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Jassen und Kässpätzle

Mesher Khan Ghazgiwal -2015 – 2020: Chancen bieten – Chancen nutzen
Mesher Khan Ghazgiwal -2015 – 2020: Chancen bieten – Chancen nutzen ©Caritas Vorarlberg
Buur, Nell, Trumpf, beim Jassen kann Mesher Khan Ghazgiwal mitreden. Vor ein paar Jahren sagten dem jungen Afghanen Jasskarten noch überhaupt nichts, doch inzwischen kennt er alle Kniffe des Kartenspiels.

Gelernt hat er Jassen im Sozialzentrum Weidach in Bregenz, wo er regelmäßig die Bewohner*innen besuchte.

Das Datum, an dem Mesher Khan Ghazgiwal das erste Mal Vorarlberger Boden betreten hat, ist ihm noch präsent als wäre es gestern gewesen: Es war der 25. Juni 2015. Davor musste der damals 21-jährige junge Mann seine Heimat Afghanistan aus politischen Gründen verlassen. „Ich konnte nicht bleiben, denn ich habe als Polizist gearbeitet und das war Grund genug, um zur Zielscheibe der Taliban zu werden. Meine Familie war Gewalt und Repressionen ausgesetzt. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste Afghanistan verlassen.“ 

Kein leichter Anfang

Seine Flucht führte ihn über Pakistan, Iran, Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich. Die erste Station war das Flüchtlingslager Traiskirchen. Dann wurde er nach Vorarlberg zugeteilt. In einem Flüchtlingsquartier in Nüziders verbrachte er die ersten 1,5 Jahre. „Die erste Zeit war sehr schwierig, die Sprache war mir fremd und ich war komplett auf mich allein gestellt“, erzählt der inzwischen 27-jährige Mann, der in einer großen Familie mit elf Geschwistern aufgewachsen ist. Doch es war für ihn keine Zeit zum Trübsal blasen, er besuchte Deutschkurse und lebte sich langsam in Vorarlberg ein.

Sozialpatin als große Stütze

 „Aber genauso wertvoll wie die Sprachkurse ist der Kontakt zu den Menschen“, so der weltoffene junge Mann. „Nur so lernt man die Sprache des Landes, in dem man lebt. Das ist auch der Schlüssel zur guten Integration“, ist sich Mesher Khan Ghazgiwal sicher. Eine große Stütze in der ersten Zeit in Vorarlberg ist für ihn die Caritas-Sozialpatin Wanda. Bis heute haben die zwei einen guten Kontakt. „Wanda und ihr Mann stehen mir zur Seite, wenn ich Behördengänge erledigen muss oder bei Bewerbungen,“ erzählt er. Aber auch den sozialen Anschluss schätzt er sehr, den er durch sie erfahren durfte. „Mit Wanda und ihrer Familie bin ich das erste Mal zum Rodeln in den Bregenzerwald gefahren. Das war ein großartiges Erlebnis.“ Und auch Wanda schätzt Mesher sehr. „Er ist sehr offen und geht auf die Menschen zu“, beschreibt sie ihn. „Seit ich ihn kenne, hat er immer hart gearbeitet, auch um unsere Sprache schneller zu lernen. Er hat sich bewusst mit unseren kulturellen Gepflogenheiten vertraut gemacht und viele übernommen,“ schmunzelt sie und fügt hinzu: „Das sieht man an seinem Outfit.“

Jung trifft alt

Inzwischen lebt er in einer kleinen Wohnung in Bregenz, dort ist er auch seit drei Jahren sozial engagiert. Regelmäßig war er im Sozialzentrum Weidach anzutreffen, „Seit dem coronabedingten Lockdown im März und den Besuchereinschränkungen ist es leider nicht mehr möglich“, bedauert er. „Aber sobald es wieder geht, bin ich wieder dort“, so Mesher Khan Ghazgiwal. Immer ein Lächeln auf den Lippen, brachte er Abwechslung ins Leben der Bewohner*innen. Und inzwischen wurde er auch schon in so manche Tricks beim Jassen eingeweiht. „Das Kartenspiel zählt inzwischen zu meinem Lieblingsspiel“, schmunzelt er. Beruflich hat er schon einige Stationen hinter sich, so war er als Küchenhilfe, als Stapelfahrer und in der Produktion tätig. Seit ein paar Monaten arbeitet er bei Zumtobel in Dornbirn abwechselnd in der Früh- oder Spätschicht.

Sport und Essen verbindet

In seiner Freizeit ist der junge Mann viel auf Sportplätzen anzutreffen. Er spielt mit großer Leidenschaft Cricket, ist aber auch begeisterter Baseball-Spieler. Kulinarisch ist er ebenfalls gut in Vorarlberg angekommen. Einmal pro Woche kocht er Kässpätzle. Wiener Schnitzel stehen auch regelmäßig auf seinem Speiseplan. Für Gäste kocht er gerne afghanische Speisen. „Wir lieben sein afghanisches Essen“, schwärmt Wanda.

Großer Wunsch

Was ihm noch fehlt, um hier in Vorarlberg wirklich angekommen zu sein, ist seine Frau und sein Kind, die beide noch in Afghanistan leben. Wenn Mesher Khan Ghazgiwal gefragt wird, was er sich von der Zukunft wünscht, dann kommt seine Antwort ganz schnell: „Mit meiner Frau und meinem kleinen Kind, als normale Familie hier in Vorarlberg leben zu dürfen.“

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