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Italien: Politische Schlammschlach

Der Freispruch des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi vom Vorwurf der Bilanzfälschung sorgt für eine politische Schlammschlacht zwischen Regierungsparteien und Opposition in Rom.

Berlusconi und drei Manager seiner Finanzholding Fininvest waren beschuldigt worden, Schwarzgelder und illegale Parteifinanzierungen angesammelt und dem italienischen Fiskus Millionen hinterzogen zu haben. Das Vergehen wurde am Montag von einem Mailänder Gericht auf Grund eines 2002 verabschiedeten Gesetzes für verjährt erklärt.

Das Gesetz, das für Bilanzfälschung erheblich geringere Strafen und Verjährungsfristen vorsieht, war trotz der hartnäckigen Obstruktion der oppositionellen Mitte-Links-Allianz von Berlusconis Regierungslager im Parlament durchgepeitscht worden. Kritiker werfen Berlusconi vor, das Gesetz verabschiedet zu haben, um seinen Freispruch zu erhalten. „Berlusconi hat, wie es vorhersehbar war, von einem Gesetz profitiert, das für ihn wie maßgeschneidert zu sein scheint“, kritisierte der Parlamentarier der oppositionellen Linksdemokraten, Luciano Violante.

„Es ist ein Skandal, Berlusconi profitiert von Gesetzen, die er ausschließlich zu seinen Gunsten im Parlament durchgesetzt hatÓ, betonte Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro, der als erster im Jahr 1994 Korruptionsermittlungen gegen Berlusconi eingeleitet hatte. „Berlusconis Freispruch ist keine Sache der Justiz, sondern der Politik. Italien darf keinen Premierminister dulden, der Gesetze verabschiedet, um nicht bestraft zu werden“, so Di Pietro, heute Chef der Splitterpartei „Italien der Werte“.

Im Verfahren gegen Berlusconi ging es unter anderem um die mutmaßlich illegalen Aktivitäten der panamesischen „All Iberian“, einer Tochter der Fininvest. Über diese Firma sollen illegale Parteifinanzierungen auf ein Konto des verstorbenen Sozialistenchefs Bettino Craxi verschoben worden sein. Berlusconi hatte stets die illegalen Parteifinanzierungen für Craxi geleugnet. Die Zweckbestimmung der Gelder, die nach Meinung der Staatsanwaltschaft Craxi zur Verfügung gestellt worden waren, sei eine andere gewesen. Es habe sich um Gelder gehandelt, die für den Kauf von Filmrechten bezahlt worden seien, hatte Berlusconi beteuert.

Die Mitte-Rechts-Koalition steht auch diesmal geschlossen hinter Berlusconi. Industrieminister Claudio Scajola, seit Jahren ein Vertrauensmann des Regierungschefs, lobte den Beschluss der Mailänder Richter. „Dieser Richterbeschluss zerstört einen wesentlichen Teil des Lügenbergs gegen Berlusconi“, meinte Scajola.

Der Freispruch ist für Berlusconi ein Grund zum Feiern in einer sonst trüben Phase. Spannungen in seiner Koalition und sinkende Popularität haben den Ministerpräsidenten in den letzten Wochen stark belastet. Die Führungsposition des Ministerpräsidenten, der sich bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr um ein zweites fünfjähriges Mandat bewerben will, wird von den christdemokratischen Verbündeten in Frage gestellt. Die UDC drängt auf die Kandidatur des jüngeren Kammerpräsidenten Pier Ferdinando Casini als Alternative zu Berlusconi.

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