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Jacqueline war "Folteropfer"

Fall Jacqueline: Gutachterin spricht von „Folteropfer“ - Jacquelines Anwältin macht 100.000 Euro Schmerzensgeld und weitere 25.000 Euro Transplantationskosten geltend.

Die von ihren Eltern gemarterte Jacqueline leidet unter einem posttraumatischen Belastungssymptom. Sie hat nicht nur unter körperlichen, sondern vor allem unter psychischen Schmerzen zu leiden, die von der Kinderpsychologin Angelika Göttling als „schwergradig“ eingestuft werden. Die Sachverständige bezeichnete das Mädchen in ihrem Gutachten wörtlich als „Folteropfer“.

Dauerfolgen wie Alpträume wahrscheinlich

Jacqueline muss demnach im Hinblick auf ihre psychosexuelle Entwicklung mit Dauerfolgen rechnen. Göttling geht davon aus, dass das Erlebte wieder aufbrechen wird, sobald das Mädchen erste Kontakte zum anderen Geschlecht knüpft. „Schon jetzt wird das Kind sicher täglich an das Vorgefallene erinnert. Etwa in Form von Albträumen“, sagte die Gutachterin.

Staatsanwalt: “Purer Sadismus”

„Viel weniger als die Höchststrafe kann es hier meiner Ansicht nach nicht geben“, stellte Staatsanwalt Christian Temsch darauf hin in seinem Schlussvortrag fest. Rational lasse sich das, was Sasa und Suzana J. angerichtet hätten, nicht nachvollziehen: „Da war purer Sadismus am Platz. Anders ist mir das nicht erklärbar.“

Im Hinblick auf die serbische Herkunft der Angeklagten räumte der Staatsanwalt ein, deren Kulturkreis möge ein anderer sein: „Aber in jeder Kultur gibt es einen Schutzmechanismus gegenüber Wehrlosen und Kindern.“

Anwältin fordert 125.000 Euro

Die Rechtsanwältin Eva Plaz, die Jacquelines Interessen vertritt und sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hat, bezifferte am Ende den Schadensbetrag, den sie im Namen des Kindes gegen den Vater und die Stiefmutter geltend macht. Plaz ersuchte das Gericht, Jacqueline 100.000 Euro für die erlittenen Schmerzen und 25.000 Euro für Transplantationskosten zuzusprechen.

„Es wird in dieser Sache nämlich keinen Zivilprozess geben, um dem Mädchen weitere Untersuchungen und Begutachtungen zu ersparen“, erläuterte Plaz. Sasa J. erkannte vorerst einen Betrag von 30.000 Euro an.

Dessen Verteidiger Richard Soyer ersuchte um ein „faires und gerechtes Urteil“. Er betonte, dem Mädchen sei „schweres Unrecht widerfahren. Eigentlich müsste man da aufhören zu sprechen“. Sein Mandant sei auf Grund der eigenen, von Gewalterfahrung geprägten Erziehung in eine „Spirale der Gewalt“ geraten. Überforderung habe dabei eine große Rolle gespielt: „Manche Menschen begehen Fehler. Manche Menschen begehen schwere Fehler. Hier hat ein Mensch gefehlt. Aber er ist bei Gott nicht abgrundtief böse.“

“Wie weit sind sie weg, die Bösen?”

Das erinnerte an die Worte, die Jacqueline vor ihrer kontradiktorischen Einvernahme an die Kinderpsychologin gerichtet hatte, ehe sie überhaupt über ihr Martyrium zu sprechen bereit war. Im Bewusstsein, gegen ihre Eltern auszusagen, hatte die damals Zehnjährige gefragt: „Wie weit sind sie weg, die Bösen?“

Die Geschworenen zogen sich um 13.00 Uhr zur Beratung zurück. Mit den Urteilen ist am späten Nachmittag zu rechnen.

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