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Kampf um die kleine Jasmin

Kommenden Dienstag feiert die kleine Jasmin ihren sechsten Geburtstag. Doch von ausgelassener Stimmung keine Spur. Die Obsorge für Jasmin liegt beim Vater, die Mutter darf die Tochter von Rechts wegen alle zwei Wochen sehen.

Seit der Vater eine neue Frau hat, ignoriert er aber die gerichtliche Besuchsvereinbarung. Bei der IfS-Betreuerin Negin Salzgeber hat das Kind angegeben, es werde sogar vom Vater geschlagen, damit es nie mehr mit der leiblichen Mutter spricht. Nun kämpft die 26-Jährige Deniz D. gemeinsam mit Rechtsanwalt Surena Ettefagh um ihr Kind.

Zwischen den Fronten

Was bislang geschah: Mit 18 Jahren wird für Deniz ein Mann ausgesucht. Sie wird mit 20 Mutter. Vier Jahre nach der Hochzeit kommt es zur Scheidung. Weil die Frau arbeiten muss und kaum Deutsch kann, erhält der Vater die Obsorge. Doch sehen will die Mutter Jasmin wenigstens. Seit der neuerlichen Heirat boykottiert der Kindesvater allerdings das Besuchsrecht. Zum vierten Geburtstag bringt Deniz der Kleinen eine Torte mit. Sie hatte vorher die Sozialarbeiterin um Erlaubnis gebeten. Als sie dem Kind im neutralen IfS-Spielzimmer die Torte überreicht, rastet der Vater derart aus, dass die Besuchsbegleiterin den Mann hinausschmeißen muss.

Dezember 2004 – also 20 Monate später: Das Kind wirkt zutraulich und genießt die wenige Zeit mit der Mutter. Doch beim nächsten Besuch ist es total verstört. Angst und Anspannung sind zu spüren. Es erzählt, was ihr seitens des Vaters eingeflößt wurde. In einem Rollenspiel mit der IfS-Beraterin schlägt die Vaterpuppe die Jasmin-Puppe mit einem Stock – dies wird im IfS-Bericht festgehalten. Die Kleine bittet, ihr Geheimnis nicht zu verraten. „Es zeigte sich deutlich, wie Jasmin manipuliert wird. Ich sehe eine akute Gefährdung des Kindeswohls“, meldet die IfS-Betreuerin der Jugendwohlfahrt. Weinend kehrt Deniz zu ihrem Vater zurück.

Die BH Bludenz empfiehlt Ende Jänner 2005 sogar, das Besuchsrecht der Mutter gänzlich einzustellen – um das Kind nicht in ständigem Gewissenskonflikt zwischen den Eltern stehen zu lassen. Gleichzeitig gesteht die Behörde ein, dass dies einer Kapitulation gegenüber dem Vater gleichkomme. Eine Therapie – um den Verlust der Mutter aufzuarbeiten – wird für das Kind als sinnvoll erachtet. „Zwangsmittel um den Vater zur Einhaltung der Vereinbarung zu veranlassen werden nicht angeregt“, kritisiert Anwalt Ettefagh.

Sorgerecht beantragt

Von einer Strafanzeige nimmt die BH vorerst Abstand. Die vom Kind angegebenen Gewalthandlungen will die Bludenzer Jugendwohlfahrt auf andere Art in den Griff bekommen. Nun hat Anwalt Ettefagh für Deniz die Obsorge beantragt und will, dass das Kind sofort vom Vater weggeholt wird. Jasmins Vater war trotz mehrmaliger „VN“-Anfragen zu einer Stellungnahme nicht bereit, anwaltliche Vertretung hat er keine. Auch die Jugendwohlfahrt wollte sich zum konkreten Fall nicht äußern. Am Montag wird das Sorgerecht für „Jasmin“ neuerlich verhandelt. Doch egal, wer den Kampf um das Kind gewinnt: Einen unbeschwerten Geburtstag wird Jasmin am Dienstag nicht feiern können.

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