Mit der Ausrufung eines Kalifats pünktlich zu Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan versuchte die ISIS am Wochenende, ihre Macht zu zementieren. Die Extremisten nennen sich fortan nur noch Islamischer Staat und haben ihren Anführer Abu Bakr al-Baghdadi zum Kalifen ernannt. Diesen Titel trägt gewöhnlich ein Nachfolger des Propheten Mohammed – mit Anspruch auf die Führung aller Muslime. Neben Gebieten im Irak kontrolliert die Gruppe auch Teile des benachbarten Syriens. Ihr erklärtes Ziel ist die Bildung eines grenzübergreifenden islamischen Staats.
“Kampf wird intensiviert”
Russland hat gebrauchte Kampfflugzeuge in den Irak geliefert, mit denen der Golfstaat seine Schlagkraft erhöhen will. Sie würden in den kommenden Tagen einsatzbereit sein, erklärte die Führung in Bagdad. Insgesamt wurden fünf Maschinen des Typs Suchoi-25 bestellt.
“Die Ankündigung der ISIS wird vermutlich den Kampf zwischen den Jihadisten intensivieren und die Kluft zwischen der ISIS und den anderen aufständischen Sunniten im Irak verstärken”, sagte Fawaz Gerges, Experte für den Mittleren Osten an der London School of Economics.
Beobachtern zufolge dürfte sich auch Al-Kaida herausgefordert fühlen. Der Islamismus-Experte Charles Lister sagte, die Ausrufung des Kalifats sei wahrscheinlich das wichtigste Ereignis im internationalen Jihadismus seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Erklärung habe in der ganzen Welt Auswirkungen, weil sich Al-Kaida-Verbündete und unabhängige Gruppen nun für oder gegen den Islamischen Staat der ISIS entscheiden müssten.
Kalifat mit Parade gefeiert
Islamische Gelehrte aus aller Welt lehnen das von der Terrorgruppe ISIS ausgerufene Kalifat ab. In ihren Botschaften verkünden sie, kein Muslim sei verpflichtet, dem selbst ernannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi seine Loyalität auszusprechen. ISIS wird von vielen Gelehrten als unislamisch bezeichnet, weil sie den Tod von anderen Muslimen in Kauf nimmt. So nannte der marokkanische Gelehrte Umar al-Haddushi laut al-Baghdadi einen “vom Glauben abgefallenen”.
ISIS war ursprünglich ein Ableger der Al-Kaida. Die noch radikalere Gruppe hatte sich aber mit der Führung des Extremistennetzes überworfen.
In Syrien feierten Extremisten offenbar das neue Kalifat. Per Kurznachrichtendienst Twitter wurden unter anderem Bilder von einer Parade in der nordsyrischen Provinz Rakka veröffentlicht. Zu sehen waren Menschen, die die schwarze Fahne der sunnitischen Islamisten-Gruppe aus Autofenstern heraus schwenkten und Gewehre in die Luft hielten. Die Echtheit der Bilder konnte zunächst nicht bestätigt werden.
Wie “bild.de” berichtet, präsentierten die Extremisten neben amerikanischen Militärfahrzeugen und M198-Haubitzen (von der irakischen Armee) auch russische T-55- und SO-122-Panzer (wahrscheinlich von der syrischen Armee). Die Krönung: Eine Scud-Kurzstrecken-Rakete (Reichweite: mehrere hundert Kilometer), allerdings ohne Abschussvorrichtung.
(APA/Red.)
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