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Jabloner sieht Kanzleramt bei Corona-Gesetzen in der Pflicht

Anschober und Edtstadler
Anschober und Edtstadler ©APA
Ex-Justizminister Clemens Jabloner nimmt in der Diskussion um die von vielen Juristen als problematisch eingestuften Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie das Bundeskanzleramt in die Pflicht.
Scharfe Kritik an Kurz-Aussage
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"Es ist ja nicht der Gesundheitsminister ganz allein auf weiter Flur", sagte er am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Das Kanzleramt sei für die verfassungsgemäße Vorbereitung aller Rechtsakte zuständig.

"Es gibt auch eine Verfassungsministerin sogar und einen Apparat, den Verfassungsdienst, der hier seit 100 Jahren tätig ist", unterstrich Jabloner, der damit offensichtlich auf Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) reagierte, die gegenüber der APA die inhaltliche Verantwortung für die Verfassungskonformität der Maßnahmen beim jeweiligen Ressort und damit vor allem beim grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober verortet hatte.

"Nicht auf VfGH herausreden"

Für Jabloner, der selbst an der von Anschober eingesetzten Juristengruppe beteiligt ist, sollten die Kapazitäten des Bundeskanzleramtes genutzt und der geregelte Prozess der Legistik eingehalten werden. "Das ist möglichst fachkundig abzuführen, auch unter Zeitdruck. Also man kann sich nicht auf den Verfassungsgerichtshof herausreden, dass der nachträglich dann alles korrigierten wird", sagte er in Anspielung auf Äußerungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Reparaturbedarf ortet Jabloner etwa bei der Verordnung über das Betreten der Öffentlichkeit, also bei den Ausgangsbeschränkungen. "Wir haben gestern einen intensiven Meinungsaustausch darüber gehabt, wie man die Verordnung einerseits präziser machen kann, andererseits aber auch nicht zu kasuistisch (auf spezifische Einzelfälle bezogen, Anm.) gestaltet", sagte er. Ob und wann es Änderungen geben werde, wollte er nicht beurteilen.

Edtstadler weist Kritik zurück

ÖVP-Ministerin Karoline Edtstadler hat am Freitag die Kritik von Jabloner als nicht nachvollziehbar zurückgewiesen. Aus Dringlichkeitsgründen habe man sich dafür über alle Parteigrenzen auf es ein verkürztes Gesetzgebungsverfahren geeinigt, argumentierte sie im Ö1-"Mittagsjournal". Deshalb sei der Verfassungsdienst nicht eingebunden worden.

"Der Verfassungsdienst bringt in einem Begutachtungsverfahren Stellungnahmen ein, aber genau dieses gab es in dem Fall nicht, und daher auch keine Einbindung des Verfassungsdienstes", so die im Bundeskanzleramt für Verfassungsfragen zuständige Ministerin. Stattdessen sei das Gesetz mittels Initiativantrag auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt worden.

"Regierungsintern abgestimmt"

Bei verordneten Maßnahmen erinnerte Edtstadler an die Verantwortung der Ressorts, was die Ausgangsbeschränkungen betrifft also an jene des Gesundheitsministeriums: "Gerade wenn es um die Vereinbarkeit einer Verordnung mit der gesetzlichen Grundlage geht, dann ist natürlich jedes Ressort, genauso wie der Verfassungsdienst und das Bundeskanzleramt an die Verfassung gebunden."

Der Verfassungsdienst sei hier formal nicht eingebunden gewesen, weil auch diese Verordnung ohne Begutachtung erlassen worden sei, so die Ministerin. Im vom Grünen Rudolf Anschober geleiteten Gesundheitsministerium bestätigte man dies, erklärte aber gleichzeitig: "Alle Gesetze und Verordnungen wurden und werden selbstverständlich regierungsintern abgestimmt."

Edtstadler spielt Ball an Anschober weiter

ÖVP-Ministerin Edtstadler hat den Ball am Freitagnachmittag noch einmal an Gesundheitsminister Anschober weitergespielt. Sollte er finden, dass Verordnungen und Erlässe aus seinem Ressort nicht gesetzes- und verfassungskonform sind, solle er das "rasch" klären, sagte sie.

"Wenn Bundesminister Rudolf Anschober der Meinung ist, dass die Verordnungen und Erlässe aus seinem Ressort nicht gesetzes- und verfassungskonform sind, erwarte ich mir, dass er die Sache in die eine oder andere Richtung rasch klärt und die Bevölkerung nicht lange in Unsicherheit lässt", teilte Edtstadler in einer Aussendung mit. Millionen Menschen würden sich an die Ausgangsbeschränkungen des Gesundheitsministeriums halten und diese Menschen würden sich darauf verlassen, "dass die Verordnungen und Erlässe gesetzes- und verfassungskonform sind", so die Argumentation der Ministerin.

Edtstadler selbst stehe hinter dem Vorgehen der Regierung zur Eindämmung der Coronakrise, sagte sie - und ist der Meinung, "dass die Regelungen rechtmäßig sind", betonte sie in der Mitteilung. Nach mehreren Klagen beim Verfassungsgerichtshof hatte Gesundheitsminister Anschober zuletzt versprochen, die Corona-Gesetze von einem Juristengremium evaluieren zu lassen. Die aktuellen Aussagen Edtstadlers wollte man im Gesundheitsministerium am Freitagabend auf Nachfrage nicht weiter kommentieren.

(APA)

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