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Kampusch unternahm offenbar drei Fluchtversuche

Natascha Kampusch hat vor ihrer gelungenen Flucht von ihrem Entführer Wolfgang Priklopil am 23. August 2006 genau dreimal vergeblich zu entkommen versucht. Das geht laut dem zuständigen Oberstaatsanwalt Thomas Mühlbacher aus den Ermittlungsergebnissen des Bundeskriminalamts hervor.

Dass die junge Frau – wie das Nachrichtenmagazin “profil” (Montagausgabe) berichtet – zweimal weggelaufen, aber danach von sich aus wieder zurückgegangen sei, stimme nicht, betonte Mühlbacher am Samstag gegenüber der APA.

Gemäß “profil”, das sich auf die Ergebnisse der Evaluierungskommission unter der Leitung von Ludwig Adamovich, Ex-Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), beruft, soll Kampusch zweimal geflohen und noch am selben Tag von sich aus zu Priklopil zurückgekehrt sein. “Diese Aussage ist nicht von mir. Dass das aus der Evaluierungskommission hervorgeht, kann man so nicht sagen”, meinte Adamovich dazu auf APA-Anfrage. “Es kommt sicher in den Ermittlungsergebnissen der Polizei vor”, gab sich der Ex-VfGH-Präsident weiter kryptisch. “Von der Sache her ist es richtig.” Er wolle sich “über das Ganze aber nicht auslassen”, da dieses Thema nicht in den Aufgabenbereich der Evaluierungskommission falle. Die Sache sei “fürchterlich schwer zu bewerten” und er wolle “kein Öl ins Feuer gießen”.

Dass Kampusch laut Polizeiakten zweimal geflohen und von sich aus wieder zu Priklopil gegangen sein soll, wies Mühlbacher als Leiter der Ermittlungen allerdings entschieden zurück: Dass sie freiwillig zurückgekehrt ist, “das ergibt sich nicht aus den Ergebnissen”, betonte der Oberstaatsanwalt. “Es gibt keinen Anhaltspunkt darauf, dass man sagt, sie hat sich eines Besseren besonnen. Das gibt es sicher nicht.”

“Ich weiß nicht wo ‘profil’ das her hat”, so Mühlbacher weiter. “Es kann sein, dass es Leute gibt, die das behauptet haben.” Kampusch habe zwar mehrmals versucht, zu fliehen, sei dabei aber immer gescheitert. “Es gibt drei Vorfälle, die man als Fluchtversuche bezeichnen kann”, erklärte der Oberstaatsanwalt. “Ich weiß zum Beispiel, dass es bei einem Skiausflug Versuche gegeben hat, sich bemerkbar zu machen. Das ist daran gescheitert, dass eine holländische Skifahrerin sie (Kampusch Anm.) nicht verstanden hat.” Kampusch habe damals versucht, die Frau auf der Toilette auf sich aufmerksam zu machen.

In Wien habe die heute 21-Jährige versucht, vor einer Wohnung zu fliehen, bei der sie gemeinsam mit Priklopil war, so Mühlbacher über den zweiten missglückten Fluchtversuch. Kampusch habe sich damals nur “ein paar Schritte” entfernen können: “Priklopil hat es bemerkt und sie hat abbrechen müssen.” Das dritte Mal wollte die junge Frau aus Priklopils Haus in Strasshof in Niederösterreich entkommen. Dabei schaffte es Kampusch wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes nur bis zum Gartenzaun. “Der Versuch ist gescheitert, weil sie nicht mehr konnte”, betonte Mühlbacher. Kampuschs Rechtsvertreter, Gerald Ganzger, bestätigte gegenüber der APA die Schilderungen Mühlbachers: “Das ist alles nichts Neues. Das sind Fluchtversuche, die gescheitert sind.” Dass seine Mandantin nach einer Flucht aus freien Stücken zu ihrem Entführer zurückgekehrt sein soll, wies er zurück.

Adamovich war am 24. Dezember im Wiener Straflandesgericht nicht rechtskräftig wegen übler Nachrede zu einer Entschädigung von 10.000 Euro verurteilt worden. Die Mutter von Kampusch, Brigitta Sirny, hatte den Juristen verklagt, nachdem dieser in mehreren Interviews behauptet hatte, es wäre denkbar, dass für Kampusch die Zeit ihrer Gefangenschaft “allemal besser war als das, was sie davor erlebt hat”. Er denke nach wie vor über einen Rücktritt als Leiter der Evaluierungskommission in der Causa nach, so Adamovich.

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