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Terror in Istanbul: "9 von 10 Todesopfern sind Deutsche"

Polizisten riegeln die Gegend um die Hagia Sophia ab.
Polizisten riegeln die Gegend um die Hagia Sophia ab. ©AP
Istanbul. In dem bei Touristen beliebten Altstadtviertel Sultanahmet in der türkischen Millionenmetropole Istanbul ist es zu einer heftigen Explosion gekommen. Nach offiziellen Angaben kamen bei dem Selbstmordattentat zehn Menschen ums Leben, 15 weitere wurden verletzt, zwei davon schwer. Laut türkischer Regierung war der Attentäter ein Mitglied des IS in Syrien.
Tote bei Anschlag in Istanbul
Tote bei Anschlag in Istanbul II

Zu der Detonation kam es am Dienstag in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee. Die beiden weltberühmten Gebäude gehören zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Türkei. Die Explosion um 10:20 Uhr Ortszeit (9:20 Uhr MEZ) war noch in einigen Kilometern Entfernung zu hören.

IS soll Drahtzieher des Anschlags sein

Der Selbstmordattentäter war offenbar Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Das gab der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Nachmittag bekannt. Laut dem türkischen Vizepremier Numan Kurtulmus war der Attentäter erst vor kurzem aus Syrien in die Türkei eingereist. Er sei nicht auf der Liste verdächtiger Extremisten gestanden.

Bereits zu Mittag hatte Präsident Erdogan in einer TV-Ansprache bekanntgegeben, der Attentäter sei als 28-jähriger Syrer identifiziert worden. Ein Bekennerschreiben des IS zu der Tat gab es aber zunächst nicht.

“Die meisten Toten sind Deutsche”

Nach Angaben der Zeitung “Hürriyet” wurden elf bei dem Attentat Verletzte in Spitäler eingeliefert. Es soll sich bei ihnen um deutsche und peruanische Staatsbürger handeln. Laut offiziellen Stellen liegt die Zahl der Verletzten sogar bei 15, auch unter ihnen befinden sich neun deutsche Staatsbürger.

Bei allen zehn bei dem Anschlag Getöteten handle es sich um Ausländer, teilte Davutoglu am Nachmittag weiter mit. Bereits wenige Stunden zuvor hatte er bekanntgegeben, dass “die meisten Toten” Deutsche seien. Ein Vertreter seiner Behörde präzisierte kurz darauf, dass neun der zehn Todesopfer aus Deutschland stammten. Allerdings war nicht klar, ob die Türkei den Attentäter zu den Opfern zählt oder ob noch ein Angehöriger eines weiteren Landes ums Leben kam.

Auch am späten Nachmittag waren dem österreichischen Außenministerium in Wien keine Opfer oder Verletzte aus Österreich bekannt.

Merkel: “Terror zeigt sein grausames Gesicht”

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte nur wenige Stunden nach dem Anschlag bereits von wahrscheinlichen deutschen Opfer gesprochen. “Wir sind in großer Sorge, dass auch deutsche Staatsbürger unter den Opfern und Verletzten sein könnten und wahrscheinlich sein werden”, sagte sie zu Mittag nach einem Termin mit Algeriens Premierminister Abdelmalek Sellal in Berlin.

Deutsche Touristen gezielt angegriffen?

Die Zeitung “Cumhuriyet” schreibt unter Berufung auf einen Reporter am Anschlagsort, der Selbstmordattentäter habe sich gezielt in einer deutschen Touristengruppe in die Luft gesprengt.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte früh, dass möglicherweise Deutsche getötet worden seien. “Wir müssen inzwischen leider davon ausgehen, dass auch Deutsche bei diesem Anschlag verletzt wurden. Wir können auch nicht ausschließen, dass Deutsche unter den Todesopfern sind.” Steinmeier sprach von einem “barbarischen feigen Akt des Terror”, den die Bundesregierung auf das Schärfste verurteile. Zugleich versicherte er: “Wir stehen fest an der Seite der Türkei.”

Augenzeugen sahen Feuerball

Eine Reporterin von CNN Türk sah schockierte Touristen, die nach der Explosion auf dem Pflaster gesessen haben. Augenzeugen hätten gesagt, sie hätten einen Feuerball aufsteigen gesehen. Zu der Detonation kam es an dem ägyptischen Obelisken gekommen, der in der Nähe der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und des Deutschen Brunnens steht.

“Schwer zu sagen, ob tot oder lebendig”

Ein Angestellter aus einem nahegelegenen Bürohaus sagte gegenüber dem türkischen Sender NTV, er habe nach der Explosion mehrere Menschen auf dem Boden liegen gesehen. “Es war schwer zu sagen, ob sie tot oder lebendig waren.” Die Wucht der Explosion habe das Gebäude, in dem er sich aufhielt, zum Beben gebracht. Eine weitere Zeugin berichtete von einer sehr lauten Detonation. “Alles bebte. Wir liefen hinaus und sahen Körperteile auf der Straße liegen.”

Serie von Anschlägen in der Türkei

Seit dem Ende eines Waffenstillstands im Juli gehen Regierungstruppen verstärkt gegen Kämpfer der separatistischen Kurdischen Arbeiterpartei PKK vor. Infolgedessen wurden in mehreren türkischen Städten Anschläge verübt. Die PKK, die auch in der EU und den USA als terroristische Organisation gilt, kämpft seit Jahrzehnten für mehr Autonomie. Zehntausende Menschen kamen dabei ums Leben.

Auch der IS hat im abgelaufenen Jahr mehrere Anschläge in der Türkei verübt. Im Oktober wurden bei einem doppelten Selbstmordanschlag in der Hauptstadt Ankara 103 Menschen getötet. Dieser bisher blutigste Anschlag auf türkischem Boden wird dem IS zugeschrieben. Touristen waren allerdings bislang kein IS-Anschlagsziel.

Das im europäischen Teil von Istanbul gelegene Viertel Sultanahmet ist bei Touristen äußerst beliebt. Dort befinden sich neben zahlreichen Sehenswürdigkeiten auch viele Bars und Restaurants. (red/APA/dpa/Reuters)

Explosion in Istanbul
Explosion in Istanbul
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