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Kein "Wunder-Medikament" gegen Krebs

Bregenz –  Im Rahmen der Veranstaltungsreihe B11 gastierte am Dienstag Nobelpreisträger und Krebsforscher David Baltimore in Bregenz. VOL.at war dabei.
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David Baltimore in Bregenz
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Der US-amerikanische Virologe und Nobelpreisträger David Baltimore sieht den Kampf gegen den Krebs als langwierig und glaubt nicht an die Entwicklung eines “Wunder-Medikaments”. “Wir verstehen den Krebs sehr gut, aber leider sind die positiven Auswirkungen auf die Patienten minimal”, erklärte Baltimore am Dienstag bei der Veranstaltung “B11 – Vision of the Future” im Bregenzer Festspielhaus. Da sich jede Krebszelle von der anderen unterscheide, müsste im Optimalfall jeder Patient individuell behandelt werden.

Bregenz. Baltimore ging in seinem einstündigen Vortrag auf die Entstehung von Krebs ein und betonte dabei, dass die Zellerkrankung eine genetische Ursache hat. Wenn jemand schwere Mutationen geerbt habe, werde derjenige wahrscheinlich früh an Krebs erkranken. Umgekehrt gehen im Körper aber auch täglich Milliarden von Zellteilungen vor sich, und bei jeder davon “kann ein Fehler geschehen”, so Baltimore. Diese Fehler könnten am Ende eine Krebserkrankung verursachen.

Keine einzelne Ursache für Krebserkrankung

In Bezug auf die äußeren Faktoren sei es unmöglich, eine einzelne Ursache für eine Krebserkrankung zu isolieren, es spielten mehrere Themen wie etwa die Umwelt oder die Ernährung eine Rolle. Wenn etwa ein Asiate in die USA auswandere, so ändern sich bei ihm die Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Krebsarten. Am klarsten aber sei der Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs, betonte der Nobelpreisträger.

Baltimore erklärte, dass die Sterblichkeitsrate bei Krebs seit 1950 fast konstant geblieben ist, während sie sich etwa bei Herzerkrankungen mehr als halbierte. Damit in diesem Jahrhundert wesentliche Fortschritte gemacht werden können, forderte er mehr Geld für die Forschung. “Fünf Prozent Steigerung pro Jahr würden reichen, stattdessen gibt es Kürzungen”, ging er auf die Situation in den USA ein. Außerdem setzte Baltimore Hoffnungen in die Immuntherapie. Es müsse gelingen, das Potenzial des Immunsystems zur Vernichtung von Krebszellen besser auszuschöpfen.

Krankheiten auch im 22. Jahrhundert

Krankheiten werde es auch im 22. Jahrhundert noch geben, resümierte der Nobelpreisträger. Um diese möglichst einzudämmen, müsse speziell im Hinblick auf Infektionskrankheiten Armut beseitigt und das Bevölkerungswachstum kontrolliert werden. Große Fortschritte habe man beim Verständnis von genetischen Erkrankungen gemacht, in der Behandlung komme die Gentechnik aber erst langsam zum Tragen. Hirnerkrankungen hingegen seien eine “große Herausforderung” Noch verstehe man weder die Ursache noch den Mechanismus von Alzheimer, Parkinson, Schizophrenie oder Autismus.

Der heute 73-jährige Baltimore wurde 1975 im Alter von erst 37 Jahren gemeinsam mit seinen Kollegen Renato Dulbecco und Howard M. Temin mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet. Sie erhielten den renommierten Preis “für ihre Entdeckungen auf dem Gebiet der Wechselwirkungen zwischen Tumorviren und dem genetischen Material der Zelle”. Er ist nach wie vor am “California Institute of Technology” als Krebsforscher tätig. Hinter “B11 – Vision of the Future” stecken die drei bekannten Vorarlberger Persönlichkeiten Eugen A. Russ, Hans-Peter Metzler und Stefan Delacher, die jedes Jahr führende Wissenschafter nach Vorarlberg einladen, um über zukunftsträchtige Themen zu diskutieren. (APA)

B11: Wissenschaft trifft Wirtschaft und Politik in Bregenz

B11: David Baltimore in Bregenz

 

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