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Kein Platz für Kickl

Herbert Kickl hat laut unserem Gastkommentator nichts mehr zu melden.
Herbert Kickl hat laut unserem Gastkommentator nichts mehr zu melden. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Um den FPÖ-Chef ist es ruhig geworden. Das hat auch damit zu tun, dass er neben Sebastian Kurz nichts zu melden hat.

Mag schon sein, dass es Herbert Kickl als Neo-FPÖ-Chef etwas ruhiger angeht, um den oberösterreichischen Landtagswahlkampf nicht zu stören: Der dortige Spitzenkandidat seiner Partei, Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, lehnt Kickl’sche Fundamentalopposition ab, er möchte weiter regieren und sich daher staatstragend geben. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Freiheitlichen unter Kickl, der vor wenigen Wochen erst den glücklosen Norbert Hofer an der Parteispitze abgelöst hat, in einer veritablen Krise stecken geblieben sind. In Umfragen liegen sie kaum über den 16 Prozent, die sie bei der Nationalratswahl 2019 erreicht haben. Schlimmer für sie: Was ihnen in der Vergangenheit zu größeren Erfolgen verholfen hat und wofür Kickl auch steht, greift nicht mehr – ein Mix aus Anti-Ausländer-, Anti-Klimaschutz- und Anti-Altparteien-Politik.

Die ÖVP versteht es auch im fünften Jahr unter Führung von Sebastian Kurz, sich als neu darzustellen und dafür zu sorgen, dass rechts von ihr kein Platz ist. Das macht den Freiheitlichen, das macht Kickl ganz brutal zu schaffen.

Die Flüchtlingszahlen sind - wenig überraschend – höher als im internationalen Corona-Lockdown-Frühjahr 2020, mit dem auch Grenzschließungen einher gegangen sind? Innenminister Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) lassen nichts anbrennen und mehr Uniformierte aufmarschieren. Wobei sie das vor allem auch mediengerecht inszenieren, damit es wirklich alle Wählerinnen und Wähler mitbekommen. Nach der grausamen Tötung der 13-jährigen Leonie mutmaßlich durch Afghanen verspricht Kurz wiederum höchstpersönlich zum x-ten Mal null Toleranz und Abschiebungen. Seine Wiener Parteifreunde gehen überhaupt gleich so weit, wie es einst nur Freiheitliche getan haben: Sie ließen für ein Fotoshooting eine Gedenktafel für das Mädchen errichten, nicht ohne es als „Opfer eines Systems in Wien“ zu bezeichnen.

Was soll Kickl da noch liefern? Es gibt nichts, womit er türkise Politik überbieten könnte. Türkise Politik ist gezielt tiefblau – so hat Kurz hunderttausende Wählerinnen und Wähler gewonnen und sich eine relative Mehrheit gesichert. Das ist sein Geschäftsmodell.

Auch in der Klimapolitik bleibt kein Platz für die FPÖ: Die Absage an Verzicht und ein Zurück in die Steinzeit könnte genauso gut von Donald Trump oder Heinz-Christian Strache wie von Sebastian Kurz stammen. Nur dass die beiden nichts mehr zu melden und keine Nachfolger haben, denen so etwas einfallen würde. Kurz überbot sich hier in rechtspopulistischer Politik gewissermaßen selbst: Er unterstellte Grünen und anderen Klimaschützern, am Untergang einer zivilisierten, entwickelten Welt zu arbeiten. Das ist absurd, aber wirkungsvoll in dem Sinne, dass alle, die Grünen und Klimaschützern distanziert bis ablehnend gegenüberstehen, eigentlich nur beipflichten können – und das sind nicht zuletzt auch potenzielle FPÖ-Anhänger, denen Kurz hier aus der Seele spricht.

Nicht einmal mehr in der Pandemie kann Kickl mit seiner Regierungskritik punkten: Kurz hat die Gesundheitskrise für beendet erklärt. Zumindest für Geimpfte sei sie vorbei, hat er gesagt. Sollte es ihm möglich sein, das durchzuziehen, wird es auch keine größeren Beschränkungen mehr geben, die unpopulär sind und damit Herbert Kickl und den Freiheitlichen in die Hände spielen würden. Sie dürften vielmehr auch hier leer ausgehen. 

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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