einer Telefonkonferenz entschieden, mit diesen zwei interimistischen Bundesgeschäftsführern die Nachfolge von zu regeln. In beiden Fällen ist eine Befristung bis zur Wahl vorgesehen. Erst danach ist die dauerhafte Neubesetzung der Bundesgeschäftsstelle geplant. Dass die Tirolerin Brunner den Posten dauerhaft übernimmt, gilt als unwahrscheinlich.

Das ist die Causa Silberstein

Zu den Vorwürfen rund um die vom ehemaligen SPÖ-Berater Tal Silberstein lancierten Facebook-Seiten gegen bzw. vermeintlich für ÖVP-Chef Sebastian Kurz werde die SPÖ zwecks Prüfung der Vorfälle eine eigene Task Force einrichten, sagte Kern in einer kurzfristig anberaumten Presseerklärung am Sonntagnachmittag.

Matznetter soll laut Kern mit der Leitung der Task Force zur Aufklärung der Dirty-Campaigning-Affäre betraut werden. Kern betonte, dass weder der zurückgetretene Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler noch er selbst Kenntnis von den Aktivitäten rund um die Facebook-Seiten hatten.

Silberstein soll laut Medienberichten ein Team engagiert haben, das für die SPÖ Facebook-Seiten mit teils rassistischen und antisemitischen Inhalten gegen Kurz organisiert hat. Die Seiten wurden auch nach dem Rauswurf von Silberstein, der im August in Israel im Zusammenhang mit Korruptions- und Geldwäschevorwürfen vorübergehend festgenommen worden war, weiter betrieben und erst nach Bekanntwerden der Hintergründe am Wochenende vom Netz genommen. Zumindest ein Mitglied des SPÖ-Wahlkampfteams soll in die Aufträge involviert bzw. eingeweiht gewesen sein.

Er habe schon vor einiger Zeit festgehalten, dass das Engagement Silbersteins ein “erheblicher Fehler war”, sagte Kern am Sonntag. Dieser Fehler habe sich inzwischen als noch größer herausgestellt. “Unser Vertrauen wurde missbraucht.”

Dass ein SPÖ-Mitarbeiter Kenntnis von der Schmutzkübel-Kampagne gegen politische Mitbewerber hatte, sei laut Kern “nicht akzeptabel”. Niedermühlbichler habe deshalb die Verantwortung übernommen.

Laut Kern gebe es nun eine ganze Reihe von Fragen, die der Aufklärung bedürfen. “Wir haben die Zusammenarbeit mit Herrn Silberstein am 14. August eingestellt”, erklärte er und fügte hinzu, dass sowohl Silberstein als auch alle Mitarbeiter des SPÖ-Beraters damals von der Kampagne abgezogen worden seien. Danach habe es auf den manipulierten Facebook-Seiten eine massive Beschleunigung des Tons und der antisemitischen Propaganda gegeben. Man wisse derzeit nicht, wie die Seiten nach dem Silberstein-Rauswurf weitergeführt wurden. “Wir müssen Licht in die Sache bringen und noch deutlich tiefer graben.”

Punkto Finanzierung der Facebook-Seiten betonte Kern, dass es seitens der SPÖ keine Querverbindungen, vor allem keine finanziellen Verbindungen zu dem von Silberstein eingesetzten Team gegeben habe. “Die Frage stellt sich schon vor dem 14. August, nach dem 14. August noch eindringlicher.”

Relevant ist für Kern auch die Frage, wie es sein konnte, dass es sich bei den involvierten Mitarbeitern Silbersteins um langjährige Mitarbeiter anderer Parteien handelt. Kern sprach von “illoyalen Mitarbeitern” und “interessanten Querverbindungen” zu anderen Parteien. Kritik übte der Kanzler neuerlich an der Veröffentlichung interner Papiere, die “zu zwei Dritteln eine Herabwürdigung meiner Person” darstellten sowie von Dossiers über die Unternehmensbeteiligungen seiner Frau, die nur dazu dienten private Existenzen zu zerstören. Kern vermutet zudem, dass für die Veröffentlichung der verschiedenen Papiere Geld geflossen ist.

Kritik der Wahlgegner

Die ÖVP zeigte sich mit der Erklärung von Kanzler Kern nicht zufrieden. Generalsekretärin Elisabeth Köstinger stellt der SPÖ in diesem Zusammenhang sieben Fragen – unter anderem nach den Kosten der verdeckten Kampagne. Köstinger will von Kern wissen, ob die Dirty Campaigning-Aktivitäten Silbersteins jemals in seiner Anwesenheit besprochen wurden, wer in der SPÖ davon gewusst , welche Mitarbeiter Silbersteins noch beschäftigt werden und ob möglicherweise Vorfeldorganisationen mit Silberstein an “Dirty Campaigning” arbeiteten. Außerdem will die VP-Managerin wissen, warum der SP-Abgeordnete Christoph Matznetter die Causa aufklären soll und kein parteiunabhängiger Experte. Zudem unterstellt sie Kern, über Silbersteins Rolle die Unwahrheit gesagt zu haben.

Für FP-Generalsekretär Herbert Kickl ist Kern weiterhin rücktrittsreif. “Kern, der angeblich superkompetente Manager, ist nicht bereit Verantwortung zu übernehmen, stattdessen verbreitet er krude Verschwörungstheorien”, kritisiert Kickl. Er befürchtet, dass die “Schummel-Task-Force” die Causa bis zur Wahl verschleiern soll. Erklärungsbedarf sieht Kickl aber auch bei ÖVP-Chef Sebastian Kurz: Von ihm will er wissen, warum Kurz die Bekanntschaft mit Silberstein geleugnet hat, während der israelische Berater ein längeres Gespräch bestätigt.

Für die Grüne Ulrike Lunacek kommt die Erklärung Kerns zu spät: “Der Schaden ist angerichtet.” Kern hätte das unwürdige Treiben schon im Frühjahr stoppen sollen, als Gerüchte über die dubiosen Geschäftsbeziehungen Tal Silbersteins ruchbar wurden. Auch sie will wissen, wer die Kosten für die “Hass-Seiten” auf Facebook finanziert hat und wer in der SPÖ dafür die Verantwortung trägt.

Studiogespräch mit Wolfgang Geier, ZIB-Innenpolitikredakteur (1)

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(APA)

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