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"Kein Angriff auf Schwule beim Heer!"

Der Film spielt im Umfeld des Bundesheers
Der Film spielt im Umfeld des Bundesheers ©www.projecthomophobia.com
Bludenz - Das mit Vorarlberger Beteiligung entstandene Filmprojekt „Homophobia“ nimmt sich eines Themas an, das bisher als Tabu galt: Homosexualität beim Bundesheer. W&W fragte nach, wie die „Lage“ wirklich ist.

„Das Bundesheer“, so „Ho­­­mo­­pho­­bia“-­­Pressereferent Manuel Dünfründt, aus Bludenz „ist ein sehr maskulines und ,hartes‘ Umfeld, was gerade für junge Homosexuelle oft nicht leicht ist. Insbesondere, wenn man das erste Mal völlig auf sich allein gestellt ist – weg von der Familie, weg von den Freunden. Im Film entwickelt Hauptfigur Michael Gefühle für seinen Kameraden Raphael, was in so einer Extremsituation wie dem Bundesheer natürlich noch viel schwieriger ist, als zum Beispiel auf Skiwoche oder im Urlaub.“ Manuel selbst war nur kurz beim ÖBH: „Ich weiß, dass das Heer viel Gutes macht, gerade bei Katastrophen usw., aber mich hat der Gedanke an den Grundwehrdienst nie gereizt. Teils wegen der Angst vor homophoben Bemerkungen, teils wegen meiner Einstellung zu Waffen und dem Militär. Bei der Muster­ung habe ich mich schon ziemlich un­­­wohl gefühlt. Die Gespräche wa­­­­ren derb und ich habe versucht, möglichst nicht aufzufallen. Ich habe gewusst, dass ich untauglich bin, trotzdem musste ich eine Nacht in der Kaserne Innsbruck verbringen. Mir ist zum Glück vieles erspart geblieben, aber der kleine Eindruck, den ich bekommen habe, hat mir völlig gereicht.

„Soll Wellen schlagen“

Die Filmemacher erhoffen sich viel Resonanz auf den Film – er soll „online Wellen schlagen“. Aber: „Ob wir jemals eine Reaktion vom Bundesheer bekommen werden, bleibt abzuwarten. Drehanfragen wurden von vornherein abgelehnt. Gerne hätten wir mit dem Bundesheer auch auf thematischer Ebene zusammengearbeitet und so haben wir zu­­­mindest versucht, es als möglichst neutral dazustellen.“

„Macht keinen Unterschied“

Auf W&W-Anfrage beim Bundesheer stellt Oberst Mag. Michael Bauer (Ressortsprecher des BMLVS) fest, dass keine besonderen Regeln oder Verhaltensmaßnahmen gegenüber Homosexuellen beim Bundesheer festgelegt sind: „Die sexuelle Orientierung macht im Dienst keinen Unterschied. Hier wird jeder gleich behandelt.“ Ähnlich der Religionszugehörigkeit gelte: „So lange der Dienstbetrieb nicht leidet, kann jeder Soldat in seiner Freizeit das tun, was er möchte.“ Auch bezüglich Diskriminierung gäbe es keine gesonderten Einrichtungen. Man könne sich aber immer an seiner Vorgesetzten wenden. „Ich weiß von keinen Beschwerden wegen Diskriminierung“, so Bauer. Auch den Mythos der Untauglichkeit klärt Oberst Bauer: „Die sexuelle Ausrichtung spielt bei der Stellung keine Rolle – die Frage danach wird auch zu keinem Zeitpunkt gestellt.“

„Nie Angriff erlebt“

Der Bregenzer Manfred Kogler, der im Finale des „Gay Model Of The Year 2012­ Austria“-Bewerbs die Vorarl­berger Schwulenszene vertritt, erinnert sich an seine Zeit im Österreichischen Bundesheer: „Ich habe mich nie offen bewegt, damals war ich noch nicht so weit. Nur zwei bis drei enge Freunde wussten davon. Ich hatte zu der Zeit schon Angst vor Problemen – aber ob es dann wirklich so gewesen wäre, sei dahin gestellt. Während meiner Zeit beim Heer war ich nie in einer gefährlichen Situation und habe auch nie einen Angriff auf Schwule erlebt. Ich denke, wenn was passiert, dann geht das von Einzelpersonen aus, die sich in der Gruppe plötzlich stark fühlen.“

„Selbstverleugnung“

Für Julian Wiel aus Hörbranz (bei „Homophobia“ für Produktion und Fundraising zuständig) war der Dienst an der Waffe keine Option: „Das Thema Sexualität war aber für mich kein Grund.“ Der 29-Jährige hielt dies für „verlorene Zeit“ und leis­­tete Auslandszivildienst in Costa Rica. Der Gedanke, neun Monate „mit einem Großteil an beziehungsunfähigen Selbstdarstellern auf engstem Raum zu verbringen, die am Abend darüber prahlen mit welcher Prostituierten sie was angestellt hatten“, war Julian zuwider. Die größte Gefahr des Militärapparates sieht er im „Erlernen der Selbstverleugnung“. Wiel: „Der Drill von unreflektiertem Gehorsam und die dafür notwendige Ignoranz eigener Gefühle verursacht zum Teil irreparable Schäden. Nicht alle können sich die Individualität bewahren. Speziell bei diesen Menschen rufen individuelle Lebenskonzepte Aggressionen hervor. Homophobie findet man dann besonders bei jenen, die ihre eigene gleichgeschlechtlichen Neigungen unterdrückten. Wer also Aggressionen gegenüber homosexueller Lebensweise empfindet, sollte dringend einen guten und mutigen Psychotherapeuten aufsuchen.“

„Fertig gemacht“

Julian meint abschließend: „Gregor Schmidinger, der die Idee zum Film hatte und das Drehbuch geschrieben hat, war das Thema Homophobie sehr wichtig. Direkt davon betroffen war er zum Glück nie. In den letzten Monaten hörte man immer öfter von jungen Homosexuellen, die sich das Leben nehmen, weil sie in der Schule etc. fertig gemacht werden. Diverse Projekte, wie zum Beispiel das ,It Gets Better Projekt‘, widmen sich diesem Thema. Wir hoffen, dass wir mit ,Homophobia‘ unseren Teil dazu bei­­­­tragen können, Jugendlichen Mut zu machen. Aber wir wollen auch ihre Freunde und Angehörige auf das Thema Homophobie aufmerksam machen. Wir möchten aufklären und zeigen, dass Selbstakzeptanz zu Stärke führt!“

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