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Jubel beim „Bregenzer Frühling“

Was tun, wenn so gut wie die gesamte Festspielhausbühne aus einer riesigen Sprungmatratze besteht? Na klar, rauf aufs Podium und rein ins Vergnügen.

Publikum durfte selbst zum Akteur werden. Das Publikum ließ sich am Samstag Abend nicht lange bitten und beendete die „Galili Dance“-Aufführung mit einem Happening.Wer nicht dabei war, glaubt es vielleicht kaum, aber Sie lesen richtig. Nach der gut einstündigen Performance forderte Itzik Galili, der aus Isreal stammende Leiter der jetzt in Holland ansässigen Truppe, das Publikum auf, nicht scheu zu sein und die Sprungmatratze selbst auszutesten. Und viele aus dem jubelnden Auditorium ließen sich nicht lange bitten.

„Chronocratie“ – erst im März dieses Jahres als Überarbeitung einer früheren Produktion in Groningen uraufgeführt – versteht sich als Auseinandersetzung mit Zeit, auch als Verknüpfung von Minimal Music und Bewegung – wobei einige Akteure beide Parts übernehmen, jene der Musiker und jene der Tänzer. Eine Seltenheit im internationalen Tanzgeschehen, dass Künstler in beiden Disziplinen Meister sind.

Rund um die Matratze sind also Klaviere postiert, ein Ton wird angeschlagen, übernommen, weitergeführt, umgesetzt. Die Choreographie besticht durch den einzigartigen Umgang mit Verlangsamung und Beschleunigung. Die Galili-Dancer sind wahre Akrobaten, gleichzeitig aber Tänzer, die sich eine ungemein poetische Sprache erarbeitet haben. Verknüpft mit wörtlichen Statements über die immer wieder kehrenden Entscheidungen, die das Leben von jedem Menschen zu jeder Zeit fordert, enthält „Chronocratie“ trotz seiner gut nachvollziehbaren Grundstruktur improvisatorische Elemente. Die Produktion enthält freilich auch viel Witz und entkommt banalen Anspielungen (ein Akteur erlebt eine Art Strip-Poker) mit Augenzwinkern.

Mit „Chronocratie“ schafft Itzik Galili mit seinem Team wirklich so etwas wie die viel zitierte Quadratur des Kreises, denn dass man das doch eher kopflastige Thema Raum und Zeit einerseits so ernst nehmen, daraus aber ein derart vergnügliches Spiel entwickel kann – das macht ihm nicht so schnell jemand nach. Nach dem am Freitag gezeigten, etwas älteren Stück „For Heaven’s Sake“, einer Absage an Gewalt und den Bildern davon, hat „Chronocratie“ auch die Vielseitigkeit des Ensembles bewiesen. Und für das Festival „Bregenzer Frühling“ steht fest, dass man es nach wie vor schafft, das Publikum in Bregenz mit den gerade interessantesten Truppen und neuesten Produktionen zu konfrontieren.

Demnächst beim „Bregenzer Frühling“: „Die Idioten“ von Jo Fabian (19. April), „Aterballetto (25. und 26. April) Compagnie Georges Momboye (9. und 10. Mai), Aktionstheater mit „Die Perser“ (21. und 22. Mai).

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