Kurz nach 22 Uhr betreten sechs Polizisten die Dornbirner 7 er-Bar. Die Jugendlichen zeigen ihre Ausweise anstandslos vor. Ich hab meinen nicht dabei, meint ein Mädchen, aber ich bin schon 16 Jahre. Mit der e-card bestätigt sie ihre Angaben. Ansonsten gibts keine weiteren Vorfälle.
Nach einer Viertelstunde verlassen die Polizisten das Lokal ohne Beanstandung. Das war nicht immer so, weiß Bezirksinspektor Markus Lutz, doch seit wir regelmäßig Stichprobenkontrollen machen, nehmen die Wirte das Jugendschutzgesetz sehr ernst. Der Strafrahmen reicht bis zum Entzug der Lizenz.
Im vergangenen Quartal gab es dennoch 45 Anzeigen. In 16 Fällen wurde die im Gesetz geregelte Aufenthaltsdauer überschritten (siehe Factbox). 29 Jugendliche hatten widerrechtlich Alkohol erhalten.
Umso erfreulicher die Stichprobenkontrolle vom Wochenende. Am Eingang zur 7 er-Bar kontrolliert Türsteher Gerd die Ausweise. Alkoholisierte Jugendliche müssen draußen bleiben. Denn weils in den Lokalen keinen Alkohol für Unter-16-Jährige gibt, beginnt das Saufen schon vorher im privaten Rahmen. Ich habe schon beobachtet, wie Jungs auf der gegenüberliegenden Straßenseite Wodka in sich hineinschütteten und anschließend zu uns in die Bar wollten, erzählt der Inhaber der 7 er-Bar, Dietmar Stoklasa. Und auch die Polizei kennt das Problem des Vorglühens, das oft auch schon zu Hause stattfindet.
Kavaliersdelikt
Sozial- und Jugendarbeiterin und Bar-Angestellte Jasmine Riedmann kennt die Klientel: Die Jugendlichen wollen ihre Grenzen austesten. Übertretungen des Jugendschutzgesetzes sehen sie als Kavaliersdelikt. Die Folgen sind vielen nicht wirklich bewusst.
Doch was meint die Jugend dazu? Meinen ersten Vollrausch hatte ich mit 14 oder 15, erzählt Fabian bereitwillig und weiß noch genau: Schuld waren sechs Bier, sieben Cola-Rot und acht Cola-Rum. Ob es schwer ist, an Alkohol zu kommen? Überhaupt nicht, erklärt er. Erst nach dem ersten Mal Kotzen denkst du dir – kanns das sein? Aber man will halt dazugehören. In der Schule war ich immer Außenseiter, gesteht Michael, endlich hatte ich Freunde. Um in Diskotheken Einlass zu bekommen, wurde mal schnell der Ausweis gefälscht. Und auch heute trägt Fabian einen gefälschten Ausweis bei sich. So bin ich halt 18, verrät er. Welche Konsequenzen die gerichtlich geahndete Urkundenfälschung hat, wissen die beiden nicht. Dass das Strafausmaß bis zu einem Jahr Gefängnis beträgt, stimmt beide nachdenklich. Klar hat das Jugendschutzgesetz seinen Sinn, meinen sie. Sich allerdings daran halten, ist wieder ein anderes Thema. Eines, das sie heute nicht mehr betrifft, denn sowohl Fabian als auch Michael sind jetzt 16 Jahre alt. Und vor ihnen steht ein großes Bier.
Michael ist 15
Szenenwechsel: Jugend disko Blaue Sau kurz nach zwei Uhr nachts. Es ist wenig los. Die Masse ist mit dem letzten Bus um 23.30 Uhr nach Hause gefahren. Die Jugendlichen, die zu uns kommen, sind zwischen 15 und 18 Jahre alt, berichtet Geschäftsführer Christian Manasek. Die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes ist uns wichtig, daher drehen wir regelmäßig unsere Runde und fordern die Jüngeren auf zu gehen. An der Bar sitzt rauchend Michael. Er ist 15 Jahre alt. Ein Blick auf die Uhr: Es ist bereits zwanzig nach zwei. Laut Jugendschutzgesetz hätte er die Blaue Sau um 24 Uhr verlassen müssen. Nicht zu vergessen die Sache mit dem Rauchen. Und auch für die zahlreichen 16-Jährigen wäre die Zeit bereits abgelaufen. Bei den 16-Jährigen schauen wir nicht mehr so genau, gesteht Manasek.
Deshalb ist sich Bezirksinspektor Markus Lutz dennoch sicher: Sinn macht das Jugendschutzgesetz nur, wenn auch kontrolliert wird. Sonst würde schnell wieder mehr Freizügigkeit herrschen, so der Polizist.
Jugendschutzgesetz
Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten
Tabak- und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit Õ Ab 16 erlaubt
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