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Israel: Scharfe Kritik aus USA und EU

Der Großeinsatz im südlichen Gazastreifen mit dutzenden getöteten Palästinenser hat Israel ungewöhnlich scharfe Kritik aus den USA eingetragen.

US-Präsident George W. Bush forderte Israelis und Palästinenser am Mittwoch zu „Zurückhaltung“ auf und von Israel „Klärung“ über den Militäreinsatz im Gazastreifen. Zuvor hatte Bushs Sprecher Scott McClellan nach einem Raketenangriff auf einen palästinensischen Demonstrationszug in Flüchtlingslager Rafah gesagt, die USA wollten „die Fakten wissen“. Bei dem Angriff waren Zeugen und Krankenhausangaben zufolge mindestens zehn Menschen getötet wurden. Auch die EU kritisierte das israelische Vorgehen scharf.

UN-Generalsekretär Kofi Annan verlangte ein „sofortiges Ende der Militäraktionen“ von Israel. Er habe Israel wiederholt ermahnt, zuletzt am Dienstag, seinen Verpflichtungen als Besatzungsmacht nachzukommen, ließ Annan am Mittwoch über seinen Sprecher erklären. Annan verurteilte den tödlichen Angriff auf Palästinenser in Rafah auf das Schärfste.

Bushs Sprecher McClellan sagte, die USA seien „sehr besorgt“ über die Berichte aus Gaza und die Zahl der verletzten und getöteten Palästinenser. Die Armee zeige mit der Offensive in Rafah eine „fahrlässige Missachtung für menschliches Leben“, erklärte der irische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Brian Cowen in Dublin. Der Militäreinsatz von Mittwoch, bei dem mindestens 14 Menschen getötet wurden, sei „völlig unverhältnismäßig“ gewesen.

Die Zahl der allein am Mittwoch in Rafah getöteten Palästinenser belief sich nach palästinensischen Angaben auf insgesamt mindestens 14; zuvor war von 15 Toten die Rede gewesen. Bei dem Raketenangriff seien vor allem „Kinder und Jugendliche“ ums Leben gekommen. Die Armee bestätigte den Angriff auf die Demonstranten. Eine Armeesprecherin wies im Rundfunk jedoch palästinensische Angaben zurück, wonach der Tod der Palästinenser durch den Angriff eines Hubschraubers verursacht wurde. Nach ersten Untersuchungen sei von einem Helikopter aus eine Rakete als Warnung auf offenes Gelände abgefeuert worden.

Als die Demonstranten sich dennoch vorwärts bewegten, hätten die Soldaten zunächst Warnschüsse in Richtung eines Gebäudes abgegeben, in dem sich bewaffnete Palästinenser befunden hätten. Anschließend habe die Armee mit automatischen Waffen und vier Panzergranaten auf das Gebäude geschossen. Rund 500 Palästinenser hatten im Viertel Tal el Sultan gegen den israelischen Militäreinsatz in Rafah protestiert. Die Armeesprecherin äußerte Bedauern über „den Tod von Unschuldigen“. Sie sprach von einer „tragischen Angelegenheit“. Nach Angaben der Sprecherin soll der Einsatz in Rafah fortgesetzt werden.

Niemand im Parlament „freut sich“ über den Vorfall, sagte der israelische Vize-Verteidigungsminister Seev Boim. Er bedauerte den Tod von Zivilisten. Eine Untersuchung sei im Gange. Boim schloss einen „Unfall“ oder „Fehler“ nicht aus. Nach dem Raketenbeschuss kam es in der Knesset zu einer erregten Debatte, in der Abgeordnete der arabischen Minderheit Regierungschef Ariel Sharon und Verteidigungsminister Shaul Mofaz Kriegsverbrechen vorwarfen. Sharon und Mofaz hätten „den Beweis dafür geliefert, dass man nicht deutsch sein“ müsse, „um Nazi zu sein“, sagte der Abgeordnete Taleb el Sanna. Ahmed Tibi warf Sharon, Mofaz und Generalstabschef Moshe Yaalon „kaltblütigen Mord“ vor.

Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Korei und der spanische Regierungschef José Luis Rodróguez Zapatero verurteilten in Madrid den seit Tagen andauerden Militäreinsatz in Rafah. Der britische Premierminister Tony Blair nannte die Zerstörungen von Häusern in Rafah „unannehmbar und falsch“, auch wenn Israel verständlicherweise über „Terrorakte“ besorgt sei. Das russische Außenministerium forderte Israel auf, von „kollektiver Bestrafung“ der Palästinenser abzusehen. Dänemarks Außenminister Per Stig Moeller appellierte an Israel, „den Militäreinsatz umgehend zu beenden“.

Seit Beginn der „Operation Regenbogen“ am vergangenen Freitag wurden in Rafah insgesamt bereits mindestens 48 Palästinenser getötet. Mehr als tausend Palästinenser wurden durch die Zerstörung ihrer Häuser durch die Armee obdachlos. Auslöser des Einsatzes, mit dem der Waffenschmuggel aus Ägypten unterbunden werden soll, war die Tötung von fünf israelischen Soldaten durch die Palästinensergruppe Islamischer Dschihad.

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